Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Abgeschnitten: Thriller (German Edition)

Abgeschnitten: Thriller (German Edition)

Titel: Abgeschnitten: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fitzek , Michael Tsokos
Vom Netzwerk:
gesprungen war.
    Es gab nur eine einzige Sache, die an dem Bild des Grauens nicht stimmte: Der Strick war leer.
    Schwintowski hing nicht mehr an ihm.

58. Kapitel
     
    I m ersten Impuls wollte Herzfeld wieder nach unten rennen und jedes einzelne Zimmer des Hauses nach seiner Tochter absuchen.
    »Hannah ist ganz in meiner Nähe.«
    Dann aber erinnerte er sich daran, dass Ender das bereits erledigt hatte, vor wenigen Stunden, während Linda auf die Leiche der Richterin im Wohnzimmer gestoßen war. Außerdem gab es hier keinen Keller, wie Bandrupp ihm versicherte. Und er hatte eindeutig Betonwände auf dem Video gesehen.
    Betonwände und einen Strick, so wie der hier auf dem Dachboden.
    Herzfeld musste an einen Spruch Martineks denken, Entscheidungen nicht im Sturm zu treffen, wusste aber nicht, wie er den Orkan abschalten sollte, der nun nicht mehr auf der Insel, dafür aber umso stärker in ihm selbst wütete.
    Was war mit Schwintowskis Leiche geschehen? Und was hatte er mit seinem letzten Rätsel gemeint?
    »Folgen Sie dem weißen Licht von Alcatraz.«
    Herzfeld trat an die Dachluke und öffnete das kleine Fenster. Der klare, kalte Wind trieb ihm die Tränen in die Augen.
    Er hörte die Wellen gegen die Steilklippe schlagen, roch den würzigen Geruch des Meeres und starrte in die Dämmerung. Die Sonne war noch nicht untergegangen, aber die Wolken hingen wieder so dicht, dass die Insel zu einer Schattenlandschaft verschwamm.
    »Hier ist Blut«, hörte er jemanden sagen, dessen Stimme ihm fremd war, weil der Mann bislang sehr wortkarg gewesen war. Herzfeld drehte sich zu dem Piloten um, der mittlerweile auch auf den Dachboden geklettert war und einen dunklen Fleck auf dem Holzboden begutachtete. »Es ist schon angetrocknet, also nicht sehr frisch.«
    Bandrupp zuckte fragend mit den Achseln. Der Bürgermeister musste den quadratischen Kopf einziehen, um sich an den Dachschrägen nicht zu stoßen. Als er sah, dass die Glühbirne an der Decke genügend Licht spendete, schaltete er seine Taschenlampe aus.
    »Das Blut ergibt keinen Sinn«, murmelte Herzfeld selbstvergessen.
    »Wie bitte?«
    »Schwintowski hat sich erhängt, nicht erstochen.«
    »Wer ist Schwintowski?«, wollte Bandrupp wissen.
    Auch der Rettungsarzt und der Pilot sahen verwirrt auf.
    »Er hat meine … Er ist …« Herzfeld winkte ab. »Das ist eine viel zu lange Geschichte.«
    »Nun, vielleicht sollten Sie endlich damit beginnen, sie zu erzählen, wenn wir Ihnen weiterhelfen sollen.«
    »Helfen?«, schrie Herzfeld beinahe. Er musste husten, was das Bild seiner erstickenden Tochter noch lebendiger machte, und dadurch verlor er vollends die Fassung.
    »Sie wollen mir helfen? Also schön. Noch vor einer halben Stunde habe ich eine Aufnahme gesehen, auf der ein Mann sich auf diesem Dachboden hier erhängt hat. Kurz zuvor sagte er mir, meine Tochter wäre ganz in seiner Nähe. Ich solle einfach dem weißen Licht von Alcatraz folgen. Wissen Sie, was der Irre gemeint haben könnte?«
    Zu Herzfelds Erstaunen nickte Bandrupp bedächtig, gab ihm mit der Taschenlampe ein Zeichen, ihm zu folgen, und drehte sich um.
    »Hey, wo wollen Sie hin?«
    Der Bürgermeister antwortete nicht, und Herzfeld musste mehrere Stufen auf einmal nehmen, um nicht zurückzufallen. Im Erdgeschoss angekommen, eilte er Bandrupp hinterher, bis er ihn kurz vor dem Ende des Flures einholte. Der Bürgermeister öffnete eine Tür, die nach draußen führte. Herzfeld folgte ihm in die Kälte.
    In dem schalen Licht, das aus dem Haus fiel, wirkte die Terrasse wie ein Floß. Mehrere grobe Holzbohlen bildeten ein über die Klippe ragendes Quadrat. Die Seile, die an den Kanten als Geländer gespannt waren, erinnerten an einen Boxring. Bandrupp trat ganz nah an sie heran und deutete mit der Taschenlampe Richtung Süden ins Oberland. Ihr Strahl wurde schon nach wenigen Metern verschluckt.
    »Sehen Sie das dahinten?«
    Herzfeld kniff die Augen zusammen und war sich nicht sicher. »Keine Ahnung. Ich glaube … ja!«
    Tatsächlich. Da hatte etwas geblitzt.
    Langsam schälten sich die Umrisse eines Turms aus der Dunkelheit heraus.
    »Was ist das?«
    Bandrupp sah ihn an. »Unser Leuchtturm. Sein Lichtsignal geht alle fünf Sekunden.«
    Wie auf Kommando bestätigte der eckige Backsteinturm die Worte des Bürgermeisters. »Das gleiche Licht und die gleiche Leuchtfrequenz wie beim Leuchtturm auf Alcatraz.«
    »Und hat der Turm auch einen Keller?«, fragte Herzfeld, von einer elektrisierenden Hoffnung

Weitere Kostenlose Bücher