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Abgeschnitten: Thriller (German Edition)

Abgeschnitten: Thriller (German Edition)

Titel: Abgeschnitten: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fitzek , Michael Tsokos
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groben Leinenrock an und zog ihn über die milchweißen Oberschenkel der Richterin nach oben. Aus irgendeinem Grund kam ihr diese Handlung noch widerlicher und obszöner vor, als Erik die Unterhose aufzuschneiden, vielleicht, weil es sich bei diesem Opfer um eine Frau handelte, noch dazu um eine ältere Dame, der man die Einkäufe in die Wohnung tragen und über die Straße helfen,
aber nicht den Unterleib entblößen sollte!
    Mit jedem Zentimeter Haut, den sie freilegte, wuchs Lindas Widerwillen.
    »Wieso mache ich das eigentlich?«,
fragte sie sich und bekam eine Antwort von ihrer inneren Stimme.
    »Weil du diese Schnitzeljagd beenden willst.«
    »Indem ich die Totenruhe einer Frau schände?«
    »Indem du dem Professor den nächsten Hinweis gibst, der ihn zum Killer führt. Und damit Leben rettest.«
    »Oder in den sicheren Tod …«
    »Aber du könntest die Menschen wenigstens warnen.«
    Doch wenn sie jetzt den Bürgermeister informierte, würde sie höchstens die eigene Haut retten und ganz sicher eine Panik unter den verbliebenen Bewohnern Helgolands auslösen, die sich auf der vom Unwetter abgeschnittenen Insel einem Serienmörder ausgesetzt sahen.
    »Herzfeld hat gesagt, es wäre ein persönlicher Rachefeldzug gegen ihn und alle, die mit einem alten Fall etwas zu tun haben.«
    »Ach ja, und wieso ist dann Ender unter den Opfern?«
    »Weil er sich eingemischt hat, so wie ich. Wenn ich die Menschen also warne, bevor Herzfeld den Killer entdeckt und seine Tochter gefunden hat, gefährde ich sie eher, als dass ich ihnen helfe.«
    Linda zog die Schultern nach oben und ließ sie seufzend wieder sinken. Sie konnte ihre gedanklichen Selbstgespräche endlos fortsetzen, sie würde immer wieder an ein und denselben Punkt gelangen: Hierzubleiben gefährdete ihr eigenes Leben, zu fliehen das von Herzfelds Tochter. Um Ender zu retten und den Rest der Bevölkerung zu schützen, brauchte es Hilfe von außen, die Herzfeld für die nächsten zwei Stunden versprochen hatte.
    Also schön, Professor. Zwei Stunden, wie immer du das anstellen willst. So lange werde ich dir noch helfen, aber dann bin ich hier raus.
    Linda hielt ihre Armbanduhr schräg in das Licht der Taschenlampe, um das Ziffernblatt ablesen zu können. Insgeheim war sie froh, dass das Deckenlicht nicht mehr funktionierte und ihr dadurch die Einzelheiten des schaurigen Anblicks auf dem Seziertisch erspart blieben, die sie jetzt nur vermuten konnte.
    Die wächserne Haut. Die Leichenflecke. Die blutverschmierten Innenseiten der Oberschenkel. Der verkrustete Stock …
    Mittlerweile hatte sie den Rock bis zur Hüfte aufgeschlagen. Der Holzstiel ragte etwa fünfzehn Zentimeter aus dem After. Er fühlte sich rauh und spröde an, als Linda ihn packte, und erst da merkte sie, dass sie vergessen hatte, sich wieder Handschuhe anzuziehen.
    Egal.
    Sich einen Splitter einzuziehen, war im Moment ihre geringste Sorge. Linda spürte einen erstaunlich heftigen Widerstand bei dem ersten, zugegeben etwas zaghaften Versuch, den Stock herauszuziehen. Widerwillig begann sie mit auf- und abwärtsgerichteten Hebelbewegungen an ihm zu rütteln, um den in Leichenstarre verhärteten Schließmuskel zu dehnen. Die schmatzenden Geräusche, die sie dadurch erzeugte, klangen, als würde sie den letzten Rest aus einer leeren Duschgelflasche quetschen.
    Linda hielt kurz inne, wartete ab, bis sich ihr zitternder Atem wieder etwas beruhigt hatte, und zog die Mordwaffe mit einem Ruck heraus.
    Wie der Bleistift eines Riesen,
schoss es ihr durch den Kopf, als sie das angespitzte Ende betrachtete. Was für eine bestialische Art, jemanden zu töten.
    Linda schüttelte sich, dann entfernte sie den Sekretschleim, indem sie den Stock kurzerhand an ihrem Kittel abwischte. Als Nächstes richtete sie die Taschenlampe direkt auf den Stab und las die Nachricht, die dort mit ungelenken Schnitten in das Holz geschnitzt worden war.

46. Kapitel
     
    » 53666 435 736 490 «, wiederholte Herzfeld die lange Zahlenreihe, die Linda ihm eben durchgegeben hatte, damit Ingolf sie mitschreiben konnte. Sie hatten die A 24 verlassen und jagten an Hamburg vorbei die A 1 entlang weiter Richtung Nordseeküste. Ingolf war seit einigen Minuten wieder ansprechbar. Die müden Augen blinzelten, und alle paar Minuten versuchte er vergeblich, ein Gähnen zu unterdrücken. Die Nachwehen der Unterkühlung und des Schocks hatte er noch lange nicht überwunden.
    »Könnte eine ausländische Telefonnummer sein«, sagte Herzfeld und

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