Abgezockt
plauderten noch eine Weile über die Versicherungsbranche, das Leben, Familie und Sport. Bob bedauerte den Vertreter. Es war kein besonders tolles Dasein, von einem Motel zum anderen zu ziehen. Er kannte das aus eigener Erfahrung. Er hatte es selbst sechs Jahre lang gemacht und dann seine Makleragentur gegründet. Er weinte dieser Zeit keine Träne nach.
»Wie lange bleiben Sie noch hier in der Gegend, James?«, fragte er.
»Bis zum Wochenende. Dann geht’s nach San Francisco, von da nach L. A.«
»Nun, wenn Sie wollen – am Samstag schmeiße ich eine Grillparty. Haben Sie Lust darauf? Es wird nichts Großartiges, nur für einen Freund, der Geburtstag hat und übrigens einer Ihrer Klienten ist. Josh Michaels.«
»Einer von denen, die ihre Versicherung an uns veräußert haben«, stellte Mitchell fest.
»Ja, aber bitte bringen Sie das nicht zur Sprache. Seine Frau weiß nichts davon.«
»Oh, ich verstehe«, antwortete Mitchell, während er über die eigenen Füße stolperte. »Ja, klingt gut. Mit Vergnügen.«
Mitchell bedankte sich für die Zeit, die Bob ihm geopfert hatte, und für die Einladung. Er gab ihm die Anschrift seines Motels, das auf der Südseite der Stadt lag, dem River City Inn, und sie verabschiedeten sich bis Samstag. Das Gespräch hatte Bobs Stimmung kurzzeitg aufgeheitert, aber als der Vertreter gegangen war, überfiel ihn wieder das Unbehagen.
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6
W ollt ihr zwei den ganzen Tag so spielen? Es ist wunderschön, und ihr solltet draußen sein«, rügte Kate.
»Wir spielen, bis ich Daddy besiegt habe«, sagte Abby.
»So?«, erwiderte Josh in ungläubigem Ton. »Du bist himmelweit vom Sieg entfernt, mein Schatz. Den habe ich schon in der Tasche!«
Er und seine Tochter spielten im Wohnzimmer die Sacramento-Version von »Monopoly«. Sie hatten nach dem Frühstück mit dem Spiel angefangen und waren um drei Uhr nachmittags noch immer nicht damit fertig. Grundstücke waren erworben und ganze Stadtlandschaften gebaut worden. Jeder von ihnen kämpfte um die Vorherrschaft. Abby hielt ihre Grundstückskarten aufgefächert vor dem Gesicht wie ein alter Poker-Profi, doch ihre Miene verriet Josh ihre Zufriedenheit. Dann und wann tuschelte sie geheimnistuerisch mit ihrem Berater, Wiener. Er sollte die Bank repräsentieren, aber Josh war sicher, der Hund wusste, dass Josh gegen seine Tochter verlor.
»Hilft dir dieser Hund etwa, Abby?«, fragte er, die Braue hochgezogen.
»Nein, das wär ja geschummelt«, antwortete sie und versteckte ihr Gesicht kichernd hinter den Karten.
»Du
bist dran.«
Josh lächelte sie an. Er nahm die Würfel und warf eine fünf und eine zwei.
»Verdammt! Nicht schon wieder!« Bereits zum dritten Mal schickte man ihn auf das Feld »Verkehrsstau«. Er schob sein Boot dorthin.
Abby lachte schallend, und Wiener kläffte zur Unterstützung. »Gehe nicht über Los, ziehe nicht zweihundert Dollar ein, Daddy«, quietschte sie entzückt und umarmte den Dackel.
»Josh, ich kann nicht glauben, dass es dich ärgert, wenn du gegen deine Tochter und den Hund verlierst«, sagte Kate, in der Hoffnung, etwas Vernunft in die Angelegenheit zu bringen.
»Ich bin jetzt zum dritten Mal innerhalb von fünf Runden auf diesem verdammten ›Stau‹-Feld. Das widerspricht doch jeder Wahrscheinlichkeit, und ich wette, es kostet mich wieder hundert Mäuse, davon wegzukommen«, entgegnete er verdrossen.
»Schon gut, schon gut. Ich werde dem Verlierer Trost spenden, okay?«, sagte Kate zu den Spielern.
Josh ärgerte sich nicht wirklich. Er wollte nur Abby unterhalten. Eigentlich machte es ihm sogar Spaß. Sein Gespräch mit Bob hatte ihn erleichtert und aufgemuntert, und die zwei Wochen Urlaub ebenso. Hoffte er zumindest. Er kehrte langsam wieder ins normale Leben zurück.
Abby würfelte. Zwei Sechser. Sie kicherte erneut.
»Was lernt ihr eigentlich in der Schule?«, fragte Josh.
Es klingelte an der Haustür.
»Kann bitte jemand aufmachen?«, rief Kate von nebenan.
»Wenn du so nett wärst, Schatz. Ich bin kurz davor, dieser kleinen Aufsteigerin das Fell über die Ohren zu ziehen«, rief Josh zurück.
»Nein, ist er nicht, Mom«, schrie Abby.
»Okay, dann geh eben ich.« Kate seufzte.
»Mami hat nie was von Geschäften verstanden – nicht so wie wir zwei Hübschen«, sagte Josh.
Wiener gähnte und leckte sich die Schnauze.
Kate öffnete die Haustür und sprach mit dem Besucher, der auf der Vortreppe stand. In ihrer Stimme lagen Verwirrung und Schrecken. »Sind Sie sicher, dass
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