Abgezockt
seinen Blicken verschlingen.
»Du siehst aus wie ein kleiner Junge, der sich verlaufen hat. Kopf hoch! Es könnte schlimmer sein.«
Er starrte sie von unten her an. »Inwiefern?«
Sie setzte sich neben ihn auf die Bank, die ein Einheimischer gestiftet hatte, und schob mit dem Handrücken ihr langes Haar zurück, so dass es in pechschwarzen Strähnen über ihre Schultern fiel. Sie legte einen Arm hinter Josh auf die Lehne und sagte, ohne ihn anzusehen: »Du könntest jetzt zu Hause sein und deiner Frau erklären, was du damals vor Jahren getan hast. Nicht wahr, hm?«
Josh fühlte Bells Arm um seine Schultern kriechen wie eine Schlange.
Ihre Berührung widerte ihn an, obwohl er früher sofort mit einer Erektion darauf reagiert hätte. Er stieß den Arm weg.
»Gefällt dir das nicht?«
Er warf ihr einen verächtlichen Blick zu. »Bist du nicht wegen des Geschäfts hier?«
»O Josh. Es muss doch nicht immer ums Geschäft gehen. Ich weiß, du hast das Geld für mich dabei, aber ich dachte, wir könnten uns ein Weilchen unterhalten.«
»Nach Unterhaltung ist mir im Moment nicht zumute.«
»Ich habe dich so lange nicht gesehen. Du siehst gut aus. Anscheinend immer noch in Form. Du bist einer der wenigen Männer, die ich kenne, mit einem Po zum Reinbeißen«, sagte sie.
Josh lenkte das Gespräch aufs Thema zurück. »Bell, warum bist du wieder da?«
»Ich bin hier geboren und groß geworden. Ein echtes Sacramento-Girl. Warum sollte ich all dem ewig fernbleiben – meiner Heimat, meinen Freunden … meinem Geliebten?« Sie warf Josh ein schüchtern-kokettes Lächeln zu.
Glaubt sie allen Ernstes, sie würde nach dem, was sie getan hat, wieder dort anknüpfen können, wo wir aufgehört haben?
»Wir kommen nicht wieder zusammen. Du bist wohl verrückt!«
Die Abfuhr schien ihr nichts auszumachen. »Man kann nie wissen.«
»Warum haben wir uns hier treffen müssen? Das ist zu öffentlich.«
Sie schaute weg und nahm kurz den Zoo in Augenschein, seine Tiere und Besucher. Dann sagte sie, ohne Josh anzusehen und in ernstem Ton – eine Seite von ihr, die Josh selten erlebt hatte: »Komisch. Da war ich keine zwei Jahre weg und habe Heimweh nach den seltsamsten Dingen. Ich weiß nicht, warum, aber es sind die Kleinigkeiten, die einem fehlen. Wie zum Beispiel das hier. Ich war seit meiner Kindheit nicht mehr im Zoo, und in der Zwischenzeit hat sich vieles verändert. Ich bin nicht mal ein besonderer Fan davon, aber als ich nach Sacramento zurückkam, sind die Erinnerungen auf mich eingestürmt und ich musste einfach hierher. Machst du dir was aus Zoos?«
Josh wusste nicht genau, ob er ihr glauben sollte. Noch nie hatte sie so sentimental gewirkt, aber vielleicht war San Diego nicht nett zu ihr gewesen. »Nicht viel.«
Mit einem Ruck erwachte Bell aus ihren Tagträumen und wurde wieder sie selbst. »Also, hast du mein Geld dabei?«
Josh zog das Kuvert unter seinem Jeanshemd hervor, legte es zwischen ihnen auf die Bank und ließ seine Hand darauf ruhen. Als er sie wegnehmen wollte, hielt Bell seine Hand einen Moment fest. Josh riss sich los. Die Transaktion war auffälliger, als hätte er Bell die fünftausend aus seiner Brieftasche hingeblättert. Sie lachte und warf dabei ihren Kopf zurück. Dann nahm sie den Umschlag, um ihn in ihr Handtäschchen zu stecken.
Menschen schlenderten vorbei, ohne die Geldübergabe zu beachten. Der Löwe, der die Vorgänge nicht begreifen konnte, beobachtete das Treiben des Pärchens auf der Bank mit Interesse.
»Josh, du machst es einem so leicht.«
Ihr Humor ließ ihn unbeeindruckt. »Bedeutet das, dass du dich jetzt aus meinem Leben raushältst?«
»Ich weiß es nicht.«
»Mein Gott, Bell, so geht’s nicht. Ich kann so nicht leben; nie zu wissen, wann du das nächste Mal aus der Versenkung auftauchst.« Josh spürte, wie ihn seine Coolness verließ.
»Sorry. Das ist der Preis, den du zu zahlen hast. Du bist ein Krimineller. Wärst du ein guter Mensch geblieben, ein braver, treuer Ehemann, dann wärst du jetzt nicht in dieser Situation.« Bells Gesichtsausdruck verhärtete sich zu einem höhnischen Lächeln. »Also gewöhn dich lieber daran.«
»Aber jeder Kriminelle zahlt seine Schuld der Gesellschaft«, konterte er.
»Ja, nur steht auf manche Schuld die Todesstrafe.«
Josh gab keine Antwort. Sie hatte ihn festgenagelt. Er konnte auf diese Art nicht weiterleben. Sein einziger Ausweg war, es mit einem Geständnis zu riskieren. Wenn er auf Bells nächste Forderung wartete,
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