Abgezockt
Reid genauso darauf reagieren wie schon die Polizei. »Kann ich mir das Flugzeug einmal anschauen?«, fragte Josh.
»Nein, tut mir leid.«
»Aber ich bin der Besitzer!«, protestierte Josh.
»Bedauerlicherweise muss ich Ihnen mitteilen, dass Sie das nicht sind.«
»Wie bitte?«
»Die Maschine wurde, nachdem Sie Ihre Ansprüche angemeldet haben, Versicherungseigentum. Bis zum Abschluss unserer Untersuchung bleibt sie von den Flug- und Verkehrsbehörden beschlagnahmt. Danach geht sie zurück.«
»Aber vielleicht könnte ich Ihnen etwas zeigen, das Sie übersehen haben.«
»Mr. Michaels, meine Kollegen von der Flugbehörde und ich haben sehr viel Erfahrung in diesem Bereich. Wenn wir Ihre Hilfe brauchen, werden wir uns melden. Momentan ist die Maschine ohnehin eine potenzielle biologische Gefahr.«
»Eine biologische Gefahr?«
»Ja. Bei einem tödlichen Unglück wird Blut verspritzt. Alle möglichen Risikosubstanzen. Schadstoffe, Gifte könnten dadurch freigesetzt worden sein und die Ermittler immer noch gefährden.« Reid seufzte. »Schauen Sie, Mr. Michaels, wir untersuchen
alles
– toxikologisch, metalltechnisch, auf menschliches wie auf maschinelles Versagen. Seien Sie versichert, wir untersuchen ein Flugzeugunglück aus allen Perspektiven.«
»Wann werde ich das Ergebnis erfahren?«
»Das kann ich nicht genau sagen. Meines Erachtens ist es ein eindeutiger Fall, und der Abschlussbericht müsste binnen sechs Monaten vorliegen.«
Josh runzelte die Stirn. Wäre er in sechs Monaten überhaupt noch am Leben?
»Manche Fälle können sich über Jahre hinziehen«, beendete Reid seine Ausführungen.
»Und was wird mit Jack Murphy?«
»Falls wir feststellen, dass es sich um sein persönliches Versagen handelt, dann wird die Verkehrsbehörde entsprechende Schritte einleiten. Wir sind lediglich zu Geldstrafen oder Berufsverbot ermächtigt. Vor eine höhere Instanz könnten nur die Bundesjustiz, Sie oder Mr. Keegans Angehörige die Sache bringen.«
Josh riskierte noch einen Versuch. »Bei Ihrer langjährigen Erfahrung, haben Sie da je ein Unglück dieser Art erlebt – mit losen Schrauben und Getriebeteilen?«
»Ich persönlich nicht. Es ist ungewöhnlich, aber nicht ausgeschlossen. Lassen Sie sich davon nicht zu dem Gedanken verleiten, es sei irgendein krummes Ding gemacht worden.«
Josh wollte etwas sagen, hielt dann aber den Mund. Er hätte gern noch mehr Fragen gestellt, wusste aber, dass es sinnlos war. Reid interessierte es nicht, was er glaubte. Josh las zwischen den Zeilen. Für den Beamten war er ein Klotz am Bein. Sein Verhalten verriet, dass er Josh für befangen hielt, weil dieser persönlich von dem Unglück betroffen war. Josh schwieg.
»Schön, Mr. Michaels. Ich bin hier mit einer Untersuchung beschäftigt. Wenn Sie mich also entschuldigen.« Terrance Reid ging zur Tür und öffnete sie.
Josh stand auf und verabschiedete sich.
»Danke für Ihren Besuch, Mr. Michaels. Wir bleiben in Verbindung.«
Josh wusste, es gab keine Chance, sein Flugzeug wiederzusehen. Höchstens durch einen Einbruch in der Wartungshalle käme er an die Maschine heran. Doch eine weitere Straftat konnte er sich nicht leisten.
Josh dachte immer noch an seinen Besuch bei Reid, als er die Haustür öffnete. Er beschloss, die Behörde ihre Arbeit tun zu lassen. Es hatte wenig Sinn, sie zu drängen. Mitchell hatte seinen Job zu gut gemacht. Man würde Josh nie glauben, dass der Absturz absichtlich herbeigeführt worden war. Die Sache schien zu eindeutig.
Als Josh das Haus betrat, sprang Abby die Treppe herunter, begleitet von einem halb rutschenden Wiener. »Daddy, du bist zurück!«
Wenigstens eine freute sich, ihn zu sehen.
»Abby, Abby, bitte sei einen Moment still. Ich telefoniere gerade«, rief Kate in bestimmtem Ton.
Die Kleine biss sich auf die Unterlippe. »’tschuldigung, Mom.«
»Schon gut, Schatz«, sagte Kate.
Josh bückte sich, um den aufgeregten Dackel vor seinen Füßen zu streicheln.
Kate hielt sich wieder den Hörer ans Ohr. »Tut mir leid. Josh ist gerade zurück. Also, wie gesagt, morgen komme ich wieder zur Arbeit.« Sie schwieg, während ihr Gesprächspartner redete. »Okay, dann bis Dienstag«, und damit legte sie auf.
Kates Entschluss überraschte Josh. Sie hatte nichts davon erwähnt. Er war davon ausgegangen, dass sie gleichzeitig mit ihm wieder zur Arbeit gehen würde. Er hatte seine Rückkehr in die Firma für Donnerstagvormittag, nach Marks Begräbnis, angekündigt. Nun fühlte er
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