Abgezockt
und setzte seinen Vortrag fort, diesmal ohne direktoralen Gestus. »Verdammt, Josh! Man wirft Ihnen vor, bei einem früheren Job Schmiergeld genommen zu haben. Vielleicht steht die Sicherheit der Bewohner auf dem Spiel, und Sie haben für einen Haufen Kohle beide Augen zugedrückt.«
»Sie wissen einen Scheißdreck von der Situation«, erwiderte Josh wütend.
»Okay, da haben Sie recht. Ich weiß nichts von Ihrer Schuld oder Unschuld. Aber eines weiß ich auf jeden Fall: Ich trage eine hohe Verantwortung, und das ist schwer, wenn in sämtlichen Schlagzeilen der Name meines Einkaufsleiters steht. Die Presse hat schon hier angerufen.«
Josh starrte auf die polierte Tischplatte und auf sein Spiegelbild darin. Es war verzerrt, und der unheilvolle Blick dieser Augen drohte Löcher in das Holz zu brennen. Als Behan weiterredete, sah Josh ihm ins Gesicht.
»Josh, Sie werden mit Leuten zu tun haben, die sich fragen, ob ihre Verträge durch einen korrupten Einkäufer hinfällig sind oder ob sie neue an Land ziehen, wenn sie Sie schmieren.«
»Das wissen Sie nicht. Sie wissen nicht, ob unsere Zulieferer deshalb irgendwie anders denken.«
»Doch«, erwiderte Behan sanft, aber mit der Wucht eines Schmiedehammers, »ich habe das selbst gedacht, und meine Menschenkenntnis sagt mir, auch andere werden so denken. Das kann ich nicht zulassen … und auch nicht der Firmenvorstand. Beschluss von ganz oben, einstimmig. Es tut mir leid, Josh. Wirklich.«
Josh suchte hilflos nach Worten. Es war vergebens. Das nächste Unglück war pünktlich eingetroffen. Er verstand zwar die Position der Firma, doch dass sie sich von ihm distanzierte, verletzte ihn tödlich. Er stand öffentlich am Pranger.
Er sagte: »Also bin ich gefeuert.«
»Nein. Aber ich suspendiere Sie.«
»Was macht denn das für einen Eindruck? Das wird die Leute vollends von meiner Schuld überzeugen.«
»Tut mir leid, Josh, mehr kann ich nicht für Sie tun. Ich habe einen bezahlten Urlaub bewilligt, wenn aber offiziell Strafanzeige gegen Sie erstattet wird, werde ich Ihr Arbeitsverhältnis beenden müssen.«
Josh hätte gerne gesagt, es käme ihm so vor, als sei das Urteil bereits gefallen. »Das könnte sich hinziehen, Mike. Ich habe Familie.«
»Ich weiß, aber da kann ich wenig tun.«
»Oder Sie wollen nicht«, fügte Josh hinzu.
»Hey, das ist unfair«, entgegnete Behan. »Sie haben sich die Sache selbst eingebrockt.«
»Na schön, na schön, aber es kommt darauf an, von welcher Seite man es betrachtet, nicht wahr?«
»Ich schlage vor, Sie fahren nach Hause und sorgen dafür, dass sich die Vorwürfe aufklären. Danach können Sie gern wiederkommen.«
Josh schäumte im Stillen.
»Jenny wird Sie aus dem Firmengebäude begleiten.« Behan griff nach dem Telefon.
»Um Himmels willen, Mike. Sie soll mich hinausbegleiten? Auf keinen Fall! Schenken Sie mir doch ein bisschen Vertrauen. Ich gehe ja, aber behandeln Sie mich nicht wie einen Verbrecher.«
Behan hatte den Hörer schon in der Hand. Er zögerte und legte wieder auf. »Okay, Josh. Rufen Sie mich an, wenn sich die Sache geklärt hat. Ich erwarte Sie hier.«
Josh stand auf und wankte mit gummiweichen Beinen Richtung Tür. Dieses billige Mitgefühl! Der Hurensohn tat seinen Job und nichts weiter. Josh drehte den Türknauf, um hinauszugehen.
»Josh – haben Sie mir noch irgendetwas zu sagen?«
Josh schaute über die Schulter. Behan wirkte zu klein für seinen mächtigen Ledersessel und erinnerte an ein ungezogenes Kind, das im Büro des Schuldirektors auf seine Strafe wartet. Er stellte sich vor, wie Behan mit den Beinen schaukelte. Fast hätte er gelacht.
»Nein, Mike, ich habe nichts zu sagen. Alles, was ich sage, kann vor Gericht gegen mich verwendet werden.«
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23
J oshs Ex-Kolleginnen und -Kollegen warteten schon gespannt, als er aus Behans Büro kam. Die Drähte des Flurfunks mussten rot geglüht haben. Man beobachtete, wie er mit schweren Schritten zurückging, ohne dass irgendjemand ihn ansprach. Von all den bekannten Gesichtern begafft zu werden, das war mehr, als er ertragen konnte. Erleichtert trat er wieder in den Schutz seines Büros und öffnete die Schreibtischschubladen, um seine persönlichen Habseligkeiten herauszunehmen.
Jenny trat ein und brach auf der Stelle in Tränen aus. »Es tut mir so leid, Josh.«
Er ging zu ihr und legte tröstend einen Arm um die kleine zierliche Frau. »Ist ja schon gut.«
»Ich kannte die Pläne von denen. Ich hätte Sie vorwarnen sollen«,
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