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Abgezockt

Abgezockt

Titel: Abgezockt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Wood
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Pinnacle Investments.«
    »Verschwinden Sie!«, kreischte sie von drinnen.
    Erschrocken riss Josh seinen Kopf von der Tür weg und wich einen Schritt zurück. Er spähte durch das verdreckte Fenster zur Rechten, konnte aber in dem schummrigen Innern nur vage Umrisse erkennen.
    »Mrs. Macey, ich bin da, um Ihnen zu helfen.« Ein Anflug von Resignation trübte seine Entschlossenheit.
Das hier wird nicht leicht,
dachte er.
     
    Nach dem Vorfall mit dem Pizzaboten hatte Margaret Macey wie eine Einsiedlerin gelebt. Seitdem war der Unhold noch zweimal am Telefon gewesen. Nun fürchtete sie den Apparat, die Außenwelt und die anderen Menschen. Sie hatte ihren Peiniger nie gesehen, und es konnte jeder sein: Ihr Nebenmann an der Bushaltestelle, der Mann, der bei Albertson’s ihre Lebensmittel einpackte, der Mann, der in diesem Moment vor ihrer Tür stand.
    Angeblich war schon ein Verdächtiger vernommen worden. Hatte sie dadurch, dass sie die Polizei gerufen hatte, ihre Lage verschlimmert? Wenn sie die Anzeige zurückzog, damit man das Verfahren einstellte, ob er sie dann vielleicht in Ruhe ließe? Für ihren Seelenfrieden hätte sie alles gegeben. Der Mann an der Tür unterbrach ihre Gedankengänge.
    »Margaret, können wir miteinander reden? Ich glaube, derselbe Kerl, der hinter Ihnen her ist, hat es auch auf mich abgesehen«, sagte er, gedämpft durch die Fensterscheibe.
    Für Margaret klang er glaubwürdig, aber bei seinem ersten Anruf hatte er ja auch glaubwürdig geklungen wie ein Vertreter – ganz munter und aufgeräumt – und hatte Interesse an ihrem Wohlergehen geheuchelt. Dann aber war er zum Monster geworden, und genauso konnte er es auch jetzt machen: Ihr ein Stück Zucker hinhalten, bevor er ihr das Gift verabreichte.
    »Bitte lassen Sie mich in Ruhe. Ich weiß, wer Sie sind. Sie rufen zu jeder Tages- und Nachtzeit bei mir an«, erwiderte sie.
    Der Mann begann erneut auf sie einzureden, aber sie hörte nicht hin. Sie bekam einen Schweißausbruch. Sekundenlang verschwammen die Gegenstände vor ihren Augen, und Margarets Herz schlug immer schneller, während ihr ein Prickeln durch den Arm lief und er taub wurde. Sie brauchte ihre Medikamente.
    »Bitte lassen Sie mich rein, Margaret«, bettelte der Mann. »Ich weiß, wir können uns gegenseitig helfen.«
    »Bringen Sie mich bitte nicht um«, erwiderte Margaret.
    »Das habe ich gar nicht vor. Glauben Sie das nicht.«
    Margaret rappelte sich hinter dem Sessel auf, wo sie sich verkrochen hatte. Aufzustehen war leichter gesagt als getan. Mit größter Anstrengung und mit Hilfe ihres gesunden Arms stieß sie sich hoch und stand eine Sekunde so wacklig da wie ein Baby.
    »Margaret, ich kann Sie sehen. Bitte lassen Sie mich rein. Ich beanspruche Ihre Zeit nur ein paar Minuten.«
    Sie ignorierte ihn. Ihre Medikamente mussten doch hier irgendwo sein. Das Badezimmerschränkchen war voll mit nutzlosem Kram: Heftpflaster und Zahnpasta, Arznei gegen Husten und Erkältung, obwohl es ihr schwerfiel, etwas zu erkennen. Ihre Sicht verschwamm immer mehr. Sie wühlte in dem Schränkchen, aber die Pillen waren nicht da. Sie konnte sich nicht erinnern, wo sie sie zuletzt gesehen hatte.
Warum kann ich nicht klar denken?
    Das Nachtkästchen neben ihrem Bett erwies sich als ebenso unergiebig wie der Arzneischrank. Während der Besucher weiter am Fenster herumwinselte, stolperte Margaret zurück ins Wohnzimmer. Er redete auf sie ein, aber sie hörte ihn nicht mehr.
    Sie stöhnte kraftlos wie ein Geschöpf, das keine Zunge besaß. Sie fühlte sich gar nicht gut. Es war etwas Schlimmes im Anzug. Ihre Brust schmerzte unerträglich, und das Prickeln in ihrem Arm war zum Brennen geworden; Millionen glühender Nadeln stachen ihr gleichzeitig ins Fleisch. Sie rang nach Atem, aber die Luft blieb ihr im Hals stecken.
    Ihr versagten die Beine, und sie fiel zu Boden. Dabei schlug sie an den Telefontisch, der samt Apparat zu Boden kippte. Den Aufprall ihres Körpers registrierte sie kaum. Die Information wurde nicht mehr an ihr Gehirn weitergeleitet.
    Margaret lag auf dem Rücken. Der Besucher rüttelte an der Tür und versuchte sie aufzubrechen. Eine weibliche Tonbandstimme im Hörer bat Margaret, aufzulegen und es noch einmal zu versuchen oder sich an die Vermittlung zu wenden. Die alte Frau folgte der Aufforderung nicht.
    »Ich gehe hintenrum«, rief Josh.
    Sie konnte ihn nicht hören – das Rascheln seiner Bewegungen, die quietschenden Angeln des Fliegengitters vor der Tür, das Rütteln am

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