Abgezockt
wäre inzwischen panisch vor Angst, sein Killer könne ihn nach Erledigung des Auftrags selbst liquidieren. Er roch es förmlich. Beim Sender PBS blieb er hängen. Ein Gepard hatte dort eine Gazelle erjagt und fraß seine Beute.
Bedächtig legte Dexter Tyrell das Telefon auf den Beifahrersitz. Seine Konzentration driftete vom Straßenverkehr und der Straße vor ihm zu dem Anruf, den er eben erhalten hatte. Bei seiner jahrelangen Zusammenarbeit mit dem Killer hatte er sich nie vorgestellt, ihr gutes Verhältnis könne sich einmal ändern. Nun aber war es geschehen. Es fiel ihm schwer, klar zu denken. Zum ersten Mal hoffte er, bis zum Tod von Josh Michaels und Margaret Macey würde es noch ein Weilchen dauern. Er umfasste das Lenkrad fester, und sein Fuß trat unwillkürlich stärker aufs Gaspedal.
Im Nachhinein war man immer klüger. Er hatte einen Fehler gemacht, jemand anderen mit dem gleichen Projekt zu beauftragen. Zum damaligen Zeitpunkt schien das eine gute Idee, und Smith kam mit besten Referenzen, aber nie hätte Tyrell gedacht, dass der Mann zwei Tage nach ihrem ersten Treffen getötet würde. Er verließ die rechte Spur, um an einem Greyhound-Bus vorbeizuziehen.
Sein Mercedes beschleunigte. Tyrell überdachte die Situation. Wenn der Profi jemanden wie Smith beseitigen konnte, wie leicht würde er dann erst mit ihm fertig! Unterschiedliche Vorstellungen, Szenarien und Fragen ratterten Tyrell wie die Bilder in einem Spielautomaten durch den Kopf. Möglich, dass er voreilige Schlüsse zog, wenn er glaubte, der Profi wolle ihn umbringen. Auch der war ein Geschäftsmann. Vom geschäftlichen Standpunkt aus betrachtet, hatte es keinen Sinn, die Hand zu schlagen, die einen fütterte, beziehungsweise sie abzuhauen. Tyrell wusste, dass er sich etwas vormachte. Er wünschte, er könnte die Gedanken des Profis lesen. In der Finanzwelt war jeder wie ein offenes Buch, doch der Killer kam aus einer anderen Welt. Tyrell gab Vollgas.
Der Klang einer Sirene schreckte ihn aus seinem grässlichen Wachtraum auf. Das Blaulicht eines Polizeiautos drehte sich in seinem Rückspiegel. Er sah auf den Tacho: hundertfünf Meilen.
[home]
25
K ates Drohung war wie ein Schlag in die Magengrube. Nicht einen Moment hatte Josh gedacht, Kate könne eine Trennung in Betracht ziehen. Doch nun war es so weit: Wenn er Margaret Macey besuchen würde, dann würde Kate ihn verlassen. Also gab er nach und blieb daheim. Er warf seine Sachen in den Wäschekorb und nahm ein Bad. Das war gestern gewesen. Heute dagegen war ein neuer Tag.
Kate war zur Arbeit gegangen, Abby war in der Schule, und er hatte das Haus für sich allein. Kate würde nie erfahren, dass er es verließ, um diese alte Frau zu besuchen. Er spürte das Schuldgefühl, das sich ihm wie eine Klinge zwischen die Rippen bohrte. Er hatte Kate schon ein Mal betrogen, und der Betrug hatte sich gerächt. Aber er musste herausfinden, was Margaret Macey von diesem Komplott wusste. Er durfte sich nur nicht erwischen lassen. Wenn er die Sache verpatzte, würde er Kate und Abby – einfach alles – verlieren. Mit jedem Risiko zockte er um einen größeren Einsatz. Er wagte ein letztes Spiel.
Er fuhr mit seinem Wagen Margaret Maceys Straße entlang und hielt vor ihrem Haus. Die Adresse hatte er sich aus Bobs Berichten gemerkt. Sein Freund würde die Sache nicht gutheißen. Nach dem Eindruck, den die Straße machte, konnte er sich nicht vorstellen, dass diese Frau einen Mord wert war. Er stieg das Vortreppchen hinauf.
Die Klingel war außer Betrieb. Das wunderte Josh nicht. Er klopfte. Keine Reaktion. »Scheiße!«, zischte er. Hoffentlich war die Frau da. Er wollte nicht den ganzen Tag vertrödeln. Aus dem Augenwinkel nahm er eine Bewegung wahr – eine verschwommene Gestalt, die vom Fenster zurückzuckte. Er klopfte noch einmal. »Hallo?«
Keine Antwort.
»Mrs. Macey? Margaret Macey? Ich weiß, dass Sie da sind. Ich hab Sie gesehen.« Josh hatte seinen Kopf dicht an der Tür und sprach mit lauter Stimme.
Als ihm klarwurde, wie bedrohlich er wirken musste, warf er einen Blick auf die Straße hinter sich. Hoffentlich hatten die Nachbarn nichts gehört. Die würden die Sache am Ende missverstehen. Den Bullen weiteren Zündstoff zu liefern, war das Letzte, was er brauchte. Niemand zu sehen.
Wer immer dort drinnen war, machte keinen Mucks.
»Margaret – ich darf Sie doch Margaret nennen? Ich bin hier als Freund. Ich muss mit Ihnen reden. Es dreht sich um diese Versicherung,
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