Abgezockt
diesem Moment bemerkte Kate seinen Zustand, und ihr Ärger wurde zu Sorge. »Was ist mit dir passiert? Du siehst ja aus, als hätte man dich durch eine Hecke geschleift.«
Josh zappte weiter, ohne sie zu beachten. Er fand die Nachrichten, die er suchte. Langsam setzte er sich neben Abby auf die Sessellehne.
Kate fing an zu nörgeln, aber Josh machte »Pscht!«, und sie schwieg. »Augenblick, dann werde ich dir alles erklären.«
Auf dem Bildschirm war eine abgesperrte, von Scheinwerfern beleuchtete Unglücksstelle mit Polizei und Feuerwehr zu sehen. Im Hintergrund lag ein verkohltes Autowrack auf geschmolzenen Reifen. Eine Abschirmwand verbarg das, was Tom Jenks’ Leiche sein musste, vor den Fernsehkameras. Der Berichterstatter vor Ort berichtete: »Noch einmal zusammengefasst: Die Polizei fand neben diesem ausgebrannten Chevy Malibu die Leiche eines Mannes.« Er deutete mit dem Arm in Richtung des Autowracks. »Der Tote trug keinerlei Papiere bei sich. Er wurde zweimal ins Gesicht geschossen und dann angezündet. Die Polizei bittet alle Zeugen des grausigen Verbrechens dringend, sich zu melden. Erste Hinweise führen die Behörden zu der Vermutung, dass der Mord in Zusammenhang mit einem Drogendeal steht …«
»Komm mit, Kate«, sagte Josh.
»In Ordnung.« Sie sah die Furcht in seinen Augen – eine Furcht, die ansteckend war.
»Hier, Schatz.« Josh gab Abby die Fernbedienung. »Wir sind gleich wieder da.«
Er führte Kate an der Hand zur Treppe, doch das Mädchen hielt die beiden zurück.
»Daddy, warum sagst du mir nicht, was los ist?«
Josh kehrte um, kniete sich neben sie und sah ihr direkt in die Augen. »Daddy hat ein paar große Probleme, mit denen er fertig zu werden versucht. Du weißt ja, manchmal zerbricht man sich den Kopf über Rechenaufgaben, bis man die Lösung findet.«
Abby nickte.
»Tja, und dein Daddy hat viele solcher Aufgaben zu lösen.« Er gestikulierte wie jemand, der Anglerlatein erzählt. »Kann sein, es dauert lange, bis er sie alle löst. Aber ich verspreche dir,
wenn
sie gelöst sind, dann erzähle ich dir alles.« Josh legte dem Mädchen einen Finger auf die Nase. »Einverstanden? Hast du ein bisschen Geduld?«
Abby nickte stürmisch und nahm ihn in die Arme.
»Danke, mein Schatz. Nun schau dir deine Zeichentrickfilme an.«
Er kehrte zu Kate zurück, führte sie hoch ins Schlafzimmer und ließ sie sich aufs Bett setzen. Er selbst kniete sich vor sie und nahm ihre Hände in die seinen.
»Wirst du mir jetzt verraten, was los ist?«, fragte sie.
Er holte tief Luft. »Wenn ich es wüsste, dann würde ich es dir ja sagen, aber ich verstehe das Ganze selbst nicht.«
»
Was
verstehst du nicht?«
»Ich bin heute ins Büro, und Mike Behan hat mich zu sich bestellt.« Josh zögerte. »Ich bin unbefristet beurlaubt.«
»Weshalb?«
»Wegen der Schmiergeldsache in Dixon. Sie können es sich nicht leisten, wenn man einen Mitarbeiter in einer so sensiblen Stellung der Korruption verdächtigt.« Josh machte ein bedauerndes Gesicht.
»Diese Mistkerle! Kriegst du Urlaubsgeld?«
»Solange es zu keiner Verhaftung kommt. Dann werde ich abserviert. Ich glaube, bald ist alles überstanden.«
»Wie kommst du darauf?«
»Verlass dich auf mich, es ist so.«
»Das erklärt aber nicht deinen Zustand.«
Erst jetzt bemerkte Josh seinen Körpergeruch. Er dachte kurz daran, was das Mädchen im Bus hatte aushalten müssen, und blickte zufällig in den Schrankspiegel. Kein hübscher Anblick. Jenks und der vereitelte Mordanschlag verdrängten rasch das Mädchen mit dem Nasenring aus Joshs Gedanken.
»Ich glaube, jemand will, dass ich sterbe.« Kate setzte an, seine Beschuldigung zu hinterfragen, aber er fegte ihren Widerspruch beiseite. »Hör zu. Als ich von der Arbeit kam, ist hier ein Typ erschienen, angeblich ein Polizeibeamter. Er nannte sich Tom Jenks.«
Kate schaute verwirrt.
»Angeblich?«
»Ja. Er hat gesagt, es sei nötig, dass ich mitkomme, also stieg ich zu ihm in den Wagen. Nach ein paar Minuten schien mir einiges nicht geheuer – das Auto, das Benehmen dieses Jenks … Ich versuchte zu fliehen, aber da zog er eine Pistole und sagte, ich sei für jemanden viel wert, wenn ich tot bin. Er brachte mich zu einer leerstehenden Fabrik, drüben bei den alten Trambahngleisen.«
Kate schlug sich eine Hand vor den Mund. »Dann war das also er, wie? Der Ermordete in den Nachrichten. Du hast ihn getötet?«
Josh schüttelte den Kopf. »Nein, das habe ich nicht. Er war kurz davor,
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