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Abgründe der Macht - Roman über einen Sachsenkönig

Abgründe der Macht - Roman über einen Sachsenkönig

Titel: Abgründe der Macht - Roman über einen Sachsenkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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Es ist ja wichtig, dass alle die Unsrigen schnell verständigt werden.“
    „Seid Ihr wirklich einer von uns?“, fragte der Dicke, dem der Schweiß auf der Stirn stand. „Ich kenne Euch nicht. In Saalfeld wart Ihr nicht dabei.“
    „Aber Agina war dabei, mein früherer Gefolgsherr, der mich hergeschickt hat.“
    „Gewiss, den kenne ich gut.“
    „Ich bin ein Sohn von Immed.“
    „Den kenne ich auch gut, er gehört zu unserer … unserer …“
    „Schwureinung. Sprecht es nur aus. Es ist trotz allem keine Schande, dazu zu gehören. Ich bin Immeds siebter Sohn. Kein Eigentum, kein Lehen. War eine Ewigkeit im Dienst bei Agina. Was sollte ich sonst anfangen? Als er in Saalfeld war, blieb ich zurück, zum Schutz der Burg. Dann schloss ich mich mit seinem Einverständnis Herrn Heinrich an, der uns in Dortmund besuchte. Folgte ihm nach Chèvremont zum Herzog Giselbert, zog mit den beiden in die Schlacht bei Birten. War unter den wenigen, die sich retten konnten, wurde aber gefangen genommen. Doch Agina, der schon vorher gefangen war, verhalf mir und den anderen zur Flucht, damit wir euch allen …“
    „Verstehe!“, keuchte der Dicke. „Ist denn das alles wirklich wahr? So überlegen … dreifach, vierfach … und ihr verlort die Schlacht? Wurdet vollkommen aufgerieben?“
    „Ein Rätsel ist es schon“, erwiderte Dadi, „aber andererseits auch wieder nicht, wenn man bedenkt, dass König Otto machtvolle Hilfe erhielt, obwohl er – und das ist das Wunderbare – gar nicht auf dem Schlachtfeld war.“
    „Er war nicht dabei?“
    „Nein.“
    „Aber wo war er denn?“
    „Das sollt Ihr erfahren. Er …“
    Doch Herr Walram erfuhr noch nicht, wo sich König Otto während der Schlacht aufgehalten hatte, denn den Raum betrat aus einer Seitentür die Gemahlin des Burgherrn, die sich verpflichtet sah, den Gast zu begrüßen. Sie fasste mit einer gezierten Geste den |209| Rock und trippelte näher. Es war ein dürres, vertrocknetes Weiblein mit gelblicher Haut und dem Gesicht einer Eule. Sie hatte sich – offenbar eilig – in ihr Festgewand geworfen und ihren besten Schmuck angelegt, eine Goldkette mit Anhängern in Form kleiner Kreuze und goldene Ohrringe.
    Bevor sie den Mund auftun konnte, wurde sie angeschnauzt.
    „Wozu putzt du dich so heraus, Ermesinde? Gehört sich das, wenn man trauert?“
    „Wir trauern?“, piepste sie. „Warum denn? Um wen denn? Ich dachte, weil Gäste gekommen sind …“
    „Prinz Heinrich ist tot. Im Kampf gefallen.“
    „Oh Jesus, heilige Jungfrau! Oh ihr Götter, Wodan und Saxnot! Unser Wohltäter … tot?“
    „Der Thüringer hier bezeugt es. Er gehörte zu seiner Gefolgschaft.“
    „Ja, leider ist das die Wahrheit, edle Frau“, sagte der Gast, der sich zur Begrüßung erhoben hatte. „Mein Name ist Dadi. Ich selbst sah ihn sterben, konnte nichts mehr für ihn tun.“
    „Wie schade, dass er tot ist“, sagte Frau Ermesinde, schniefte und wischte einen Tropfen von der Nase. „Dann werden wir ja nichts mehr von ihm bekommen.“
    „Wie meint Ihr das?“
    „Gefällt Euch die Kette? Wie findet Ihr meine Ohrringe?“
    „Ich bin geblendet, edle Frau.“
    „Alles Geschenke. Von ihm!“
    „Von Prinz Heinrich?“
    „Ja. Und wir sollten noch mehr bekommen, wenn er erst König wäre. Das hat er doch in Saalfeld gesagt. Hab ich Recht, Walram?“
    „Ja, ja …“
    „Er hatte es uns fest versprochen. Wir sollten auch noch ein Gut bei Pöhlde erhalten. Aber nun …“
    „Nach Gottes Ratschluss …“, seufzte Dadi.
    „ … kann er ja nicht mehr König werden!“, ergänzte der dicke Burgherr grimmig. „Und verschenken kann er auch nichts mehr. Das hast du sehr richtig erkannt, Ermesinde. Du solltest jetzt in die Kapelle gehen und für sein Seelenheil beten!“
    „Wenn du meinst, Walram, dann tue ich es“, erwiderte sie in schnippischem Ton und machte kehrt, um sich zurückzuziehen. Doch auf halbem Wege zur Tür drehte sie sich noch einmal um und |210| sagte: „Er hätte uns auf dem Fest in Saalfeld das Gut ja gleich schenken können! Meinst du nicht auch? Es war nicht schön von ihm, es noch zu behalten, bis er König wurde. Er musste voraussehen, dass er vorher sterben könnte.“
    Der Dicke blickte ihr stirnrunzelnd nach und als sie draußen war, sagte er: „Ein bisschen schwach von Verstand, doch ein gutes, nützliches Weib. Diese Burg ist ihr Erbe. Auch ich war ein spät geborener Sohn meines Vaters. Doch nun erzählt! Berichtet mir endlich, was geschehen

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