Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Abgründe der Macht - Roman über einen Sachsenkönig

Abgründe der Macht - Roman über einen Sachsenkönig

Titel: Abgründe der Macht - Roman über einen Sachsenkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
Vom Netzwerk:
ließ sie ihn sogar, was schon lange nicht mehr geschehen war, in ihr Bett. Als er sich zu ihr legte, sagte er: „Sei fröhlich, meine geliebte Frau, in der Umarmung eines Herzogs. Bald erwartet dich noch größere Freude mit einem König!“
    Dieser Ausspruch gelangte auf irgendeinem Wege aus dem Schlafgemach des hohen Paars nach draußen, wurde weitergesagt, aufgeschrieben und viele Jahre später sogar in ein Geschichtswerk aufgenommen.
    Denn er sollte sich bewahrheiten, wenn auch in einer Weise, die Herzog Giselbert nicht beabsichtigt hatte.

|206| 33
    „Ihr da oben! Auf, auf! Faulenzen hier alle? Empfängt man so Gäste?“
    Auf einem der kleinen Rundtürme an den Torflanken regte sich etwas, ein Fluch wurde ausgestoßen, dann erschienen zunächst eine Lanzenspitze und schließlich der Zottelkopf eines verschlafenen Wächters über der Brüstung.
    „Wer da? Was gibt es? Was wollt ihr denn?“
    „Den Burgherrn sprechen, Herrn Walram.“
    „Ist nicht zu Hause, ist auf der Jagd.“
    „So verpasst er eine wichtige Botschaft.“
    „Was kann schon so wichtig sein?“
    „Es geht um Leben und Tod. Mich sendet Agina, der Herr von Dortmund.“
    „Oh! Von Dortmund? Geht es jetzt los? Ist es so weit?“
    „Das erfährst du schon noch. Lass uns ein oder rufe den Burgherrn ans Tor!“
    „Gut, gut. Und wen soll ich melden?“
    „Ich bin Dadi, Thüringer. Vasall des Prinzen Heinrich.“
    „Des Prinzen Heinrich! Ich eile, ich eile!“
    Der Zottelkopf und die Lanzenspitze verschwanden. Der Mann, der sich Dadi genannt hatte, drehte sich lachend im Sattel um und sagte zu seinem vier Mann starken Gefolge: „Ein solcher Trottel bewacht nun die Burg. Ich hätte Lust, sie im Handstreich zu nehmen. Nur zum Vergnügen!“
    Es war ein kleiner, knorriger Kerl mit spitzer Nase, lebhaften Augen und pfiffiger Miene. Er trug einen Helm, ein Ringpanzerhemd und ein Schwert am Wehrgurt.
    „Ihr kommt von Agina?“
    Die barsche Frage stellte ein dicker Mann mit eisgrauem Haupthaar und Bart, der jetzt anstelle des Wächters auf dem Turm erschien.
    „Seid Ihr Walram?“, rief Dadi hinauf.
    „Der bin ich.“
    „Ich bringe Euch Kunde von einer Schlacht. Bin unterwegs, damit alle, die es angehen könnte, gewarnt sind.“
    „Einer Schlacht? Es gab schon eine? So früh? Jetzt – im März?“
    „Ja. Bei Birten in Lothringen, auf der anderen Seite des Rheins.“
    |207| „Ah … was Ihr nicht sagt! Und wer schlug sich dort?“
    „Das Heer Herzog Giselberts. Verstärkt durch Männer des Prinzen Heinrich.“
    „Schlug sich – auf der anderen Seite des Rheins? Und gegen wen? Die Nordmänner? Oder gegen …?“
    „Gegen den König.“
    „Tod und Teufel! Den König Otto?“
    „Ja. Es war ein fürchterliches Gemetzel. Heinrich und Giselbert hatten dreitausend Gepanzerte. Der König konnte nur tausend aufbieten.“
    „So ist er geschlagen?“, rief der Dicke freudig. „Ist er vernichtet? Brauchen wir gar nicht mehr einzugreifen?“
    „Ihr werdet enttäuscht sein.“
    „Warum enttäuscht?“
    „Weil der König siegte.“
    „Wie? Was sagt Ihr?“
    „Ein glänzender Sieg, der in die Annalen eingehen wird.“
    „Ein Sieg? Mit tausend Mann gegen …?“
    „Gegen dreitausend. Vielleicht auch viertausend. Das Heer der Lothringer ist aufgerieben Nur wenige sind entkommen. Unter ihnen auch Herzog Giselbert.“
    „Und Prinz Heinrich?“
    „Ist gefallen. Ist tot.“
    „Himmel!“, schrie Walram.
    Dadi beobachtete einige Atemzüge lang aufmerksam den um Fassung Ringenden und rief dann hinauf:
    „Wenn Ihr wollt, könnt Ihr noch mehr erfahren. Ich war ja dabei und bin davongekommen. Ihr werdet doch auch einen Edeling, der so wichtige Nachrichten für Euch hat, nicht ohne Bewirtung entlassen!“
    „Verzeiht!“, stöhnte der Dicke. „Ich bin erschüttert … so ein Unglück …“
    „Ja, ein Unglück ist es, dass der König gesiegt hat.“
    „Nein, nein, das nicht!“, beeilte sich der Burgherr zu versichern, der trotz seiner Verwirrung sogleich die veränderte Lage erkannte. „Es ist nur wegen … Ich bin nur traurig, weil Prinz Heinrich …“
    „Ja, das geht uns allen sehr nahe. Das Ebenbild seines Vaters. Er war unsere Hoffnung.“
    „Ich lasse Euch das Tor öffnen.“
    |208| Wenig später saßen der Burgherr und sein Besucher in der niedrigen Halle der Sachsenburg bei einem Becher mit saurem Bier.
    „Danke für Euer Angebot“, sagte Dadi, „aber wir bleiben nicht über Nacht. Müssen heute noch weiter zu Euerm Nachbarn Boto.

Weitere Kostenlose Bücher