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Abgründe der Macht - Roman über einen Sachsenkönig

Abgründe der Macht - Roman über einen Sachsenkönig

Titel: Abgründe der Macht - Roman über einen Sachsenkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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    „Will er es auf eine Entscheidungsschlacht ankommen lassen?“
    „Das wohl nicht. Es sei denn, du würdest ihn angreifen. Aber er glaubt, das wirst du nicht wagen. Du hättest ja nicht nur mit ihm allein zu tun.“
    „Mit Giselbert bin ich fertig“, sagte Otto. „Er ist mir bei Birten und hier zwar entwischt, aber was soll ich noch von ihm befürchten?“
    „Unterschätze ihn nicht, er hat zwei Grafschaften und sieben Abteien, aus denen wird er noch tüchtig Schwertfraß herauspressen. Eberhard hat Giselbert vor ein paar Wochen aufgesucht. Anscheinend sind sie sich einig und ihrer Sache sicher. Weil es noch einen Dritten gibt.“
    „Wenn du Heinrich meinst …“
    „Ich meine Ludwig.“
    „Den Westfranken?“
    „Er soll bereits mit seinem Heer auf dem Weg nach Verdun sein. Dort wird ihm Giselbert den Eid leisten. Dann will er über Metz ins Elsaß vorzustoßen und sich mit Eberhard bei Breisach vereinigen.“
    Otto schwieg.
    Es hatte aufgehört zu regnen und er trat vor das Zelt. Ringsum waren die Männer schon wieder mit der Vorbereitung zum Abmarsch beschäftigt. Lasttiere und Karren wurden mit geplündertem Gut beladen.
    „Das musstest du wissen, sagte ich mir“, fuhr Konrad Kurzbold fort, hinter dem König aus dem Zelt tretend. „Ich versprach Eberhard, mit zweihundert Panzerreitern zurückzukehren. Denke natürlich nicht daran. Unterwegs hörte ich, dass du über den Rhein gegangen warst …“
    „Sie wollen mir also noch immer das größte Stück Fleisch aus dem Körper schneiden“, sagte der König. „Lothringen!“
    „Ja“, erwiderte Kurzbold, „das haben sie vor. Und diesmal sind sie bestens gerüstet.“
    „Ist Ludwig tatsächlich schon auf dem Weg nach Verdun? Oder hat Eberhard das nur behauptet, um auf dich Eindruck zu machen?“
    „Das glaube ich nicht. Er will eine Botschaft aus Laon erhalten haben.“
    „Von Ludwig?“
    „Von deiner Schwester Gerberga.“
    |265| „Wie? Meiner Schwester? Aus Laon?“
    „Eberhard sagte, dass sie dort mit dem König verhandelte. Im Namen Giselberts. Die Abordnung führte ein lothringischer Graf, doch nur sie hatte alle Vollmacht.“
    „So etwas ahnte ich schon“, sagte Otto. „Ich ahnte, dass sie dahinter steckte, als sich Giselbert plötzlich von mir abwandte. Hätte das mein Vater gewusst, als er sie ihm gab.“
    „Weiber!“, sagte Kurzbold verächtlich. „Alle Weiber sind Teufelsbrut.“
    Otto wandte sich ihm stirnrunzelnd zu.
    „Ich weiß, Kurzbold, dass du Frauen nicht magst. Aber es handelt sich hier um meine Schwester. Nimm also Rücksicht.“
    „Verzeih mir, König.“
    Ein Knecht schob einen Karren vorüber, der mit Äpfeln beladen war. Otto nahm sich einen und biss wütend hinein.
    „Übrigens weißt du vielleicht noch nicht“, sagte der kleine Graf seufzend, „dass ich auch Äpfel nicht mag. Ich ertrage nicht einmal ihren Anblick. Nimm also bitte ebenfalls Rücksicht.“
    Otto warf den angebissenen Apfel weg.
    „Zufrieden? Und warum magst du keine Äpfel?“
    „Na, weil sie mich an Weiber erinnern. Diese Teufels …“
    Kurzbold verstummte. Sie sahen sich an und brachen in ein Gelächter aus.
    Doch gleich zog der König wieder finster die Brauen zusammen.
    „Hat der Schurke, mein Schwager, dem Ludwig vielleicht den Eid schon geleistet? Bin ich hier etwa im Feindesland?“

42
    Einige Wochen später, Anfang September, lag Otto mit seinem Heer in einer Ebene am Rande des Vogesengebirges, gegenüber der alten Bergfestung Zabern. Vor Hunderten Jahren hatten die Römer die Militärstation
tres tabernae
zur Sicherung der Verbindung zwischen Straßburg und Metz eingerichtet. Ein Gebirgspass führte von hier mit vielen Krümmungen über den Kamm des Gebirges.
    Otto ließ lange den Blick über die Höhenzüge ringsum schweifen und dachte darüber nach, ob er die feindlichen Verbündeten hier erwarten und auf einem der Abhänge eine günstige Stellung beziehen |266| sollte. Er entwarf mehrere Schlachtpläne, um den Westfranken den Rückzug abzuschneiden und sie in der Ebene anzugreifen, aber er blieb vorerst unentschlossen. Noch konnte das Äußerste vermieden werden.
    Der König wartete auf seinen
mediator
. Im achtzig Meilen entfernten Breisach wollte der Erzbischof Friedrich von Mainz versuchen, mit Ottos Gegnern einen Friedensvertrag auszuhandeln. Er hatte sich selbst dazu angeboten.
    Nach dem Abbruch der Belagerung Chèvremonts war der König zunächst noch einmal über den Rhein gegangen, um im sächsischen

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