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Abgründe der Macht - Roman über einen Sachsenkönig

Abgründe der Macht - Roman über einen Sachsenkönig

Titel: Abgründe der Macht - Roman über einen Sachsenkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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staubbedeckt warten mussten. Endlich ritt Otto heran und saß ab. Als er die beiden Prälaten erblickte, gab er sich überrascht.
    „Sieh an, mein
mediator
ist zurück!“, rief er gutgelaunt. „Und er hat sich sogar verdoppelt.“
    „Das ist Bischof Ruthard von Straßburg, König“, sagte Friedrich. „Er war schon zur Zeit Eures Vaters im Amt, Ihr kennt ihn wohl. Er hat mich begleitet und unterstützt.“
    „Wie sollte ich euch alle kennen.“ Otto trank Wasser, nahm den Helm ab und ließ sich von Knechten die Ringbrünne ausziehen. „Ihr vermehrt euch so in meinem Reich, dass ich befürchten muss, bald wird es mehr Pfaffen als Panzerreiter geben.“
    Er lachte schallend. Dann rühmte er die gerade erprobte Kriegstüchtigkeit seiner Heerscharen.
    Später trat er in sein Zelt, bot dort den beiden Bischöfen eine Sitzbank an und nahm ihnen gegenüber in seinem Armstuhl Platz.
    „Nun, was bringt ihr? Was haben mir die Verräter, Verschwörer und Eidbrecher mitzuteilen?“
    „Die edlen Herren, die in der Festung Breisach versammelt sind, beauftragten uns“, sagte Friedrich, jedes Wort mit Bedacht wählend, „Euch, König, einige Vorschläge zur künftigen Wahrung des Friedens zu machen, die wir gemeinsam mit ihnen in einem
pactum mutuum
niedergelegt haben. Dies möchten wir Euch zur Kenntnis geben.“
    Der Erzbischof gab seinem Amtsbruder ein Zeichen. Ruthard, schmal und gebeugt, mit einem grämlichen Asketengesicht, zog eine Schriftrolle unter seinem Mantel hervor. Er neigte sich kurzsichtig über das Pergament und sagte: „Wenn es erlaubt ist, trage ich vor, was hier niedergeschrieben steht.“
    Er blickte auf, um sich noch einmal der Zustimmung des Königs zu versichern.
    „Ihr habt also den Vertrag schon fertig“, sagte Otto ironisch.
    |269| „Es ist ein Entwurf“, sagte Friedrich. „Ich hoffe, dass alles, was dort aufgeführt ist, Eure Zustimmung findet. Manches könnte vielleicht noch klarer ausgedrückt werden. Was aber den Inhalt betrifft, so versichere ich Euch, dass dies das Äußerste ist, was zu erreichen war. Die vier Herren in Breisach, mit denen ich verhandelte …“
    „Sie sind nun also zu viert.“
    „Ja. Da ist zunächst Herr Ludwig, der König der Westfranken …“
    „Der Eindringling!“
    „ … der Herzog Eberhard …“
    „Der zweimal Treubrüchige!“
    „ … der Herzog Giselbert …“
    „Der Verräter!“
    „ … und – nicht zuletzt natürlich – Euer Bruder, Herr Heinrich.“
    „Der Verschwörer von Saalfeld. Eine feine Gesellschaft. Und was wollen die nun von mir?“
    In sichtlicher Unruhe befingerte der Erzbischof das goldene Kreuz an seinem Halse und nickte Ruthard abermals zu.
    Der Bischof las: „In Erinnerung an den ‚Vertrag der Einmütigkeit und der gegenseitigen Freundschaft‘, den die Könige des Westfränkischen Reiches, Karl, und des Ostfränkischen Reiches, Heinrich, am 7. November im Jahre des Herrn 921 bei ihrem Treffen auf dem Rhein bei Bonn unterfertigten, bekräftigen wir, dass das Herzogtum Lothringen unverbrüchlich zum Westfränkischen Reich gehört und deshalb die vorübergehende Zugehörigkeit zum Ostfränkischen Reich …“
    Otto beugte sich vor, riss dem Bischof das Pergament aus der Hand und rollte es hastig zusammen. Ruthard fuhr ängstlich zurück und hob abwehrend die Arme, als fürchtete er, der König würde ihn im nächsten Augenblick mit der Rolle ins Gesicht schlagen.
    „Machen wir es doch kürzer!“, sagte Otto gepresst, mit äußerster Anstrengung um Fassung bemüht. „Unsinn ergibt keinen Sinn, wenn man darüber viele Worte verliert. Das also wünscht sich der Eindringling: ganz Lothringen. Nun zu dem Verräter. Hat er sich dem Eindringling schon an den Hals geworfen?“
    „Wenn ich Eure Frage in die mir gemäße Sprache übertragen darf, König“, erwiderte Erzbischof Friedrich, der weniger furchtsam als sein Suffragan war und sich trotz seiner Erregung zu beherrschen |270| wusste, „so würdet Ihr gern erfahren, ob Herzog Giselbert dem König Ludwig schon den Vasalleneid geleistet hat.“
    „Ja, das würde ich gern erfahren!“, sagte Otto, den Ton verschärfend.
    „Die Frage ist zu bejahen. Es geschah vor zwei Wochen in Verdun.“
    „Ah, und nun will er wohl, dass ich ihn dazu beglückwünsche.“
    „Er erwartet von Euch, dass Ihr den Schaden wiedergutmacht, den Ihr kürzlich in seinem Herzogtum angerichtet habt.“
    „Immer besser! Immer besser! Nun weiter. Was will der Eidbrecher, der zweimal

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