Abgründe (German Edition)
gehörte.
Der Gastraum war groß und wurde von einer langen, rot gekachelten Theke dominiert. Entlang der Fenster befanden sich vinylbezogene Sitzbänke mit dem Emblem der Restaurantkette auf der Lehne. Die Tische waren sauber poliert, genau wie der Boden. Ava hatte bei ihrer letzten Schicht scheinbar ganze Arbeit geleistet.
»Wusstest du, dass sie hier diese viereckigen Riesenburger verkaufen?« Donovan studierte konzentriert die Karte.
»Nein.« Ethan sah sich nach jemandem um, der aussah, als hätte er etwas zu sagen. Doch weder die junge Kellnerin hinter der Bar noch der Schüler, der für das Abräumen der Tische verantwortlich war, erweckten diesen Anschein. Er entschied sich für das Mädchen an der Bar.
Donovan schien völlig vergessen zu haben, weshalb sie hier waren. »Die haben hier auch diese Kokosnuss-Cremetörtchen. Vielleicht können wir gleich nach Feierabend herkommen und-«
»Detective Ethan Hayes. Das ist mein Partner Detective Donovan Caulfield«, unterbrach ihn Ethan und hielt dem Barmädchen seine Marke ins Gesicht.
»Ich… hab ich…« Das Mädchen fing an zu stammeln, brach dann ab.
Die vollkommen Unschuldigen fangen im Angesicht einer Polizeimarke immer an zu stammeln, dachte Ethan und die Kleine begann, ihm zu gefallen. »Wir würden gerne mit dem Geschäftsführer sprechen. Ist er hier?«
»Joshua kommt immer erst gegen vier. Wenn Sie also warten wollen…?«
Ethan sah seinen Partner kurz an, entschied dann jedoch selbst. »Wir sprechen erst einmal mit den Angestellten. Und am besten fangen wir direkt mit Ihnen an.«
Die Kellnerin war leider genau so ahnungslos, wie sie hübsch war und auch der Junge wusste weder mit wem noch wann Ava am vergangenen Abend das Restaurant verlassen hatte. Beide waren vor ihr gegangen, wie er erklärte. Er fummelte während des Verhörs nervös an einem geflochtenen Armband herum, welches an einer Stelle fast vollständig durchgerissen war.
Nach ihm waren zwei junge Kellnerinnen an der Reihe, die mit ihren blondierten Haaren eher erfolglose Schauspielerinnen in Los Angeles hätten sein können. Wie sie erklärten, waren sie Schwestern und hatten sich beide nicht sonderlich gut mit Ava Draper verstanden, aber immerhin konnten sie die beiden Detectives auf Evangeline Stark, die Köchin verweisen.
»Die hat sich gut mit Ava verstanden und bleibt immer lange, räumt ihre Küche selbst auf«, erklärte Rosalie, die Fülligere der beiden.
»Ist sie da?«, wollte Donovan wissen.
Die Kellnerin wies ihnen den Weg zur Küche. Ethan war erstaunt, dass es eine Köchin war, die hier arbeitete. Er war nicht oft in Diners, sondern eher der Typ, der sich etwas in der Mikrowelle warm machte, doch zumindest seiner Vorstellung nach waren die Köche in dieser Art Restaurant typischerweise behaarte Männer, die einen riesigen Bauch in einem verschwitzten T-Shirt vor sich her schoben. Das Bild der Köchin, das sich unwillkürlich in Ethans Kopf zusammensetzte und der penetrante Geruch von bratendem Fett trugen gleichermaßen dazu bei, dass Donovans Vorschlag, hier nach Feierabend zu essen, noch ablehnenswerter wurde.
Als sie die Küche betraten, wurde Ethans Überheblichkeit jedoch Lügen gestraft. Evangeline Stark war die schönste Frau, die er seit Langem gesehen hatte. Bisher hatte er immer den Eindruck gehabt, dass seine Bar-Bekanntschaften wie Models aussahen, aber wenn das stimmte, war die Diner-Köchin eine Schönheitskönigin. Sie war schlank, fast zierlich und warf ihm und seinem Partner einen belustigten Blick aus großen, braunen Rehaugen zu, die ihr Gesicht puppenhaft wirken ließen. Ihre Haut war leicht gebräunt und ihre Züge waren absolut symmetrisch. Ihr kurzes, braunes Haar stand im schroffen Gegensatz zu ihrem sanften, weiblichen Gesicht und machte sie nur noch interessanter.
»Meine Herren, die Gästetoilette ist zwei Türen weiter.« Damit wandte sie sich einer dampfenden Industrie-Grillplatte zu und begann Steaks zu wenden.
»Misses Stark... « Ethan rang regelrecht nach Worten. Die Professionalität, die er hoffte in seine Stimme gelegt zu haben, hatte ihn eine Riesenmühe gekostet und er befand sich zum ersten Mal seit Jahren in der Situation, einer Frau nicht völlig gelassen gegenüber zu stehen.
Evangeline musterte ihn eingehend, aber ohne eine Spur von Begeisterung. Als er nicht weiter sprach, schlich sich Irritation in ihren Blick. Sie hob die Hand, um sich eine Strähne aus der Stirn zu streichen und ein Hauch ihres Parfums wehte
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