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Abgründe - Wenn aus Menschen Mörder werden - Der legendäre Mordermittler deckt auf

Abgründe - Wenn aus Menschen Mörder werden - Der legendäre Mordermittler deckt auf

Titel: Abgründe - Wenn aus Menschen Mörder werden - Der legendäre Mordermittler deckt auf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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und ist zwingend zu lebenslanger Freiheitsstrafe zu verurteilen. Sofern er natürlich beweiskräftig überführt werden konnte und falls er zur Tatzeit nicht noch Jugendlicher oder (sonst irgendwie) schuldunfähig war.
     
     
    In der Zeit von 1987 bis 2009, in der ich der Münchner Mordkommission angehörte, ereigneten sich in unserem Zuständigkeitsbereich insgesamt 361 vollendete und 767 versuchte Fälle von Mord und Totschlag. Genau genommen handelt es sich dabei um die bekannt gewordenen Tötungsdelikte, da man gerade in diesem Bereich von einer hohen Dunkelziffer ausgehen muss. So haben wissenschaftliche Untersuchungen ergeben, dass mindestens
jedes zweite Tötungsdelikt gar nicht erst bekannt oder als solches erkannt wird. So viel zu der Frage, ob es den perfekten Mord gibt.
     
     
    Aus der Gruppe der niedrigen Beweggründe habe ich drei Mordmerkmale ausgesucht, nämlich Habgier, Mordlust und Befriedigung des Geschlechtstriebes (Wolllust). Je einen Fall schildere ich zu Heimtücke, Grausamkeit und Gemeingefährlichkeit und einer beschäftigt sich mit Verdeckungsmord. Darüber hinaus habe ich mir ein paar Ausführungen zu allgemein interessanten Themen wie Perversitäten, Leichenzerstückelungen oder der Frage erlaubt, ob Frauen anders morden als Männer. Was den Untertitel dieses Buches betrifft, so habe ich mich für die nüchterne, wertfreie Formulierung »Wenn aus Menschen Mörder werden« entschieden. Das Warum habe ich bewusst ausgeklammert, weil ich tiefenpsychologische Betrachtungen dazu gerne kompetenteren Leuten überlassen möchte. Damit hoffe ich, einen kleinen, aber realistischen Einblick in die Welt von Mord und Totschlag und die Abgründe der menschlichen Seele geben und einen Eindruck von der Arbeit in einer echten Mordkommission vermitteln zu können. Weil ich ein Mann der Praxis bin, maße ich mir keine juristischen oder psychologischen Wertungen an und überlasse auch die moralische Sicht der Dinge jedem Einzelnen selbst.
     
     
    Was die Arbeit in einer echten Mordkommission betrifft, so steht die Teamarbeit im Vordergrund. Den Super-Detektiv à la »Columbo« gibt es nicht, und einer wie »Schimanski«
würde bei keiner einzigen Mordkommission in Deutschland länger als einen Tag Dienst tun. Übrigens lag unsere Aufklärungsquote auch ohne Mithilfe eines »Sherlock Holmes« kontinuierlich zwischen 95 und 100 Prozent. So viel zu dem Risiko, das man eingeht, wenn man meint, den perfekten Mord begehen zu können.
     
     
    Aus datenschutzrechtlichen Gründen wurden Namen, Berufe, örtliche und zeitliche Gegebenheiten verändert. Die geschilderten Fälle orientieren sich zwar an echten Kriminalfällen, wurden aber abgewandelt, anonymisiert und durch fiktive Anteile unkenntlich gemacht.
     
    Josef Wilfling München im Januar 2010

GRAUSAMKEIT
    Seit drei Wochen hatte sich Emil S. nicht mehr gemeldet. Die 79-jährige Alwine W. machte sich Sorgen. Bislang hatten sie sich mindestens einmal wöchentlich in einem Café oder zum Essen in der Bahnkantine getroffen. Aber Emil S. ging nicht mehr ans Telefon, und auch im Justizzentrum, wo sie sich fast täglich die Zeit vertrieben und die dortigen Prozesse verfolgten - am liebsten natürlich Mordprozesse -, war er schon lange nicht mehr gesehen worden. Sie gehörten zur dortigen Stammzuhörerschaft und kannten sich untereinander.
    Alwine läutete an Emils Haustür und konnte die Glocke sogar bis nach unten hören, weil die Balkontür von seiner Wohnung im zweiten Stock offen stand. Es wurde aber nicht geöffnet. Also klingelte sie schließlich bei der Nachbarin im zweiten Stock, die ihr vom Sehen her bekannt war und die in ihrem Alter sein durfte. Tatsächlich betätigte diese den Türöffner, und Alwine ging nach oben. Ingesamt sechs Parteien lebten in dem zweistöckigen Block, der zu einer großen Wohnanlage gehörte, welche von der Bundesbahn in den 1960er-Jahren errichtet worden war und in der fast ausschließlich Bahnbedienstete wohnten, vorwiegend Pensionisten und Rentner. Es waren preisgünstige Wohnungen, die zwar klein,
inzwischen aber auf modernsten Stand gebracht worden waren.
    Der betagten Nachbarin war gar nicht bewusst, dass sie Emil S. schon lange nicht mehr gesehen hatte. Erst jetzt im Nachhinein falle ihr auf, dass er ihr ja jeden Tag die Zeitung eingeworfen habe und dass das schon seit geraumer Zeit nicht mehr der Fall war. »Da wird doch nichts passiert sein mit dem Herrn S. Ganz gesund war der ja auch nicht mehr, so wie der schon vor

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