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Abgründig (German Edition)

Abgründig (German Edition)

Titel: Abgründig (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arno Strobel
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Sinn dahinter zu begreifen, aber … er verstand nicht. Es konnte doch nicht sein, dass ausgerechnet Lena …
    »Du auch?«, krächzte Tim. Er erkannte seine eigene Stimme nicht mehr, sie klang brüchig, heiser, wie die eines Greises. »Lena? Du auch?«, wiederholte er und spürte, wie Tränen über seine Wangen liefen. Er schämte sich nicht deswegen, er registrierte es kaum. Es war ihm egal. Mit einem Mal war alles egal. »Du hast also auch Angst vor mir? Du denkst, wenn …«
    »Nein, Tim, das ist nicht wahr. Ich habe keine Angst vor dir, bestimmt nicht. Ich möchte doch nur, dass nicht alles noch schlimmer wird. Für dich.« Doch ihre Worte klangen hohl in seinen Ohren.
    Er spürte, wie sich in seinem Inneren eine nie gekannte Leere ausbreitete. Es war ein Vakuum, das alles an irgendeinem Punkt in seinem Körper zusammenzog.
    Tims Augen lösten sich von Lenas, er senkte den Kopf.
    »Gut.« Es kam so leise aus ihm heraus, dass ihn nicht einmal Lena verstanden hatte, die direkt vor ihm stand.
    »Was hast du gesagt?«
    Tim hob den Kopf nicht, als er nun lauter wiederholte: »Gut.«
    »Gut, was?«, hakte Sebastian nach.
    »Ich werde in der Kammer schlafen. Ich tue alles, was ihr wollt.« Mit einer langsamen Bewegung hob er die Arme und hielt Sebastian die ausgestreckten Hände entgegen. »Fessle mich, dann geh ich rüber.«
    Als er den Kopf hob, sah er, dass auch Lena weinte. Sebastian zog den Schnürsenkel aus seinem rechten Schuh und begann, Tims Hände umständlich damit zu fesseln. Niemand sprach ein Wort. Alle außer Fabian und Denis starrten wie gebannt auf Tims Handgelenke.
    Als Sebastian die beiden Enden so heftig zusammenzog, dass sie in Tims Fleisch einschnitten, griff Janik ein. »He, nicht so fest. Sollen ihm die Hände abfallen?«
    Tim hatte den Schmerz registriert, aber auch das war ihm gleich. Nichts war mehr wichtig.
    Janik nahm Sebastian die dünnen Schnüre ab, lockerte sie etwas und machte dann einen Knoten. Anschließend betrachtete er die Fessel von allen Seiten und nickte zufrieden. »Fertig.«
    Tim ließ sich von der Tischplatte rutschen, auf der er noch immer saß, und sah noch einmal zu Lena, die seinen Blick traurig erwiderte. Dann schlurfte er stumm in den Nebenraum und drehte sich nicht mehr um.
    Der Geruch in der dunklen Kammer schlug ihm sofort auf den Magen und er kämpfte gegen den Reflex an, sich zu übergeben. Ohne viel darüber nachzudenken, setzte er sich an der gegenüberliegenden Wand auf den Boden und starrte auf die schräg in den Raum stehende Tür. Sebastian hatte am Eingang ungeduldig gewartet, bis Tim saß. Nun wandte er sich schnell ab.
    »Kommt mal her und helft mir«, hörte Tim ihn sagen. Bald darauf entstand Bewegung im Hauptraum. Kurz danach schoben sie den Schrank vor den Eingang. Er schien sehr schwer zu sein, denn sie brauchten lange.
    Tim zog sich zurück aus dem stinkenden, nun fast komplett dunklen Raum. Der Schrank ließ zu beiden Seiten durch schmale Spalte ein wenig Kerzenlicht in Tims Gefängnis kriechen. Es war kaum ausreichend, die Hand vor Augen zu sehen. Doch auch das war ihm egal.
    Während einige dort draußen überlegten, zur Sicherheit abwechselnd Wache zu halten, kroch Tim in den hintersten Winkel seiner inneren Burg und weinte dort hemmungslos. Darüber, was sie mit ihm taten. Dass sie ihn wie einen Verbrecher behandelten. Aber am meisten weinte Tim, weil sie vielleicht recht hatten.
    Weil sie wahrscheinlich recht hatten.
    Diese Sache von damals stand plötzlich wieder so klar vor ihm, als wäre es erst wenige Tage her, dass er seiner eigenen Mutter ein Messer in den Arm gerammt hatte. Tim erinnerte sich an das Gefühl, als sein Vater ihm im Krankenhaus erzählte, was er getan hatte. Es war eine Mischung aus Unverständnis und ungläubiger Fassungslosigkeit gewesen. Ihm wollte nicht in den Sinn, dass er zu solch furchtbaren Dingen fähig war, noch dazu, ohne etwas davon zu wissen. Tim erinnerte sich auch an die Angst davor, es wieder zu tun.
    Er hatte sich gefühlt wie in diesem Moment.
    Die ungute Ahnung, dass er Ralf tatsächlich etwas angetan hatte, wurde immer stärker. Es war schon mehr als nur bloße Ahnung, es war …
    Ein Geräusch zog sein Bewusstsein wieder nach draußen, zurück in diesen Albtraum, der die Wirklichkeit zu sein schien.
    »He, Tim …«
    Es dauerte, bis Tim erkannte, dass die Stimme von dem Durchgang kam, der mit dem schweren Schrank zugebaut war. Tim versuchte, sich über den seltsamen Klang klar zu werden. Es konnte

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