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Abgrund: Roman (German Edition)

Abgrund: Roman (German Edition)

Titel: Abgrund: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Watts
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Kopf. »Der Sprecher hat gesagt, es handele sich um einen optischen Prozessor.«
    »Also, was, zum Teu…« Mitten im Fluch hält Brander inne. Alle Wut weicht aus seinem Gesicht.
    »Kein Gel«, sagt Clarke, »sondern ein Chip. Das ist es, was er gesagt hat.«
    »Aber warum sollten sie uns anlügen?«, fragt Brander. »Wenn wir einfach dort hinausgehen und spüren können …«
    »Sie wissen nicht, dass wir über diese Fähigkeit verfügen, erinnern Sie sich?« Sie erlaubt sich ein kleines Lächeln, wie wenn zwei Freunde ein Geheimnis miteinander teilen. »Sie wissen nicht das Geringste über uns. Sie haben lediglich ihre Akten.«
    »Nicht mehr«, erinnert Brander sie. »Jetzt haben sie Judy.«
    »Und uns ebenfalls«, fügt Lubin hinzu. »In Quarantäne.«

    »Alice, ich bin’s.«
    Eine leise Stimme dringt gedämpft durch das Metall: »Kommen Sie …«
    Clarke öffnet die Luke und betritt die Kabine.
    Alice Nakata blickt von ihrer Pritsche auf, als sich die Luke mit einem Seufzen wieder schließt. Mandelförmige, dunkle Augen funkeln in dem trüben Licht. Nakata hebt eine Hand zum Gesicht: »Oh, entschuldigen Sie. Ich werde …« Sie tastet nach dem Fach an der Stirnseite ihres Bettes, wo die Plastikbehälter stehen, in denen ihre Augenkappen schwimmen.
    »He, kein Problem.« Clarke streckt die Hand aus und hält inne, bevor sie Nakatas Arm berührt. »Ich mag Ihre Augen. Ich habe Sie schon immer … na ja …«
    »Eigentlich sollte ich nicht hier drinnen vor mich hin schmollen«, sagt Nakata und steht auf. »Ich werde hinausgehen.«
    »Alice …«
    »Ich werde nicht zulassen, dass sie einfach dort draußen verschwindet. Kommen Sie mit?«
    Clarke seufzt. »Alice, die NB hat recht. Das Gebiet, das wir absuchen müssten, ist einfach zu groß. Wenn Caraco immer noch dort draußen ist, weiß sie zumindest, wo sie uns findet.«
    »›Wenn‹? Wo soll sie denn sonst sein?«
    Clarke blickt auf das Deck hinunter und wägt die Möglichkeiten ab.
    »Ich … ich glaube, die Landratten haben sie«, sagt sie schließlich. »Ich glaube, dass sie auch uns gefangen nehmen werden, wenn wir nach ihr suchen.«
    Nakata blickt Clarke mit beunruhigend menschlichen Augen an. »Warum? Wozu sollten sie das tun?«
    »Ich weiß es nicht.«
    Nakata sinkt wieder auf ihre Pritsche zurück. Clarke setzt sich neben sie.
    Eine Zeitlang schweigen sie beide.
    »Es tut mir leid«, sagt Clarke schließlich. Sie weiß nicht, was sie sonst sagen soll. »Uns allen tut es leid.«
    Alice Nakata blickt zu Boden. Ihre Augen glänzen, doch sie weint nicht. »Das stimmt nicht«, flüstert sie. »Ken scheint mehr daran interessiert zu sein, ob …«
    »Ken hatte seine Gründe. Man hat uns angelogen, Alice.«
    »Man hat uns schon immer angelogen«, sagt Nakata leise und ohne aufzublicken. Dann: »Ich hätte bei ihr sein sollen.«
    »Warum?«
    »Ich weiß nicht. Wenn wir zu zweit gewesen wären, wäre es vielleicht …«
    »Dann hätten wir Sie beide verloren.«
    »Das können Sie nicht wissen. Vielleicht waren es doch nicht die Landratten, womöglich ist sie … irgendetwas Lebendigem begegnet.«
    Clarke antwortet nicht. Sie hat dieselben Geschichten gehört wie Nakata. Berichte über Menschen, die von Archie gefressen wurden, hat es schon vor über hundert Jahren gegeben. Natürlich waren es nicht sehr viele. Mensch und Riesenkalmar begegnen einander nicht oft. Selbst Rifter halten sich für solche Begegnungen in zu großer Tiefe auf.
    Jedenfalls im Allgemeinen.
    »Das ist der Grund, weshalb ich nicht mehr mit ihr hinaufgeschwommen bin, wissen Sie?« Nakata schüttelt den Kopf, in Erinnerungen versunken. »Im Pelagial sind wir einem Lebewesen begegnet. Es war grauenhaft. Irgendeine Art Qualle glaube ich. Es hing einfach pulsierend im Wasser und hatte unglaublich viele dünne, durchsichtige Tentakel, die sich so weit erstreckten, wie man blicken konnte. Und dann waren da noch diese vielen … Mägen. Wie fette, zuckende Nacktschnecken. Und jeder von ihnen besaß ein eigenes Maul, das sich ständig öffnete und schloss …«
    Clarke verzieht das Gesicht. »Klingt widerlich.«
    »Anfangs habe ich es nicht einmal gesehen. Es war fast durchsichtig, und ich habe nicht so genau hingeschaut und bin in es hineingeschwommen. Und dann fing es an, Teile von sich abzuwerfen. Der Zentralkörper wurde vollkommen schwarz, hat sich zusammengezogen und ist pulsierend davongeschwommen. Diese ganzen abgeworfenen Mägen und Münder und Tentakel hat er einfach zurückgelassen, und

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