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Abgrund: Roman (German Edition)

Abgrund: Roman (German Edition)

Titel: Abgrund: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Watts
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wütend zu machen. Sie kann sich nicht erinnern. Actons Faust scheint die letzten paar Minuten aus ihrem Kopf verdrängt zu haben. Ist sowieso egal. Es ist immer das gleiche Spiel.
    Diesmal scheint ihr jemand beizustehen. Sie hört Schreie und den Lärm eines Handgemenges. Sie hört das ekelerregende Geräusch von Fleisch, das auf Knochen und dann auf Metall trifft, und zum ersten Mal scheint es nicht ihr eigener Körper zu sein.
    »Sie Schwanzlutscher! Ich reiße Ihnen verdammt noch mal die Eier ab!«
    Branders Stimme. Brander kommt ihr zu Hilfe. Er ist schon immer sehr ritterlich gewesen. Clarke lächelt und schmeckt Salz. Natürlich hat er Acton auch ihren Streit wegen des Sackmäulers nie ganz verziehen …
    Ihr Blick wird wieder klarer, zumindest auf einem Auge. Direkt vor ihr ragt ein Bein auf und daneben ein zweites. Sie blickt hoch; die Beine laufen in Caracos Schritt zusammen. Acton und Brander sind ebenfalls in ihrer Kabine; Clarke ist erstaunt, dass sie alle hineinpassen.
    Acton, dessen Mund blutig ist, wird hart bedrängt. Branders Hand schließt sich um seine Kehle. Acton wiederum hält Branders Handgelenk umklammert, und während Clarke zusieht, schießt sein anderer Arm vor, und seine Faust prallt von Branders Kiefer ab.
    »Hört auf damit«, murmelt sie.
    Caraco schlägt Acton zweimal rasch hintereinander gegen die Schläfe. Actons Kopf kippt zur Seite, und er gibt ein Stöhnen von sich, doch er hält Branders Hand weiterhin fest umklammert.
    »Ich habe gesagt, ihr sollt aufhören!«
    Dieses Mal hören die anderen sie. Sie halten inne, die Fäuste immer noch erhoben, ohne voneinander abzulassen, doch jetzt richten sich alle Blicke auf Clarke.
    Selbst Actons. Clarke blickt ihm in die Augen und in das, was dahinter liegt. Doch sie sieht nur Acton selbst, der ihren Blick erwidert. Vorhin warst du da, erinnert sie sich. Ich bin mir fast sicher. Das sieht dir ähnlich – Karl in einen aussichtslosen Kampf zu verwickeln und dich dann aus dem Staub zu machen …
    Sie stützt sich am Schott ab und richtet sich langsam auf. Caraco kommt zu ihr, um ihr aufzuhelfen.
    »All die Aufmerksamkeit schmeichelt mir«, sagt Clarke, »und ich möchte Ihnen dafür danken, dass Sie vorbeigeschaut haben. Aber ich glaube, dass wir die Sache von jetzt an allein klären können.«
    Caraco legt ihr beschützend die Hand auf die Schulter. »Sie brauchen sich diesen Mist nicht gefallen zu lassen.« Ihr Blick, der selbst durch die Augenkappen hindurch irgendwie giftig wirkt, ist auf Acton gerichtet. »Keiner von uns muss das.«
    Actons blutige Mundwinkel verziehen sich zu einem kleinen spöttischen Lächeln.
    Clarke erträgt Caracos Berührung, ohne zusammenzuzucken. »Ich weiß. Vielen Dank, dass Sie sich für mich eingesetzt haben. Aber lassen Sie uns jetzt bitte für einen Moment allein.«
    Brander hält immer noch Actons Kehle umklammert. »Ich glaube nicht, dass das eine gute Idee …«
    »Lassen Sie ihn verdammt noch mal los und verschwinden Sie!«
    Sie treten den Rückzug an. Clarke blickt ihnen wütend hinterher und verriegelt die Luke, um sie draußen zu halten. »Scheißneugierige Nachbarn«, brummt sie und dreht sich wieder zu Acton um.
    Jetzt, da sie plötzlich wieder allein sind, sackt sein Körper in sich zusammen. Alle Wut und jedes Draufgängertum sind gewichen.
    »Sagst du mir jetzt bitte mal, warum du dich wie der letzte Idiot aufführst?«, fragt sie.
    Acton sinkt auf die Pritsche. Er starrt auf das Deck hinab und weicht ihrem Blick aus. »Weißt du denn nicht, wenn du verarscht wirst?«
    Clarke setzt sich neben ihn. »Klar. Geschlagen zu werden, ist ein deutliches Zeichen dafür.«
    »Ich versuche, dir zu helfen. Ich versuche, euch allen zu helfen.« Er dreht sich zu ihr um und umarmt sie mit zitterndem Körper, die Wange an ihre gepresst, das Gesicht der Schottwand hinter ihrer Schulter zugewandt. »Oh Gott, Lenie. Es tut mir so leid. Du bist der letzte Mensch auf der ganzen verdammten Welt, dem ich wehtun will …«
    Sie streichelt ihn, ohne etwas zu sagen. Sie weiß, dass er es ernst meint. Sie meinen es stets ernst. Trotzdem kann sie immer noch keinem von ihnen die Schuld geben.
    Er denkt, er ist allein dort drin. Er glaubt, er hätte es getan .
    Ganz kurz kommt ihr ein unwahrscheinlicher Gedanke. Vielleicht hat er das ja auch …
    »Ich kann so nicht weitermachen«, sagt er. »Ich kann nicht mehr hier drinnen bleiben.«
    »Es wird besser, Karl. Am Anfang ist es immer schwierig.«
    »Oh Gott, Len. Du hast

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