Abiona - Das Bündnis (German Edition)
ich mich gezwungen, Euch wieder abzuweisen.«
Ionason schaute sie an und verstand die Welt nicht mehr. Eben noch hatte sie ihn als sehr höflich bezeichnet, jetzt war er unflätig! Er hob beide Arme und trat ebenfalls einige Schritte zurück. »Es tut mir leid«, sagte er schnell. »Ich weiß es nicht besser. Ich werde sofort gehen.«
Er wollte sich umdrehen, doch die Frau hielt ihn seufzend zurück. »Nein, ist schon gut. Es mag sein, dass Ihr durch Euer Erlebnis etwas aus der Bahn geraten seid. Doch ich warne Euch. Fasst mich nicht wieder an!«
»Gut.« Er nickte verstehend. Das war eine klare Anweisung, mit der er etwas anfangen konnte. Langsam ließ er die Arme sinken und vermied es sie anzusehen, um nicht wieder etwas falsch zu machen. Da hörte er sie lachen und hob den Blick.
»Ihr seid unmöglich!«, sagte sie kichernd. Und als er gequält das Gesicht verzog, weil er nun wirklich nicht wusste, was er jetzt schon wieder angestellt hatte, trat sie auf ihn zu, nahm seine Hand und zog ihn mit sich. Er folgte ihr schweigend.
Hatte sie nicht eben gesagt, er solle sie nicht wieder anfassen? Aber genau das tat er doch jetzt. Erschrocken zog er seine Hand zurück und löste sich von ihr. Sie wandte sich um. »Beleidigt?«, fragte sie im Gehen und zwinkerte mit den Augen. Wieder verstand er nicht, was sie damit meinte und schwieg. Sie seufzte und führte ihn einen Treppenaufgang nach oben. Dort war ein Gang mit mehreren Türen. Sie öffnete die zweite Tür.
»Hier könnt Ihr Euch waschen und umziehen und auch Rasierzeug findet Ihr am Waschbecken. Falls Ihr Hilfe braucht, bin ich nebenan.« Sie wollte das Zimmer wieder verlassen, doch Ionason band sie mit seinem fragenden Blick.
»Was noch?«, fragte sie und pustete sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Ihr genervter Gesichtsausdruck passte nicht zu ihr, fand Ionason, doch darüber schwieg er. Stattdessen sah er sich im Zimmer um und sein Blick blieb auf der Waschschüssel und der Rasiermesserklinge ruhen. Was um alles in der Welt sollte er damit machen?
Miranda folgte seinem Blick und verstand. »Ist schon in Ordnung. Ich kann Euch rasieren. Und vielleicht ist es besser jetzt, bevor Ihr Euch umgezogen hast, falls mir die Klinge ausrutscht.« Sie lächelte ihn auf eine merkwürdige Art und Weise an. Als er keine Reaktion zeigte, schüttelte sie den Kopf. »Ich muss Euch wirklich gekränkt haben. Tut mir leid.«
Sie wandte sich dem Waschbecken zu und in Ionasons Kopf rumorte es. Jetzt dachte sie, sie habe ihn gekränkt? Warum? Was hatte dazu den Anschein gegeben? Er hatte das Gefühl, nicht länger schweigen zu dürfen und räusperte sich. »Ihr habt mich nicht gekränkt. Nur manchmal verstehe ich Euch nicht«, sagte er versuchshalber. Sie warf ihm einen mitleidigen Blick zu. Vielleicht hielt sie ihn nun für vollends blöde?
»Setzt euch«, sagte sie leise und wies auf den Stuhl neben dem Waschbecken. »Ich werde vorsichtig sein und Euch nicht weiter verletzen.«
Er setzte sich hin, ohne zu wissen, was ihn nun erwarten würde. Doch als sie mit dem kühlen Wasser sein Gesicht benetzte, wusste er bereits, dass es ihm gefallen würde. Dann schloss er unwillkürlich die Augen, als sie sich mit der Klinge in der Hand seinem Gesicht näherte. Umso intensiver strömten andere Sinneseindrücke auf ihn ein. Die Seife auf seinem Kinn und seinen Wangen roch würzig und dazu mischte sich ein Geruch, der von ihr ausging und den er als angenehm empfand. Dann berührte etwas Kaltes und Scharfes seine Wange und er zuckte unwillkürlich zurück. Sofort drang ihre beruhigende Stimme an sein Ohr. »Nicht bewegen, schön ruhig bleiben, gut so…«
Ruhig, ganz ruhig. Er erinnerte sich. Wo hatte er diese Worte nur schon gehört? Er ließ sich von seinen Gedanken tragen zurück zu der Nacht, als er ein Mensch geworden war. Da war sie gewesen und hatte ihn beruhigt. Er schlug die Augen auf. »Du warst damals da, als ich verwandelt wurde«, sagte er unvermittelt.
Sie hielt in ihrer Arbeit inne und sah in den Spiegel, wo sich sein Gesicht scharf abzeichnete. Erstaunt schüttelte sie den Kopf. »Wovon redet Ihr?«
Er presste die Lippen aufeinander. Nein, sie war es nicht gewesen. Nur die Worte hatten ihn daran erinnert.
»Ich… ich hab mich geirrt«, murmelte er und schloss die Augen wieder. Sie lächelte milde und fuhr mit ihrer Arbeit fort. Als sie einige Minuten später fertig war und die Klinge spülte, sagte sie gut gelaunt: »So, jetzt seht Ihr wieder aus wie ein
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