Abiona - Das Bündnis (German Edition)
entstanden. Nun erzitterte er, als ein zweiter, kleinerer Tropfen ihn traf und anschließend machten sich die beiden vereinten Wasserfreunde auf den Weg, um zur breiten, nach unten weisenden Spitze des Blattes zu laufen, dort kurz zu verweilen und dann hinab zu fallen und zu sterben und die Welt, die sie in ihrem Inneren verborgen hatten, in tausend Sprenkel aufzulösen.
Tenkara wandte ihren Blick vom feuchten Steinboden ab, wo der Tropfen, den sie betrachtet hatte, eben zersprungen war und ließ den Blick zur Sonne gleiten. Dann gab sie Korkoran einen kurzen Befehl, berührte Shekowahs Stirn und löste sich anschließend in gräulichen Rauch auf. Korkoran trabte bereitwillig zu dem efeuüberrangten Eingang der Blauen Mine, bäumte sich schwach auf und ließ seinen Reiter dann unsanft zu Boden fallen. Shekowah, der gerade im Begriff war wach zu werden, sah nur noch, wie sein vorgebliches Pferd in Richtung Wald stob. Für einen Fluch oder eine reaktionsschnelle Fangaktion jedoch fehlte ihm für den Moment jede Klarheit im Kopf, und auch seine Beine fühlten sich taub und bleiern an.
»Schnell, Shek! Sie sehen dich sonst.« Falfarevs Kopf erschien im efeuumrankten Eingang der Mine und seine Hand winkte ihn aufgeregt zu sich.
»Was ist...«, stotterte der König verdattert. Doch Falfarev zog seinen Freund bereits energisch in den unterirdischen Stollen und schloss hektisch die Tür.
»Meine Güte, bin ich froh, dass du wieder da bist. Ich dachte schon, sie hätten dich erwischt!«
Shekowah biss die Zähne zusammen, als er einen scharfen Schmerz im Fußgelenk spürte und humpelte missmutig zum Tisch. »Es hat mich erwischt«, knurrte er und setzte sich mit schmerzverzerrtem Gesicht auf die Bank. »Ich weiß nicht, was in Toantuh gefahren ist! Er hat mich noch nie einfach so abgeworfen!«
»Es war nicht Toantuh, sondern ein Dämon, der dich abgeworfen hat«, erklärte Falfarev sachlich, während er dem König half, den Stiefel auszuziehen und sich den verletzten Knöchel besah. »Nur eine Prellung. In einigen Tagen bist du wieder genesen.«
»Au!«, entfuhr es Shekowah, als Falfarev das Gelenk leicht bewegte.
Falfarev lächelte mitleidig. »Wird schon. Ich lege dir einen Verband an.«
»Nein danke«, murrte der König und starrte den Künstler durchdringend an. »Ein Dämon sagst du? Erkläre!«
Falfarev legte Shekowahs Fuß vorsichtig auf einem niedrigen Hocker ab und trat an die Waschschüssel.
»Ja, Torfun war heute Nacht noch einmal bei mir. Er sagte, Tenkara würde dich zurückbringen, denn die Dunkle Herrscherin gab den Befehl, dich sofort zu töten, solltest du irgendwo auftauchen.«
»Aber was ist mit Eldana? Ich muss zu ihr!«
»Beruhige dich. Eldana weiß bereits Bescheid. Ich habe sehr gute Nachrichten.« Der Künstler setzte sich auf einen Stuhl und streckte entspannt die Beine aus.
Shekowah fasste ihn noch schärfer ins Auge. »Spann mich nicht so auf die Folter! Was ist es?«
Falfarevs Augen begannen zu leuchten. »Es ist Jack! Er weilt wieder unter uns! Tenkara hat ihn unten ausfindig gemacht und ihn mitgebracht. So sagte es mir zumindest Torfun. Allerdings muss Jack in seinen Körper zurückkehren, den er auf dem Weg nach unten irgendwo hat rumliegen lassen. Wenn er ihn wieder findet, kommt er zu uns zurück! Zunächst jedoch hatte er den Auftrag, Eldana hierher zu schicken.«
Shekowah legte die Stirn in Falten und griff nach den Weintrauben, die auf dem Tisch standen. »Davon glaube ich kein Wort.«
»Torfun lügt nicht!«, entgegnete Falfarev säuerlich.
»Ach nein? Und was werden die Dunklen behaupten, wenn Jack nie wieder auftaucht? Dass er seinen Körper nicht gefunden hat! Sehr schön und so einfach!«
Der König stand auf und zuckte zusammen, als sich sein Fußgelenk erneut schmerzvoll meldete. Auch Falfarev stand auf. »Ich weiß gar nicht, warum du dich aufregst! Immerhin haben wir so eine berechtigte Hoffnung, dass Jack noch am Leben ist. Was hätte es für einen Sinn, uns dies vorzuschwindeln?«
Shekowah antwortete nicht, sondern humpelte in Richtung Tür davon.
»Warte, wo willst du hin?«
»Zu Eldana!«
»Ach so ist das also!« Falfarev lächelte verschmitzt und brachte Shekowah damit zum Rasen. »Was heißt hier ‚ach so‘?!«
Falfarev kicherte. »Wenn jemand in deinem Zustand zu Fuß, ohne Pferd, am helllichten Tage und in Anbetracht einer Morddrohung von der Dämonischen Obrigkeit persönlich dennoch bereit ist, eine Frau aufzusuchen, dann ist das in meinen Augen
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