Abiona - Das Bündnis (German Edition)
Leidenschaft in ihr entfacht wurde und wie ihre geschriebenen Worte dann zu tanzen beginnen. Es ist, wie mit ihr zu sprechen oder zu streiten. Sie ist dann ganz da. – Ah, ich hätte sie damals zum Reden zwingen sollen!«
Jetzt schwieg Falfarev und zog die Stirn in Falten. Dann sagte er leise: »Es ist noch nicht zu spät. Sie wird kommen.«
»Ja«, seufzte Shekowah, »und davor habe ich Angst.«
Falfarev lächelte. »Warum, weil sie dann ganz da ist?«
»Nein, weil ich befürchte, dass sie NICHT ganz da ist.«
»Dann sag ihr das!«
»Was sollte das bringen?«
»Wenn du die Antwort darauf nicht weißt, werde ich nicht so dumm sein und sie dir zu verraten. Ehrlich, Shek, sei einmal ehrlich zu dir selbst.«
»Sie ist so anders. Sie ist…«
»…wie eine Seelenverwandte, die dir zeigt, was in dir steckt?«
Shekowah schaute den Freund an und es brauchte keine Worte, um sich gegenseitig zu verstehen. Er nickte stumm und beobachtete gedankenverloren einen Rauchkringel, der sich aus den lodernden Flammen löste und langsam verdichtete.
Solfajama
Robin schlief tief und fest und hatte seltsame Träume von feuerspeienden Kühen, die über ein brennendes Feld galoppierten. Auf der größten Kuh der Herde saß eine Frau mit strohgelben Haaren, die lachend die funkensprühende Herde antrieb und dabei etwas in einer fremden, wohltönenden Sprache rief. Doch das Bild verblasste und Robins Geist wanderte zurück in seinen Körper. Er nahm seine geschundenen Gliedmaßen wahr und die weiche Unterlage, auf der er gebettet lag, sowie die Wärme der Decke, die über ihm ausgebreitet worden war. Auch ein leises Geräusch drang in sein Bewusstsein, doch er konnte es nicht deuten: Es war ein kratzendes Scharren und Schleifen.
Robin blinzelte. Neben ihm, auf einem runden Kissen, saß Thuri, und was noch verwunderlicher war: Sie mahlte Mehl! In diesem Augenblick füllte sie gelbe Maiskörner in das kleine Loch des oben aufliegenden Rundsteines, als sich ihre Blicke trafen.
»Du bist wach, mein Gott, du bist wach!«, rief sie freudig aus, klopfte sich den Staub von den Händen und kroch auf allen Vieren auf ihn zu. Dann legte sie ihm liebevoll die Hand an die Wange. »Geht es dir gut?« , fragte sie besorgt.
Robin schaute in ihre grünbraunen Augen und brauchte eine Weile, bis er antworten konnte.
»Thuri«, sagte er mit belegter Stimme und versuchte sich aufzurichten, was ihm aber kläglich misslang. »Was ist geschehen?«
»Bleib liegen«, mahnte sie und ihr Blick streifte den Zelteingang, durch den das Licht der untergehenden Sonne hineinflutete und die bunten Teppiche, die irdenen Gefäße und die aufgehängten Kräuterbündel golden erstrahlen ließ. »Solfajama sagt, er will dich erst einmal untersuchen, wenn du wach bist.«
»Sol… was, wer will mich untersuchen?« Robins Blick wanderte rastlos durch das Zelt. »Wo sind wir hier, Thuri?«
Jetzt lächelte Thuri glückselig. Doch sie antwortete nicht, sondern küsste Robin nur sanft die Wange. »Du musst etwas trinken«, sagte sie stattdessen und wandte sich ab, um einen Becher mit Wasser zu füllen. Als Robin erneut versuchte, sich aufzurichten, half sie ihm und hielt ihm den Becher an den Mund. Das kiefernholzartige Aroma des Getränks überraschte ihn, und er trank gierig mehrere Schlucke. Anschließend ließ er sich zurück auf die Matte sinken.
»Ich weiß nicht genau, wo wir sind«, begann Thuri geheimnisvoll, während sie den Becher abstellte und sich wieder neben ihn setzte. »Sie nennen diesen Ort oder dieses Land Benawara, so hat es mir jedenfalls Solfajama erzählt. Er ist ein sehr alter Mann, der Wächter der Pforte am Tag. Du bist der Hüterin der Nacht begegnet, Monatom ist ihr Name.«
Bilder von einem sternenübersäten Nachthimmel schoben sich vor Robins inneres Auge und eine leise Stimme sang: »Schlafet, während sie hier wacht...«
Robin nickte in Erinnerung an jene Erscheinung und spürte, wie Thuris Hand abermals seine Wange streifte. »Ich erinnere mich«, sagte er leise und schloss für einen Moment die Augen, um sich das Gesicht der Alten in Erinnerung zu rufen. Aber sie blieb nur ein freundlicher Schatten mit einer Stimme, die wie das Plätschern eines alten Gebirgsbaches klang.
Robin öffnete die Augen und sein Blick fiel auf die Mahlsteine am Boden. »Warum hast du Korn gemahlen? Sind wir Gefangene oder so?«
Thuri lachte, wie sie es schon seit geraumer Zeit nicht mehr getan hatte und ihre Freude steckte Robin an, der wider Willen
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