Abitreff (German Edition)
seinem Michael
hinterher, obwohl dieser elende Stricher ihn nach Strich und Faden verarscht
hat: Räumt erst das gemeinsame Konto leer, macht sich dann aus dem Staub und
nimmt dabei auch noch die halbe Wohnungseinrichtung mit, während sein Freund im
Krankenhaus liegt!“
„Und deshalb müssen wir Stefan auch wieder aufbauen! Aber apropos Geld:
Hast du …“ Der Sohn der Wüste drehte sich plötzlich um. „… noch ein heimliches
Konto, von dem ich nichts weiß?“
Der an den Schläfen ergraute Beamte stutzte. „Wie kommst du denn jetzt
darauf?“
„Da hat heute ein Typ für dich angerufen und sich mit Deutsche Bank
Dresden gemeldet. Den Namen habe ich zwar nicht richtig verstanden, aber
irgendetwas mit E.“ Arabische Augen funkelten ihn an.
Der Kommunalbeamte zog den Koch zu sich heran, küsste ihn
leidenschaftlich. „Das kann nur Elmar gewesen sein, denn … außer ihm kenne ich
niemanden aus Dresden.“
„Und wer ist dieser Elmar?“ Hörte man da Eifersucht? „Etwa ein Ex von
dir?“
Matthias strich seinem Liebsten durch das fast schwarze Haar, das bis
zu seinen Schultern reichte. „Wir sind zwar ein paar Mal im Bett gelandet, aber
das ist schon Jahre her. Elmar kenne ich schon seit der Grundschule, haben
später zusammen Abi gemacht. Eigentlich ist er ein ganz lieber und netter
Mensch, aber auch eine Schrankschwuchtel, wie sie im Buche steht.“
„Und wieso ruft er dich jetzt an? Will er etwa wieder mit dir …“ Cihad
war nun eindeutig gereizt.
Der Brillenträger atmete tief durch, nur gut, dass der feurige Araber
eine Minute vorher das Messer beiseitegelegt hatte. „Es geht wohl um das Klassentreffen
am Samstag, haben ja silbernes Jubiläum. Wenn du es genau wissen möchtest, ich
habe ihn seit fast vier Jahren nicht mehr gesehen.“
„Und warum nicht?“ Der Mann aus dem Antiatlas hatte sich anscheinend
wieder gefangen.
Der Angesprochene zuckte nur leidenschaftslos mit den Schultern. „Er
lebt mit Frau und Kind in Sachsen, also nicht gerade um die Ecke. Außerdem …
ich war ja schon eh immer etwas offener mit meiner sexuellen Orientierung, aber
Elmar? Elmar konnte oder wollte wohl vielleicht nicht aus dem selbst gemauerten
Gefängnis heraus und hat daher das gemacht, was seine ach so treu sorgenden
Eltern von ihrem ach so wohlerzogenen Sohn erwartet haben: Bundeswehr,
Banklehre, Hochzeit, Eigenheim … die traute Familienidylle halt!“
„Und das im modernen Europa? Ich dachte schon, nur bei uns Arabern
bestimmt die Familie über das Liebesleben ihrer Kinder.“ Man konnte eine
leichte Resignation in seiner Stimme hören.
Ein gequältes Lächeln huschte über das Gesicht des Staatsdieners. „Wo
denkst du hin? Wir leben in einer von Landwirtschaft geprägten Stadt, zudem
noch ziemlich katholisch! Als meine Eltern 1972 hier gebaut haben, war ich der
erste Evangele im katholischen Kindergarten und auch einer der ersten Schüler,
die die damals noch katholische Grundschule im Dorf aufnehmen musste, sonst
hätte man ihr die staatliche Förderung gestrichen. Elmars Cousine Petra, die
nur drei Straßen von uns entfernt wohnte, durfte plötzlich nicht mehr mit uns
fahren, nur weil unsere Mütter mal gemeinsam vor dem Schulhof standen und auf
uns warteten. Bei dem Gespräch kam heraus, dass wir ein anderes Gesangbuch
haben. Ewiggestrige gibt es auch hier, zwar nicht mehr ganz so viele wie
damals, aber es gibt sie leider immer noch!“
„Und wie kam es, dass ihr dann doch … im Bett gelandet seid?“ Jetzt
sprach eindeutig die Neugier.
Matthias rieb sich das Kinn, längst verschwunden geglaubte Erinnerungen
kamen wieder hoch. „Das war 1992, beim zweiten Abi-Treffen, nach fünf Jahren.
Der Wirt hatte irgendwann die Hähne hochgedreht, wollte wohl Feierabend machen.
Aber wir wollten mit ein paar Leuten noch weiter um die Häuser ziehen, unser
Wiedersehen feiern. Im Taxi ging er mir das erste Mal an die Wäsche, aber das
hätte ja auch noch Zufall sein können, wir saßen schließlich zu dritt hinten.
Auf dem Klo im Jonathan hat er mir beim Pissen an den Schwanz gefasst und
später, im Blueberry, kam dann sein überraschendes Geständnis, dass auch er …“
Der Araber ließ von seinen Vorbereitungen ab. „Und da seid ihr im Bett
gelandet?“
„Nein, nicht direkt. Wir haben zwar etwas gefummelt und er ist auch
gekommen, aber ich hatte an dem Abend eindeutig zu viel getrunken, bei mir lief
also nichts mehr.“ Sanft
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