Abitreff (German Edition)
Bodenfliesen an. „Denn
ich weiß echt nicht, ob ich morgen noch den Mut aufbringen würde, dich
anzurufen.“
„Kein Thema, ich warte dann draußen … vor dem Studio.“
Cihad stieg in seine Jeans.
Cem blickte ihn verwundert an. „Wieso?“
„Es kann ja durchaus sein, dass du, der stolze Türke, nicht
mit dem schwulen Araber gesehen werden möchtest. Was sollten deine Leute
sagen?“ Er kniff ihm grinsend ein Auge zu.
Der Angesprochene stutzte kurz, schüttelte dann aber den
Kopf. „So schlimm ist das auch wieder nicht. Erstens ist kaum einer da, der was
sagen könnte, und zweitens, wer kann schon etwas dagegen haben, wenn zwei
Muslime gemeinsam zum Fastenbrechen gehen? Und genau das werde ich auch gleich
meiner Mutter erzählen, wenn ich sie anrufe. Ich brauche ja einen Grund, warum
ich noch nicht nach Hause komme.“
„Du bringst mich auf eine Idee!“ Der Berber zog sich sein
Shirt über. „Ich warte dann am Tresen.“
Als er sein Wasser, das er vor dem Training getrunken hatte, bezahlt
hatte, griff der Student nach seinem Mobilknochen und drückte die Kurzwahl
Zwei; Matze Mobil. Nach zweimaligem Läuten nahm sein Gatte ab. „Hallo Schatz!
Na, wie war dein Sport?“
„Ganz gut, Engelchen! Wo steckst du gerade?“
„Ich bin gerade rein und warte auf dich, Habibi. Oder soll ich dich
abholen?“
„Nein, ich habe eine Mitfahrgelegenheit.“ Der Mann aus dem Antiatlas
räusperte sich. „Aber mit der … mit der komme ich gleich zum Fastenbrechen.“
Man konnte deutlich hören, wie Matthias scharf die Luft einsog. „Du
kommst was? Und mit wem?“
„Du kennst Cem? Den Türken aus der Spinning-Klasse?“
„Ach, du meinst den Süßen, der bei der Volksbank arbeitet? Ungefähr
eins achtzig …“ Es folgte eine kurze Personenbeschreibung, Matthias war halt
ein sehr guter Beobachter.
„Genau den! Er hat sich mir gegenüber gerade geoutet und will nun etwas
reden.“ Der Berber wirkte gelöst. „Könntest du zwei Pizzen in den Ofen
schieben? Ich hab ja nichts vorbereitet.“
Matthias atmete tief durch, denn jetzt durchkreuzte sein Gatte seine
Pläne; er hatte sich schon so auf den Kamelritt gefreut. „Mache ich, Shamsi,
mache ich, aber … es werden drei Teigscheiben werden, denn ich habe nämlich
auch noch nichts gegessen, außer einer Currywurst nach dem Besuch des
Staatsanwalts. Aber könnt ihr noch beim Penny am Ligusterpark anhalten?“
„Warum sollten wir?“ Die Verwunderung war nun aufseiten des Berbers.
Der Kommunalbeamte grinste. „Wir haben keine Datteln mehr im Haus,
Amiri. Und wenn schon jemand zum Fastenbrechen kommt, dann solltest du auch ein
guter Gastgeber sein, oder?“
„Du denkst einfach an alles!“ Cihad lächelte, denn die Palmenfrucht
dient oft als Auftakt eines abendlichen Mahls im Ramadan.
Keine 20 Minuten später saßen die drei Männer um den Wohnzimmertisch
versammelt und begannen, die Pizzen zu vertilgen. Die Stimmung konnte man
durchaus als merkwürdig bezeichnen: Cem, im Studio noch voller Tatendrang und
Elan, erschien jetzt irgendwie bedrückt und verschlossen; das Gespräch stockte
mehr als es lief. Matthias beendete als Erster sein Mahl. „So, ich werde euch
jetzt verlassen, damit ihr ungestört reden könnt, denn … alte Leute stören bei
solchen Gesprächen.“
„Quatsch! Cihad wird dir sicherlich schon erzählt haben, weshalb ich
hier bin.“ Der Banker blickte ihn verschüchtert an. „Und wenn nicht, wird er es
spätestens dann tun, wenn ich wieder weg bin, also … du kannst ruhig bleiben.“
„Cem, ich danke dir für dein Vertrauen. Ich weiß, dass das, was du
jetzt vorhast, nicht einfach für dich sein wird, aber glaube mir: Hinterher
wird es dir besser gehen.“ Matthias griff nach seinem Weinglas.
Der Banker stutzte. „Oder ich werde tot sein!“
„Nicht so pessimistisch, junger Freund.“ Der städtische Controller
legte seinen Kopf schief, schaute den jungen Türken intensiv an. „Ein
Geständnis führt nicht zwangsläufig zur Todesstrafe und was hast du schon groß
zu gestehen? Du bist kein gewalttätiger Massenmörder, du stehst nur auf Männer
und das kommt in den besten Familien vor und führt manchmal sogar bis hin zum
Rauchen. Von daher? Du brauchst also nichts Schlimmes zu befürchten.“
„Aber ich verrate meine Familie und werde hinterher alleine sein!“ Er
zögerte etwas. „Ich glaube, es ist besser, wenn ich jetzt
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