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Abitreff (German Edition)

Abitreff (German Edition)

Titel: Abitreff (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Darius von Benin
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strich er seinem Liebsten über die Wange. „Auf seinem
Rückweg hat er dann – nach sieben Kilometern Fahrt – eine Pause bei mir
eingelegt und da ist es dann passiert: Zwar nicht so romantisch, wie man das
üblicherweise in Romanen lesen kann, aber wir waren beide befriedigt.“
     
    „Dann hast du also seit 20 Jahren eine Affäre mit ihm?“ Cihad pürierte
die Kichererbsen mit dem Zauberstab, daher bekam die Suppe ihre Cremigkeit.
„Wann wolltest du mir das erzählen?“
     
    „Amiri, da gibt es nicht viel zu erzählen: Zu einer Affäre gehören nun
mal immer zwei Personen und ich bin keiner der Beteiligten! Gut, Elmar hat mich
ab und an besucht, wenn er hier bei seinen Eltern war und ich Zeit und Lust
hatte, aber mehr ist da wirklich nicht gelaufen: Es war nur Sex, nicht mehr!“
Matthias bemühte sich um Schadensbegrenzung, auch wenn er sich selbst keiner
Schuld bewusst war. „Wenn es hochkommt, waren es elf oder zwölf
Schäferstündchen in den ganzen Jahren. Was meinst du, wie angepisst er beim
letzten Treffen vor fünf Jahren reagiert hat, als ich ihm sagte, wir könnten
diesmal nicht Bienchen und Blümchen spielten: Ich war da ja noch mit Jens
zusammen und in einer Beziehung bin ich treu, wie du weißt!“
     
    „Ich weiß, Shamsi, deshalb liebe ich dich ja auch, denn wir machen
alles gemeinsam.“ Ihre Lippen berührten sich nur kurz, denn die Suppe blubberte
kräftig.
     
    „Ich dich auch!“ Ihre Hände umschlossen einander. „Und, ob du es
glaubst oder nicht, aber seit dem letzten Treffen herrscht mehr oder minder
Funkstille zwischen uns, es sei denn, du betrachtest eine E-Mail zum Geburtstag
oder eine Weihnachtskarte als Beweis meiner Untreue.“
     
    „ Wallahi ! Lass uns den Typen einfach
vergessen!“ Ein erneuter Kuss erfolgte, diesmal nur länger.
     
    „Können wir machen, aber …“ Matthias grinste den Studenten
der Arabistik an. „… aber du kannst ihn gerne auch persönlich kennenlernen, ich
habe keine Geheimnisse vor dir.“
     
    „Von Partnern stand aber nichts auf der Einladung zu deinem
Abi-Treffen.“ Verwunderung lag in den arabischen Augen. „Wie soll ich ihm dann
begegnen?“
     
    „Ganz einfach: Du spielst am Samstag Taxi und holst mich einfach ab!“
     
    +++
     
    Zwei Tage später, am Donnerstag, frühstückte der oberste
Rechnungsprüfer der Stadt zum ersten Mal seit Monaten wieder alleine, Matthias
hatte es einfach nicht übers Herz gebracht, seinen Prinzen aus dem Morgenland
zu wecken. Normalerweise nahmen sie gemeinsam die erste Mahlzeit des Tages ein
und verließen dann auch zusammen das Haus. Matthias setzte Cihad am Bahnhof ab,
damit dieser zur Uni kam, er selber fuhr weiter in sein Büro.
    Der Kleine, wie er den hochgewachsenen Berber gerne bezeichnete, hatte
sich die Ruhe aber redlich verdient: Die vorlesungsfreie Zeit hatte zwar schon
vor zwei Wochen begonnen, aber gestern hatte er seine letzte Klausur
geschrieben. Da der Student jedoch ab Montag ein sechswöchiges Praktikum bei
der Deutsch-Arabischen-Kulturgesellschaft antreten würde, sollte er die Zeit
bis dahin noch einmal richtig ausspannen.
     
    Am späten Vormittag erwachte Cihad, die Müllabfuhr war mal wieder
lauter als nötig gewesen. So sehr er auch nach seinem Bettnachbarn suchte,
dessen Lagerstatt war leer und verwaist. Langsam stand er auf und machte sich,
wie Allah ihn erschaffen, auf ins Badezimmer, um sich zu erleichtern. Dann
führten ihn seine Schritte in Richtung Küche, denn neben Kaffeedurst verspürte
er ein flaues Gefühl in der Magengegend, profan auch Hunger genannt: Zwei Weißbrotscheiben
wanderten in den Toaster und ein Ei in den Eierkocher.
    Es war Ramadan: Wäre er ein gläubiger Muslim gewesen, so wäre ihm, wenn
er sich richtig erinnerte, selbst der Verzehr trockenen Brotes um diese Uhrzeit
verboten gewesen, aber er war alles andere als fromm. Gut, er glaubte zwar an
ein göttliches Wesen, aber die Art und Weise, wie der Glaube seiner Väter ihn
behandelt hatte, ließ ihn auch jetzt noch, nach über drei Jahren,
zusammenzucken und wütend werden. Was ist das für eine Religion, die das
Verhalten eines Menschen in den Vordergrund rückte, den Menschen selber aber
außen vor ließ? Er liebte nun einmal Männer, konnte mit der weiblichen Hälfte
der Weltbevölkerung nichts anfangen, jedenfalls nicht im sexuellen Sinne.
    Wäre er in Tazemmourt, seinem Heimatdorf in der Provinz Taroudannt,
geblieben und hätte dort nur die einfache Dorfschule besucht, sein Weltbild
würde heute

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