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Abonji, Melinda Nadj

Abonji, Melinda Nadj

Titel: Abonji, Melinda Nadj Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tauben flieggen auf
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sprachlos, wir können
nicht einmal "nein" sagen.
    Ihr kriegt mich nicht tot, das
war die Antwort eures Vaters, und er hat angefangen, den Schwarzmarkt zu
beliefern, was weiss ich, wie er zu den Waren kam, die er da angeboten hat, und
wieder hat es gut funktioniert, man wusste, der Miklós bringt gute Ware, für
viele war er ein Held, der Motor kommt, hiess es, euer Vater auf dem Motorrad.
    Fast hätte ich jetzt Ibolya
vergessen, mit Ibi, wie sie sie alle nannten, ging es nicht besser, im Park hat
euer Vater übernachtet, auf der Bank, am Flussufer, bei einem Freund, überall,
aber fast nie zu Hause. Manchmal kam er zu mir, da war es meistens schon früher
Morgen, mein Junge, habe ich zu ihm gesagt, was ist los, nichts, hat er
geantwortet, und einmal, es war Februar und es lag mindestens ein halber Meter
Schnee, da setzte er sich zum Ofen, rieb sich die Hände, die Ibi kriegt ein
Kind, sagte er und schaute mich nicht einmal an. Du wirst Vater, habe ich
gesagt, nach einer Schreckensminute, weil mir der Miklós so gefühllos vorkam,
warum habt ihr es so schwer, du und Ibolya? Sie lebt in ihrem Kopf, hat Miklós
gesagt, und ich bat ihn, mehr zu erzählen, aber er schwieg.
    Er hat nichts mehr erzählt?
    Gar nichts, und Mamika erhitzt
das Fett in der Pfanne, dünstet die Zwiebeln mit ein bisschen Salz, wir müssen
die Suppe aufsetzen, sonst gibt's nichts, wenn eure Eltern zurückkommen, Nomi,
die Mamika die Schüssel mit dem geputzten Gemüse hinhält, die Bohnen,
Karotten, Petersilienwurzeln, und ich hole kaltes Wasser, reiche Mamika die
Kanne, das zischende Geräusch, als Mamika das gedünstete Gemüse aufgiesst, so,
und jetzt muss ich mich einen Moment lang hinsetzen, Mamika, die sagt, sie habe
sich beim Erzählen so verloren in diese Ereignisse, die weit zurückliegen, und
jetzt seien sie wieder da, als gehörten sie in die heutige Suppe, und Mamika
lacht, reibt sich ihre graublauen Augen.
    Janka wurde am ersten
Oktobertag geboren, es war ein ungewöhnlich warmer Tag, und an diesem Tag hat
Onkel Móric eurem Vater einen Stuhl über dem Kopf zerschlagen, weil er bei
einem Freund sass, betrunken, ungewaschen, er hat ihn gepackt, am Kragen, an
den Haaren, an den Ohren, er hat auf ihn eingeredet, ihn geküsst, ihn
angefleht, aber euer Vater war schon lange bewusstlos. Ibolya lag auf der
Entbindungsstation und Miklós bei den Männern, er hatte eine schwere
Kopfverletzung, ich habe ihm die Krone aufgesetzt, sagte Móric, und wisst ihr,
was ich getan habe?, ich habe ihm eine gelangt, es ist genug, so habe ich
geflucht, du benimmst dich wie ein schlechter Herrgott, ab jetzt lässt du den Miklós
in Ruhe. Der Móric hat dann lange nicht mehr mit mir gesprochen, und ich war
überzeugt, dass der Móric und der Miklós sich nie mehr aussöhnen würden, was
dann auch lange genug gedauert hat.
    Eurem Vater habe ich ins
Gewissen geredet, er könne Ibi nicht so sitzen lassen mit dem Kind, er solle es
nochmals mit ihr versuchen, und er hat mich angeschaut mit dem verbundenen
Kopf, für Sie werde ich das tun, hat er gesagt; und er hat aufgehört zu
trinken, er wurde nicht mehr gesehen, draussen, nachts, und ich habe den
Herrgott gefragt, wie lange das dauern wird, nicht lange, ich wusste es, ein
paar Monate hat es gedauert, dann hat der Miklós die Ibolya endgültig
verlassen, die Scheidung eingereicht.
    Ihr müsst mir jetzt etwas
versprechen, und Mamika, die Nomis Hand nimmt und meine, unsere Hände, die
ineinander liegen, ihr dürft nicht vergessen, dass ihr eine Schwester habt,
mehr will ich gar nicht sagen, meine Mädchen, irgendwann werdet ihr mich
verstehen.
    Miklós war der erste in der
Familie, der sich hat scheiden lassen, und wisst ihr, scheiden hiess, sich mit
der ganzen Gemeinschaft anlegen. Schon wieder. Und ich hätte ihn am liebsten
gevierteilt, so wütend war ich auf euren Vater, vor allem deshalb, weil es
nicht lange ging, da hiess es, der Miklós habe eine andere.
    Unsere Mutter?
    Ja.
    Eine, so hiess es, aus der
armen Gegend. Ich hatte noch nie etwas gegen Arme, sagt Mamika, aber jetzt
schon, ich war gegen sie, gegen diese neue Frau, es hiess, eine Schöne mit
einem schlechten Ruf. Auch das noch, dachte ich, wenn sie wenigstens hässlich
wäre, der Miklós lässt sich blenden, schon wieder, habe ich gedacht. Es war
eine schwierige Zeit für mich, ich habe mir nicht mehr zu helfen gewusst, aber
da hat mich mein Papuci besucht, in einer Nacht, er hat sich auf mein Bett
gesetzt, und stellt euch vor, er trug seinen

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