Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Abonji, Melinda Nadj

Abonji, Melinda Nadj

Titel: Abonji, Melinda Nadj Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tauben flieggen auf
Vom Netzwerk:
gleichzeitig die Kartoffeln in
Hälften, schauten mich bloss an mit blöden Gesichtern, anders könne sie es
nicht nennen, und haben geschwiegen. Die haben mir etwas verheimlicht, sagt
Mamika, keine Banalität, sondern etwas ganz Grundsätzliches, und ich habe nie
herausbekommen, was es war. Eure Tante Manci, die mich einmal, als wir uns
zufällig auf dem Friedhof getroffen haben, zu einem Kaffee eingeladen hat, an
einem Tag, wo der Wind zu warm war, Tante Manci schenkte Kaffee ein, ihre
Zunge drehte sich so schnell, dass ich davon und von diesem Wetter Kopfweh
bekam, mein Kopf platzt jetzt dann, liebe Manci, dann kannst du deine Wörter
wieder einsammeln, habe ich gesagt, vor lauter Erschöpfung, und wisst ihr, was
sie dann gesagt hat, einfach so, ohne Ankündigung? Der Móric sei in diese Ibi
verliebt gewesen, das sei doch sonnenklar, aber er sei halt schon mit ihr
verheiratet gewesen, und weil das so gewesen sei, habe er sich als Ehrenretter
aufgespielt, aber mit Ehre undsoweiterundsofort habe das nichts zu tun, sie
habe da ihre Kontakte, und der Miklós, der habe, als er das selbst gemerkt
habe, seinem grossen Bruder eins auswischen wollen, und sie verstünde das, dem
Móric müsse man, wenn man jeden Tag mit ihm zu tun habe, irgendwann mal eins
auswischen, das wünsche sie sich schon lange. So, und was bist du für eine,
wenn du der Mutter deines Mannes so etwas erzählst, habe ich zu Manci gesagt,
und ich war dann überrascht, was mir die Manci geantwortet hat, das ist mir
lange im Ohr geblieben, nämlich, gegenüber ihrer Mutter hielten die Geschwister
wie Pech und Schwefel zusammen, aber sie, die Ehefrau, sei ja ein blindes,
stummes Ding, dem man alles erzählen könne, die ganze Wahrheit. Welche
Wahrheit, habe ich Manci gefragt. Mamika, jetzt wollen Sie, dass ich mich
versündige, aber das tue ich nicht. Sie haben mir soeben noch gesagt, ich hätte
schon genug geplaudert, von mir erfahren Sie nichts mehr!
    Es ist sicher so, sagte
Mamika, zwischen Ibolya, Móric und Miklós gibt es irgendein Geheimnis, das ich
nicht kenne, und manchmal war ich darüber beunruhigt, vor allem deshalb, weil
alles unverändert weiterging, Miklós hat gearbeitet, hat sein Geld versoffen,
und wenn ich sage, dass er gearbeitet hat, heisst das, ja, er hat gearbeitet,
aber nie lange an einem Ort, sie haben ihn überall rausgeschmissen, nach ein
paar Wochen, allerhöchstens nach drei, vier Monaten. Auf der Geflügelfarm in
Csóka hat er an einem Tag fast doppelt so viel gearbeitet wie alle anderen,
versteht ihr, meine Mädchen, und Mamika wischt sich ihre Hände an der Schürze
ab. Sein Chef hat ihn zu sich zitiert, Miklós, brennst du durch?, du weisst,
wie viel das Soll beträgt, warum arbeitest du wie ein Verrückter? Ich bin
verrückt, hat mein Sohn geantwortet, ich arbeite, soviel ich kann. Gut, dann
kannst du gehen. Eine von vielen Geschichten, und Miklós war vielleicht Mitte
zwanzig, da wollte ihn niemand mehr anstellen, hier in der Gegend, und da fing
euer Vater an, tageweise, stundenweise zu arbeiten, er hat in den Geschäften
ausgeholfen, wenn jemand krank war, und die Leute holten ihn zu sich, weil der Miklós
bekannt dafür war, dass er die besten Würste macht und am schnellsten arbeitet,
innerhalb kürzester Zeit hatte er eine grosse Kundschaft, es gab niemanden, der
Miklós nicht kannte, man war eben auch neugierig auf einen, der sich mit allen
anlegte, also mit allen Offiziellen. Eine Zeit lang ging das gut, Miklós hat
eine Menge Geld verdient, damit hat er sich ein Motorrad gekauft, nicht
irgendeines, sondern eines aus dem Westen, aus Deutschland, und niemand wusste,
wir er das geschafft hatte in so kurzer Zeit, und wieder war Miklós eine
Ausnahmeerscheinung, und Mamika nimmt die Brille von der Nase, putzt sie mit
der Schürze, und Nomi sagt, das Motorrad, ja!, wir haben ein Foto in unserem
Album, da sitzt Vater auf einem Motorrad, mit einem schicken Anzug, er hat die
Arme verschränkt, hält eine Zigarette zwischen den Fingern und lacht, er lacht
so, als wäre er glücklich. Ja, sagt Mamika, das Motorrad war sein grosses
Glück.
    Dann hat er Arbeitsverbot
gekriegt, man drohte den Leuten, die Miklós zu sich holen würden, mit hohen
Geldstrafen, es hiess, Miklós sei ein Konterrevolutionär, irgendein
Dahergelaufener behauptete, Miklós verteile in den Häusern Flugblätter, stifte
die Leute an, den Sozialismus zu sabotieren. Solche Dinge, sagte Mamika, könnt
ihr euch das vorstellen?, und Nomi und ich, wir sind

Weitere Kostenlose Bücher