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Abonji, Melinda Nadj

Abonji, Melinda Nadj

Titel: Abonji, Melinda Nadj Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tauben flieggen auf
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Sonntagsanzug, mit dem wir ihn
beerdigt hatten, Mamika, die sich bekreuzigt, im Namen des Vaters, des Sohnes
und des Heiligen Geistes; ich habe dich nicht erwartet, mein Vincent, habe ich
gesagt, aber er hat nichts gesagt, euer Grossvater, er hat mir seine Hände
hingehalten, und ich habe einen Moment lang gezögert, soll ich einem Geist
meine Hände geben?, so ging es mir durch den Kopf, aber dann habe ich es getan,
und die Hände meines Papuci waren so warm, das kann ich euch gar nicht
beschreiben, meine Mädchen, womöglich sass ich die ganze Nacht aufrecht im
Bett, ich kann es euch nicht sagen, aber irgendwann merkte ich, dass mich
fröstelte und Papuci verschwunden war.
    Aber einen Geist kann man doch
nicht anfassen, sagt Nomi, wenn man ihn anfassen will, dann ist er wie Luft,
Nomi, die mit einer Hand ins Leere greift; ich weiss nicht, wie die Geister im
Allgemeinen sind, mir ist der Papuci erschienen, und er war warm, vielleicht
war er warme Luft, sagt Mamika, das ist nicht ausgeschlossen, Mamika, die im
Topf rührt, eine Bohne herausfischt, so, jetzt können wir die Kartoffeln
dazugeben.
    Ich habe jedenfalls am
nächsten Tag meinen Schatten gesehen, neben dem Ziehbrunnen, ich habe gedacht,
Anna, was hast du für einen grossen Schatten, und wisst ihr, ich habe plötzlich
gewusst, dass ich einen Schritt tun muss in eine Richtung, die mir eigentlich
zuwider ist.
     
    Mamika, die Miklós eingeladen
hat, ihn und seine Geliebte; Vater und Mutter sind gekommen, sie haben sich an
Mamikas Tisch gesetzt, Mutter, Rózsa, die Kaffee mitgebracht hat, eine Stimme
und Augen, ich hatte sie sofort gern, erzählt Mamika. Und ein paar Monate
später sind Miklós und Rózsa weggezogen, in eine andere Stadt. Wegen Ibolya?
    Vielleicht auch, aber Miklós
und Rózsa wollten neu anfangen, und an einem neuen Ort geht das sicher
einfacher. Und das Gerede war, na ja, wie soll ich sagen, in dieser Zeit habe
ich gelernt, dass es Menschen gibt, die liefern Gesprächsstoff, und die
andern, die brauchen ihn. Wie halten Sie so einen Sohn aus, wurde ich gefragt,
reden Sie überhaupt noch mit ihm. Nach solchen Fragen habe ich immer zuerst
meine Brille abgenommen, einen Moment lang gewartet, und meistens habe ich dann
gesagt:
    Was würdest du mich jetzt
fragen, wenn mein Sohn nicht wäre, und Mamika gibt einen grossen Löffel Fett in
die Bratpfanne, das ist doch eine gute Antwort, findet ihr nicht? Ich glaube,
es ist gut, dass ihr jetzt mehr über euren Vater wisst, Mamika, die das Mehl im
Fett zum Schäumen bringt, die Pfanne vom Feuer nimmt, bevor sie süssen Paprika
dazugibt, ich bin überzeugt, dass jeder Mensch mehr als ein Gesicht hat, und
euer Vater, der hat fünf Gesichter, vielleicht hat er auch mehr, und Mamika
rührt die Schwitze langsam in die Suppe ein, ich jedenfalls habe fünf Mal in
meinem Leben gedacht, jetzt kenne ich ihn schon wieder nicht (und ich, die
Mamika in die Augen schaut, Ildi, du fragst dich, wie viele Gesichter ich
habe?, ich weiss es nicht, das musst du mir sagen, verraten Mamikas Augen),
eure Eltern haben ein kleines Lebensmittelgeschäft geführt, und da haben sie
den Sändor kennengelernt, der schon mit seiner Frau in der Schweiz lebte, und
der Sändor hat eure Eltern auf die Idee gebracht, in die Schweiz auszuwandern
und nicht, wie ursprünglich geplant, nach Australien. Nach Australien?
     
    Wörter wie
     
    Wir müssen besser werden, sagt
Mutter an einem Tag Ende Februar, schneller vor allem, und jetzt wird auch
alles besser in der neuen Besetzung, sagt sie, wir fangen nochmals neu an, ja?,
und wir besprechen, wer wem hilft während den heiklen Zeiten, und die heiklen
Zeiten sind zwischen neun und halb zehn, während der Mittagszeit von zwölf bis
eins und nachmittags so gegen halb vier bis etwa halb fünf; wir sitzen zu Hause
am Wohnzimmertisch, essen saure Gurken, scharfe Salami, Brot, Joghurt, Mutter,
die während dem Essen eine Liste schreibt mit den wichtigsten Punkten, die wir
beachten müssen, im Service, im Buffet, in der Küche, Nomi, die meint, wir
sollten es nicht übertreiben, auch wenn nicht alles perfekt geklappt habe, sei
unser Start doch ganz gut gewesen. Genau, Nomi hat Recht, sagt Vater und
schneidet mit dem grossen Fleischmesser hauchdünne Scheiben von der Salami
(und ich würde Vater am liebsten sagen, wie gern ich ihm zusehe, wenn seine
Hände so ruhig und sorgfältig arbeiten), Mutter, die nach einer Scheibe langt,
uns dann alle der Reihe nach anschaut und einen Satz sagt, den sie in

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