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Abonji, Melinda Nadj

Abonji, Melinda Nadj

Titel: Abonji, Melinda Nadj Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tauben flieggen auf
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war das, und warum hat er
unsere Mutter kennengelernt? Und warum hat Gott die Welt erschaffen, sagt
Mamika, lacht, richtet sich ihr Kopftuch, nicht ganz einfach, das zu erzählen,
sagt sie, kommt, das reicht schon fürs Mittagessen, ihr helft mir beim Kochen,
und ich erzähle euch etwas über Miklós, das, was ich weiss, und so viel ist das
nicht.
    Wir stehen um den winzigen
Tisch in Mamikas Küche, neben dem Gasherd, Mamikas Küche, die gleichzeitig auch
ihr Badezimmer ist, ein Lavabo mit einem winzigen Spiegel, eine Wanne mit
Füsschen, die Mamika aber nie benützt (die reinste Wasserverschwendung), und
unter der Wanne steht der blaue Nachttopf, in den wir manchmal nachts
reinpinkeln, wenn wir uns nicht aufs Klo trauen, und zwischen der Wanne und dem
Lavabo ist ein Fenster, das im Sommer meistens offen steht, ein am rechten unteren
Eck gerissenes Moskitonetz, durch das die Mücken schlüpfen, ich muss doch
endlich diesen Durchgangsverkehr unterbinden, meint Mamika, ihr Küchen- und
Badezimmerfenster, das ich "mein schönes Fenster" nenne, weil ich da
zum ersten Mal, an einem frühen Morgen, gesehen habe, wie schön das Licht sein kann,
wenn es auf den Flickenteppich leuchtet, in eine ficke des Spiegels hinein; wir
schälen Kartoffeln, putzen Petersilienwurzeln, und Mamika erzählt uns von
Vater, von ihrem Miklós, und ich weiss gar nicht, ob es recht ist, weil er euch
ja offenbar nichts erzählt hat über seine erste Frau, aber warum sollt ihr das
nicht wissen?, und während Mamika gleichmässig und ruhig spricht, schaut sie
immer wieder Nomi an, mich, als müsste sie prüfen, ob sie ihre Erzählung
fortsetzen kann.
    Und so erfahren Nomi und ich,
dass Vater irgendwas mit einer Frau anfing, die Ibolya hiess, nur die
Ansichten, was Vater mit ihr hatte, gingen auseinander. Onkel Móric
behauptete, Miklós habe sie angefasst und geküsst, nach einem Tanzabend, Miklós
müsse jetzt konsequent sein und Ibolya heiraten, Onkel Móric, der nach dem
frühen Tod von Grossvater, von Papuci, das Familienoberhaupt war, etwas, das
Vater nie akzeptieren wollte, warum soll einer, nur weil er mein Bruder und
sechs Jahre älter ist, über mein Leben bestimmen? Ibolya sagte, Miklós habe sie
geküsst, aber sie wolle daraus keine Geschichte machen, sie sicher nicht, wenn Miklós
sie nicht wolle, stünde sie ab von ihrem Recht und die Sache sei damit für sie
erledigt. Miklós tobte, war wütend, was sich der Móric wieder einmische, der Móric
kenne wahrscheinlich den Unterschied nicht zwischen Händchen halten und küssen,
obwohl er ja schon längstens verheiratet sei, er jedenfalls wisse, was mit
Ibolya vorgefallen sei, die Zigaretten hätten ihm geschmeckt, der Schnaps sei
gut gewesen, und sie habe feine Hände, das sei schon alles (ihr wisst ja auch,
wie euer Vater reden kann), also, es war nie klar, was da genau vorgefallen
ist, und irgendwie schien sich die Sache zu verlaufen, aber dann, ein paar
Monate später, setzte sich Miklós hier in meine Küche und sagte, er wolle die
Ibolya heiraten, Mamika, die Vater gefragt hat, ob sie sich wieder versöhnt
hätten und ob er sich denn in seiner Entscheidung sicher sei, Vater, der
aufgestanden ist, um sich die Hände zu waschen, er kam gerade von der Arbeit,
und als er sich dann wieder hinsetzte, sagte er, Ibolya und er hätten sich
einfach aus den Augen verloren, und beim letzten Jahrmarkt seien sie sich
wieder über den Weg gelaufen, und ja, er habe sich in sie verliebt, seine
Entscheidung stehe fest. Wenn du meinst, sagte Mamika, ich will dir sicher
nicht im Weg stehen.
    Ein paar Monate nach der
Hochzeit ging Vater immer seltener nach Hause. Er betrank sich, wo auch immer,
bei Freunden, nach der Arbeit, Onkel Móric suchte ihn, prügelte ihn nach Hause,
weisst du nicht, wo der Platz eines verheirateten Mannes ist? Und Mamika hat
sich nicht eingemischt, erst, als Onkel Móric Vater so zugerichtet hat, dass er
mit blutendem Gesicht auf der Strasse liegen blieb und sie jemand aus der
Nachbarschaft mitten in der Nacht weckte, sie zu ihrem Sohn holte, den sie fast
nicht erkannte und der immer noch nicht bei Sinnen war, den sie dann zu dritt
in ihr Haus schleppten und den sie tagelang pflegte, bis er einigermassen
wieder auf den Beinen war; Mamika, die ihre Söhne dann zu sich bestellte, sie
im Namen von Papuci um eine Aussprache bat, sie, die sich ja sonst nicht
einmische, aber jetzt, nach diesem Vorfall sehe sie sich dazu gezwungen. Aber
die beiden, so erzählt Mamika und schneidet

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