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Abraxmata

Abraxmata

Titel: Abraxmata Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Bannert
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Tagesanbruch nicht in seinem Nest zu finden, ist noch sehr, sehr viel ungewöhnlicher. Um genau zu sein, unmöglich. Ich bin alleine den Mondschattenbach entlanggeschnorchelt, bis zu Pentons Insel. Ich wusste, dass er sich in letzter Zeit nur noch sehr selten dort aufhielt, aber ich hatte Glück, ihn anzutreffen. Hevea war nicht da, was sich ja nun aufgeklärt hat. ›Weißt du, wo Abraxmata und Murus zu finden sind?‹, habe ich ihn gefragt. Er legte seinen kalten Arm um meine Beine und schob mich dicht an seine Wurzel, ohne ein Wort zu sagen. Dass ich nicht in seine Höhle passe, wusste er zum Glück. Ich glaube, sonst hätte er versucht, mich dort hineinzubekommen. Er holte eine wunderschöne lila Rose aus seiner Wurzel, deren großer Blütenkranz nach oben gebogen war, sodass sie eine gute Essschale ergeben hätte. Das habe ich ihm auch gesagt, worauf ich ermahnt wurde, nicht immer nur ans Essen zu denken. ›In diesen Tagen gibt es weitaus wichtigere und bedeutsamere Dinge. Alles steht auf dem Spiel‹, hat er gesagt und mich dabei mit einer durchdringenden Miene angeschaut. Seine schwarzen Augenbrauen haben sich dabei gefährlich weit über das Lid gebeugt. Das tut er immer, wenn ich etwas angestellt habe und er mich dabei erwischt. Er hat mich angewiesen, mich hinzusetzen, was ich natürlich auch gemacht habe. Dann hat er eine ziemlich komische Vorrichtung hervorgeholt und sie in die Bachrose gesetzt. Unten war ein Kranz aus Weidenholz geflochten, von dem aus ein Strohgeflecht nach oben lief und in einem sehr engen Kreis endete. Die kleine Öffnung war mit einem Algenkranz noch enger gemacht. Von den Seiten der Apparatur führte ein Gestell aus einem anderen weichen Holz nach oben, wo es wieder einen Kreis bildete. Durch den oberen Kreis war ein zusammengerolltes Heinekinblatt gesteckt, an dessen unterem Ende sich wohl so etwas wie eine Linse befand. Und auf dem Algenkranz lag ein Tautropfen.«
    An dieser Stelle unterbrach ihn Hevea. »Ein Tautropfen? So ein Aufwand wegen eines Tautropfens?«
    »Du lässt mich ja nicht ausreden«, entgegnete Chamor. »Ich weiß nicht, ob es ein Tautropfen war, jedenfalls sah es so aus. Penton hat seine beiden breiten, flachen Arme um das Gerät gebreitet, die Augen geschlossen und leise gesummt. Er schien sich sehr zu konzentrieren, ich glaube, ich habe eine Schweißperle auf seiner zerfurchten Stirn gesehen. Als er die Arme wieder weggenommen hatte, leuchtete der Tautropfen grün auf und weiße Schlieren wirbelten darin herum. Penton sah oben in das Heinekinblatt hinein. Nach kurzer Zeit sagte er: ›Gehe ihnen nach, sie können jede Hilfe gebrauchen.‹ Das war alles, was er gesagt hat, bevor er wieder in seiner Höhle verschwunden ist. Viel hatte er mir nicht gesagt, wie immer. Aber ich hatte einen Auftrag, nämlich euch zu finden und mit euch zu gehen, also bin ich losgezogen und habe im Wald eure Spuren gesucht. Mein Weg im Einzelnen, das würde zu lange dauern, nur so viel: Famora hat dafür gesorgt, dass sogar ein Blinder euch gefunden hätte. Zumindest bis zum Rand der Schlucht. Ich habe ihn vor zwei Tagen erreicht. Dort verließen mich eure Spuren. Ich habe fast vermutet, dass ihr so verrückt ward, den direkten Weg zu nehmen. Trotzdem habe ich es vorgezogen, an der Schlucht entlangzugehen. Der Nebel hatte sich aufgelöst und ich konnte einen Fluss erkennen, der sich durch das Tal zog. Ich bin ein Monolito. Ich kenne die Seele der Flüsse und ihre Eigenarten, weshalb ich weiß, dass kein Fluss aus dem Nichts kommt, auch kein toter Fluss. Meine Vermutung hat sich als richtig erwiesen. Nach einem Tagesmarsch hatte ich die Quelle in unserem guten Waldboden gefunden, direkt aus dem frisch duftenden Moos. Sie fließt die hohe Erdwand hinunter und verbreitert sich, gespeist von vielen anderen Quellen, auf der Höhe der Felsen zu einem breiten, mächtigen Wasserfall, der die Felsen seiner Macht unterworfen und diese weich und geschmeidig gemacht hat. Ich konnte das nicht wissen, aber ich habe darauf vertraut. Sagen wir, ich habe es mit ziemlicher Sicherheit vermutet. Also habe ich mich auf die lustige Rutschpartie, die schlammige Erde hinunter, die du an dir wieder findest, und über den Wasserfall hierher, eingelassen.« Er lächelte Hevea an, die immer noch dreckbespritzt war. »Ich bin den Fluss entlang durch das trostlose Tal geschwommen, immer auf der Suche nach euch. Ich hatte mir ziemliche Sorgen gemacht, als ich euch nirgends gefunden habe. Eigentlich nahm ich an,

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