Abraxmata
verschaffte ihm zumindest etwas Zeit, für einen Moment nachzudenken. Er war bereit und rechnete ständig damit, dass seine lächerliche Schutzhöhle mit einem Windhauch weggeblasen würde, aber nichts geschah. Der Druck wich von ihm und er wusste, dass er nicht mehr da war. Zuvor hatte er nicht verstehen können, wie es dem Feind gelungen war, ihm so schnell zu folgen und sofort zu wissen, wo er sich befand. Aber jetzt wusste er es genau. Er wurde förmlich dorthin gezogen, wo sich Dan Nor nun befand. Es hatte keinen Zweck wegzubleiben, denn er konnte nicht einmal Zeit schinden.
Es war stockdunkel. Ausgerechnet in dieser Nacht gab es eine Mondfinsternis, der Himmel war bewölkt und kein einziger Stern war zu sehen. Abraxmata spürte, dass er da war. Er spürte die Last und den Druck, der von ihm ausging. »Zeig dich«, schrie er, um sich selbst Mut zu machen, denn es war ihm klar, dass er damit seinen Gegner nur wenig beeindrucken konnte.
Abraxmata konnte seinen eigenen Sog förmlich spüren. Er wehte als kalter Wind durch die Höhle. Er musste ihn irgendwie sehen, denn ansonsten wäre er völlig machtlos gegen ihn und könnte darauf warten, sein Leben zu lassen und er müsste den Stein freigeben. In Fontänen ergoss sich das Wasser des Wasserfalls in die Öffnung der Palemnahöhle. Die Lianen wurden durch den Druck einfach weggerissen und klebten als traurige Überreste an der Wand um die Öffnung. Abraxmata teilte den Strahl, der in zwei Schwällen über die moosbewachsenen Wände strömte, sich am Ende wieder traf und über den Boden zurück zum Ausgang floss, um in den See hinunterzustürzen. Die Beine des Azillos wurden von dem kalten, glasklaren Wasser umspült. Mit festem Stand und gewappnet gegen das, was er erwartete, öffnete Abraxmata seine Augen. Wie Pfeile traf ihn die Lichtgestalt, aber er kippte diesmal nicht um. Er blieb stehen!
Der golden gleißende Blitz schoss auf ihn zu. Abraxmata wusste, dass es das Aus bedeuten würde, davon getroffen zu werden und er wusste auch, dass es für ihn keine Chance gab, auszuweichen. Der Blitz suchte ihn wie ein räudiges Tier mit rachsüchtiger Gier. Die Waffe Dan Nors war schon auf halber Strecke zwischen ihm und dem Angreifer, als er seine silbernen Flammen dagegen schickte. Dan Nors Waffe schien sehr viel schneller zu sein als seine. Er hielt den Atem an, als sich die beiden Geschosse sehr nah an seinem Körper trafen. Die Spitzen brachen und tropften als schwarze Flüssigkeit zu Boden. Der Gegendruck war so viel heftiger als in Yama. Abraxmata hatte das Gefühl, dass sein Gegner so viel stärker geworden war. Es vergingen unendliche Minuten. Der Schweiß tropfte von Abraxmatas Stirn und er bekam immer mehr Angst. Sie stieg in ihm hoch und er wusste, dass sie ihn schwach machen würde. Krampfhaft versuchte er, sich Hass und Wut einzureden. Und dann stiegen all die Bilder in ihm hoch. Er sah sich mit seiner Verletzung an den Wänden des dunklen Tales. Er sah Famora noch einmal sterben und er sah Araton noch einmal sterben. Er fühlte noch einmal alle diese Schmerzen, die ganze Ungewissheit, seine rasende Enttäuschung über den Verrat Askans, die unsichtbaren Ketten in dessen Gedankenwelt. Die Bilder überschlugen sich. Er verspürte Verzweiflung.
Vor seinem geistigen Auge sah er all die toten und verletzten Wesen des Mondschattenwaldes und der anderen Wälder, ihre starren, brennenden Augen. Er tobte, er brannte, ohne an das direkte Geschehen zu denken. In seiner völligen Trance sah er, wie sich die gleißenden Flammen von ihm entfernten und immer weiter auf den Kern des Lichtes zurasten. Er hörte, wie ein hoher Schrei ertönte, sah, wie die schwarze Flüssigkeit in dicken Perlen über die Wasseroberfläche rollte und es stockdunkel in seiner Höhle wurde. Weinend brach der Azillo auf dem Boden zusammen.
Als Abraxmata wieder zu sich kam, hörte er eine leise Stimme. »Wir sind alle stolz auf dich«, drang sie flüsternd an sein Ohr.
Abraxmata blinzelte durch seine Augen. Er fühlte sich immer noch sehr erschöpft und mitgenommen, aber er freute sich, in Pentons weises Gesicht sehen zu können. Irgendwie war alles so wie immer in seiner Höhle und doch kam ihm alles so verändert vor. Dann fiel sein Blick auf die Moossäule. Der Mondstein leuchtete in seinen schönsten Farben.
»Wie …?« Abraxmata wurde in seinem Fragen nicht von Penton unterbrochen. Er wusste einfach nicht, wo er mit seinen Fragen beginnen sollte.
Die fünf Feen, Toska, Isleen,
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