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Abschalten: Die Business Class macht Ferien (German Edition)

Abschalten: Die Business Class macht Ferien (German Edition)

Titel: Abschalten: Die Business Class macht Ferien (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Suter
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dass er ihm aufs Selbstvertrauen schlägt. Und es kann ja nicht der Sinn von Ferien sein, dass der Manager mit angeschlagenem Selbstbewusstsein aus ihnen zurückkehrt.
    Diesmal lautet der Grund für die abgekürzten Ferien: der Göteborg-Auftrag. Er bietet sich an, weil der Begriff familienintern gut eingeführt ist. Es handelt sich dabei um einen Auftrag, um den sich die Firma lange bemüht hatte und der schon vorher manchmal als Grund für Wochenendarbeit und Spätschichten herhalten musste.
    Es wirkt also durchaus glaubwürdig, als Leimberger eines Abends Anna mit einem Gin Tonic in der Küche überrascht, die Augen verdreht und sagt: »Guess what – der Göteborg-Auftrag versaut uns die Ferien.«
    Anna trägt es tapfer. Sie trinkt einen Schluck, seufzt traurig, trinkt noch einen Schluck und sagt: »Schade.« Kein Wort des Vorwurfs.
    Sie besprechen die Details mit großer Sachlichkeit. Gemeinsame Anreise, acht Tage konsequentes gemeinsames Ausspannen und Quality Time für die Kinder, danach Abreise Leimbergers mit der Option, dass er für die letzten drei Ferientage zurückkommt. Eine unwahrscheinliche Option, wie er Anna rücksichtsvoll verschweigt.
    Leimberger beginnt sich auf acht Tage Familienferien und zwölf Tage Ferien von der Familie zu freuen, als plötzlich der Göteborg-Auftrag flötengeht. Den finanziellen Verlust kann Leimberger verkraften – er besitzt keine Aktien der Firma, die er managt. Aber den Verlust des Vorwands, die Familienferien abzukürzen, ist er nicht bereit hinzunehmen. Er erwähnt den Auftragsverlust zu Hause nicht. Und wenn beim Frühstück das Wort »Göteborg-Auftrag« fällt, verdreht er die Augen doppelt glaubwürdig.
    Die Ferien rücken näher, und die kleine Notlüge – wie sie Leimberger bei sich nennt – wäre unentdeckt geblieben, hätte Anna nicht eine Freundin, deren Mann in der gleichen Branche wie Leimberger tätig ist. Sie treffen sich einmal im Monat zum Sushi, und bei dieser Gelegenheit erwähnt Anna, dass Leimberger die halben Ferien für den Göteborg-Auftrag opfern müsse.
    »Aber der Göteborg-Auftrag ist doch futsch«, wundert sich die Freundin.
    Einen Moment ist Anna stumm vor Schreck. Dann sagt sie: »Das hast du mir nicht gesagt, okay?«

Fehlentscheid auf Führungsebene
     
    Ich hätte auf dem Engadin bestehen sollen, denkt Nievergelt, als sie am Strand ankommen. Er mustert angewidert die drei Reihen frischbezogener Strandliegen unter blauweiß gestreiften Sonnenschirmen voller absolut makelloser Körper. Sie haben 28 und 29, zweite Reihe, mit einer Option auf 6 und 6 in der zweiten Ferienwoche. Die Liegen kosten im Tag etwa das, was er am Anfang seiner Karriere für ein Doppelzimmer mit Balkon ausgab.
    Das Meer so blau, der Himmel so wolkenlos, eine angenehme Brise trägt das gutmütige Plätschern der kleinen Wellen herbei, die die Wassergräben der Sandburgen füllen, die austrainierte Väter für ihre schönen Kinder bauen.
    Ich hätte auf dem Engadin bestehen sollen, denkt Nievergelt, als er beginnt, sich auszuziehen. Er schlüpft aus den Gummisandalen, die bereits die zarte Haut zwischen dem großen und dem zweiten Zeh aufgescheuert haben, und öffnet im Sitzen die langen Hosen, auf denen er aus ästhetischen Gründen bestanden hat, Varize an der linken Wade. Ein etwa dreißigjähriger Mann wie eine antike Bronzestatue beobachtet ihn als abschreckendes Beispiel dafür, was passiert, wenn man nicht täglich drei Stunden mit Gewichten arbeitet.
    Bevor Nievergelt sich weiter auszieht, versichert er sich, dass er Badehosen trägt. Er hebt das weite Polo ( XXL ) ein wenig an und zieht den Bauch ein. Natürlich trägt er Badehosen, und zwar die neuen, kleinen, weißen mit den Seitenstreifen. Er hat sich für diese entschieden, weil sie aus einem schnelltrocknenden Material sind und er damit ins Wasser könnte, ohne sich nachher beim unauffälligen Badehosenwechsel einen Hexenschuss zu holen. Die großen, weiten, bermudaartigen schmeicheln zwar dem Träger mehr, weil sie den Übergang Bauch/Oberschenkelbereich etwas verlaufender gestalten, aber sie kleben im nassen Zustand auf extrem körperbetonte Art und trocknen stundenlang nicht. Auch wenn Nievergelt den Tag am Strand mit nassen Hosen überstehen würde, wenn der Moment käme, sich wieder anzuziehen, müsste er die Badehose gegen die mitgebrachte Unterhose tauschen, darauf würde Sandra beharren.
    Sandra, seine zweite Frau, hat bereits das Bikinioberteil abgelegt, den Sonnenschirm zugemacht und

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