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Abschalten: Die Business Class macht Ferien (German Edition)

Abschalten: Die Business Class macht Ferien (German Edition)

Titel: Abschalten: Die Business Class macht Ferien (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Suter
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hatte, erst später dazuzustoßen (es handelt sich ja nur um den vielversprechendsten Neukunden seit 1989), und geht mit Frau Schäppi die weiteren Termine durch.
    Sie ist von einer beunruhigenden Geschäftsmäßigkeit, fast Gleichgültigkeit. Früher hatte sie ihn ihre respektvolle Missbilligung selbst der geringsten Liederlichkeit deutlich spüren lassen. Aber heute Morgen glaubt er in ihr etwas wie Überdruss zu entdecken. Als ob es ihr schwerfallen würde, die Fiktion aufrechtzuerhalten, der Terminplan von Häfliger sei von irgendwelcher Bedeutung.
    »14 Uhr 30, Abteilungsleitersitzung. Herr Schaller hat sich vorbereitet, falls das Mittagessen mit Dr. Wullschlegel länger dauert. Ich habe bei Panighetti reserviert. Für drei Personen.«
    »Drei?« Häfliger schaut auf.
    »Sie beide und Herr Bitterli.«
    Als Frau Schäppi gegangen ist, bleibt Häfliger an seinem Pult sitzen. Ein paar Türen weiter wird sich Bitterli wahrscheinlich gerade mit Wullschlegel einig, einen Stock tiefer hat sich Schaller auf die Abteilungsleitersitzung tipptopp vorbereitet. Und nebenan delegiert Frau Schäppi wohl bereits wieder andere seiner Aufgaben.
    Und er, Häfliger?
    Draußen hat ein trüber Regen eingesetzt. In ein paar Büros gegenüber gehen Neonlichter an. Die Camions kommen und gehen. Ihre Doppelreifen brausen auf dem glänzenden Asphalt. Im Vorzimmer piepst kurz ein Telefon auf und wird sofort zum Schweigen gebracht.
    Alles funktioniert.
    Alles funktioniert auch ohne ihn.
    Häfliger läuft es kalt den Rücken herunter bei diesem Gedanken. Aber er schreckt nicht davor zurück, ihn zu Ende zu denken.
    Wenn alles auch ohne mich läuft, wenn ich die Unternehmung so strukturiert habe, dass mich Leute wie Bitterli und Schaller vertreten, ersetzen, ja vergessen machen können: Braucht es mich dann noch?
    Die Antwort auf diese beklemmende Frage trifft Häfliger mit ihrer ganzen Unerbittlichkeit: Nein. Es braucht Häfliger nicht.
    Und jetzt zeigt sich der wahre Manager, der Konsequenzen nicht nur zu erkennen, sondern auch zu ziehen weiß: Häfliger bereinigt kurz entschlossen die Struktur. Und zwar um die Herren Bitterli und Schaller.

Zukunftsängste
     
    Sandra Klaus und Liselotte Schürmann sitzen nach dem Face Forming noch bei einem Green Tea zusammen und machen sich Sorgen um die Zukunft.
    »Stell dir vor«, sagt Sandra, »du willst mit deiner Amexco bezahlen, und die ist gesperrt.«
    »Und dann nimmst du deine Visa, und die funktioniert auch nicht.«
    »Und Bargeld hast du aus Sicherheitsgründen auch nicht genug dabei.«
    »Was macht man in einer solchen Situation?, frag ich dich.«
    »Auf Rechnung geht auch nicht, wer verkauft schon einer mit zwei gesperrten Kreditkarten etwas auf Rechnung?«
    »Du kannst nur noch versuchen, in den Boden zu versinken.«
    Beide Frauen nippen an ihren Tassen. »Das ist das Problem am Kein-Geld-Haben: Es ist nicht nur peinlich, es ist auch wahnsinnig unpraktisch.«
    »Stimmt. All die Dinge selber machen müssen, die andere viel besser können. Nicht, dass ich mir für Haushaltsarbeit zu schade bin, aber es wäre so ineffizient.«
    »Vielleicht bleibt uns bald nichts anderes übrig, wenn man so liest, wen es alles trifft«, seufzt Sandra.
    »Alleroberste Liga. Dagegen sind auch unsere beiden nicht gefeit.«
    »Und die Abfindungen reichen auch nicht ewig, wenn man einigermaßen den Standard halten will.«
    »Falls es überhaupt für eine Abfindung reicht. Die stehen ja neuerdings auch zur Diskussion.«
    »Nicht auszudenken.«
    »Das klingt jetzt vielleicht versnobt, aber in einem Fähnchen von H&M könnte ich mich einfach nicht bewegen.«
    »Und dann die Wohnsituation. Stell dir vor: eine Dreizimmerwohnung in einem Außenquartier. Da würde ich Platzangst bekommen.«
    »Wie ich in kleinen Autos. Schon bei der Vorstellung, ich müsste meinen BMW gegen einen Twingo tauschen, bekomme ich Atemnot.«
    »Und erst die Ferien. Statt nach Mauritius in ein Dorf im Jura, das nach Kuh riecht.«
    »Welche Ferien? Wenn der Mann keine Arbeit hat, hat er auch keine Ferien.«
    »Wie meinst du das?«
    »Dann ist er immer da. Wenn du aufwachst, ist er da, wenn du frühstückst, ist er da, wenn du aus dem Haus gehst, ist er da, wenn du zurückkommst, ist er da.«
    »Daran habe ich noch gar nicht gedacht.«
    »Man soll auch nicht immer als Erstes an das Allerschlimmste denken.«

Nachweis
     
    Die Texte sind den Bänden Business Class ( I und II ), Huber spannt aus, Unter Freunden und Das Bonus-Geheimnis von Martin

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