Abschied ist ein scharfes Schwert. Ein Mordsroman (German Edition)
nur die Nase gerümpft (»Dachte, der verbrennt halt wieder seinen Dreck.«) und war, weil er sich vorgenommen hatte, in Zukunft allem Ärger aus dem Weg zu gehen (»Der war mir schon unheimlich.«), mit dem Fahrrad ins Dorf gefahren, um beim Bäcker auf der Marktstraße frühstücken zu gehen. Und derweil K.s Nachbar in die Pedale trat, wütete das Feuer in K.'s Keller.
Es war der Landwirt Hylmans gewesen (bei dem Mutter für gewöhnlich Milch und Eier einkaufte), der, auf dem Weg zu einem seiner Felder, den dichten, schwarzen Rauch bemerkt hatte, der aus den Fenstern und Türen des Hauses quoll. Noch während Hylmans in sein Handy sprach, gab es einen lauten Knall und die Fensterscheiben barsten. Hylmans sprang von seinem Fendt, rannte zum Haus, sprengte mit seinen schweren Arbeitsstiefeln die Haustür auf und rief in den herausquellenden Rauch hinein: »Ist jemand im Haus? Hallo! Jemand da?« Als auch nach mehrmaligem Rufen niemand antwortete, ging er zu seinem Traktor zurück und beobachtete aus sicherer Entfernung, wie die Flammen sich das Haus holten. Keine 5 Minuten später war die Feuerwehr vor Ort. Nur eine weitere Viertelstunde später brach der Dachstuhl ein.
Der Schornsteinfeger gab später seine auch gegenüber K. geäußerte Auffassung zu Protokoll, dass der Ofen dringend einer Generalüberholung bedürft hätte (»Besser wäre eine ganz neue Anlage gewesen!«). Ob ein neuer Ofen widerstandsfähiger gewesen wäre, sei dahingestellt. Wahrscheinlich. Vielleicht auch nicht. Denn der alte Ofen war in die Brüche gegangen und hatte seinen glühenden Inhalt in den Keller entlassen, weil ein Brandbeschleuniger (so der offizielle Bericht), vermutlich hochprozentiger Alkohol, verbunden mit Plastikabfällen, die Hitze über den Belastungspunkt getrieben hatte. Der Fund der Leiche ließ (wie es im offiziellen Bericht hieß) darauf schließen, dass K., nachdem er bemerkte, was der von ihm verwendete Brandbeschleuniger anrichtete, noch versucht hatte, das Schlimmste zu verhüten. Die Fraktur seiner Schädeldeckel wurde begründet mit einem vom Ofen abgesplitterten, glühenden Metallstück, dies sei die Todesursache gewesen. K. war somit bereits tot, als die Flammen sich durch seine Haut fraßen und sein Blut in der Hitze gerann.
Die Nachricht von dem schlimmen Brand und K.s Tod (jeder ging davon aus, dass es sich bei dem übel zugerichteten Leichnam um K. handeln musste. Amtlich bestätigt wurde dies aber erst Tage später aufgrund eines Abgleichs mit seinen zahnärztlichen Unterlagen) erreichte mich an dem Tag, als ich auf der Polizeiwache Anzeige erstatten wollte.
Eine Woche war seit meinem Gespräch mit ihm vergangen. K. war in dieser Zeit für meine Familie und mich zu einer immer größeren, weil realistischeren Bedrohung geworden.
Ich hatte diskret (seine Drohung »Keine Polizei!« hatte ich noch im Ohr) Nachforschungen betrieben und meine Quelle bei der Kripo, die mir auch zu kriminalistischen Details meines ersten Romans wertvolle Tipps gegeben hatte, auf ihn angesetzt. Zudem hatte ich Recherchen in den Archiven der Rheinischen Post und der WZ in Wuppertal in Auftrag gegeben.
Innerhalb von zwei Tagen antworteten beide Zeitungen und ich erhielt per E-Mail Kopien der gewünschten Artikel als pdf-Dateien. Die Artikel, die ich bei K. an der Wand gesehen hatte, waren wirklich in der Zeitung erschienen. Tod im Weizenfeld. Tragödie im Sonnenschein in der Rheinischen Post. Grausiger Fund in der Wuppertaler Müllverbrennungsanlage , der große Bericht über einen ungeklärten Mord in Wuppertal, in der WZ. Insofern hatte K. mir gegenüber also kein Theater gespielt und die Artikel waren keine von ihm hergestellten Requisiten für das Schauspiel, das er mir bot.
Beruhigte mich das? Nein. Details der in den Artikeln geschilderten Hergänge ähnelten Passagen aus den Aufzeichnungen von K., und ich glaubte einfach nicht, dass dies deswegen so war, weil K. sich von diesen Artikeln hatte inspirieren lassen. Mein voreingenommenes Gefühl ließ mich den umgekehrten Ereignisfluss annehmen: Zuerst war K. zur Tat geschritten, die Zeitungen hatten über diese Taten berichtet. Ich bat meine Kripo-Quelle, diesbezüglich bei den zuständigen Polizeibehörden auf den Busch zu klopfen.
Sein Bericht ließ einige Tage auf sich warten. Währenddessen kamen jeden Tag Briefe von K. mit weiteren Textpassagen. Nicht mehr per Post, vielmehr wurden die Umschläge des Nachts vor der Haustür meiner Eltern abgelegt, als wollte er den
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