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Abschied ist ein scharfes Schwert. Ein Mordsroman (German Edition)

Abschied ist ein scharfes Schwert. Ein Mordsroman (German Edition)

Titel: Abschied ist ein scharfes Schwert. Ein Mordsroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Boscher
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weg. Jetzt, wo Magdalena ganz nackt war, wirkte ihr entblößter Unterleib auf mich zwar immer noch sehr reizvoll, aber er hatte nichts mehr von dieser aufreizenden Obszönität an sich, die mich früher in dieser Nacht bis ins Mark getroffen hatte. Mein Mörder stand einfach nur da und betrachtete die schlafende und schutzlose Frau. Plötzlich hielt er ein Messer in der Hand und strich beinahe zärtlich mit dem Messerblatt über Magdalenas Haar.
    Er verletzte sie nicht, vielmehr kam er schließlich auf mich zu, setzte sich zu mir auf die Kante des Sofas. Er sagte kein Wort, saß einfach nur da, blickte mal zu mir, dann wieder zu Magdalena. Tat eigentlich nichts, was mich auf den Gedanken hätte bringen können, dass ich es hier mit einem Mörder zu tun hatte, wenn, ja wenn er dieses Messer nicht in der Hand gehalten hätte. Dieses Messer, das er mir dann mit einer geübten, schnellen Bewegung ins Herz stieß.
    Ich war nicht einmal überrascht. Es tat auch nicht weh, nur mein T-Shirt (im Gegensatz zu Magdalena hatte ich mich bekleidet zur Nacht gebettet) saugte sich rasch voll mit meinem Herzblut. In dieses tauchte er dann einen Finger hinein. Ich ließ es einfach geschehen, fern allen Entsetzens, einfach nur neugierig, und dann schrieb er mit meinem Blut das von Magdalena bei unserem Kennenlernen angesprochene Nietzsche-Zitat im Wortlaut korrekt, aber auf dem Kopfe stehend an die Wand: » Grad und Geschlechtlichkeit eines Menschen reicht bis in die höchsten Gipfel seiner Geistlichkeit« Er nickte mir einmal kurz lächelnd zu und ging hinüber zum Bett, bedeckte Magdalena wieder und verließ ruhigen Schrittes das Zimmer.
    Vielleicht habe ich diese Szene nur geträumt. Vielleicht war es auch schlicht und einfach so, dass Magdalenas Äußerungen zur Serienmörder-Thematik bei mir einen so großen Eindruck hinterlassen hatten, dass meine Gedanken, bevor ich dort auf dem Sofa in den Schlaf glitt, in eine andere Richtung wanderten als die Monate zuvor, so dass sie endlich den rechten Weg fanden. Wie verschlungen aber auch die Wege der Inspiration sein mögen, an jenem Morgen nach dieser Nacht, da Magdalena mich mit einer Tasse Kaffee weckte und ich meine Augen öffnete, da hatte ich endlich das Gefühl: Ja, ich hab’ ihn, meinen Mörder!
    Warum noch lange über deinen Mörder nachgrübeln, wenn der gute Stoff doch gewissermaßen direkt vor deiner Nase liegt! hatte Magdalena gesagt, und verdammt! wie recht sie damit gehabt hatte. Da hatte ich mir die ganze Zeit den Kopf zerbrochen und alles über Serienmörder gelesen, was ich in die Finger bekommen konnte, um meinen Mörder authentisch hinzubekommen, Romane, Sachbücher, Zeitungsartikel, und habe dabei das Naheliegende übersehen. Magdalena musste mich erst mit der Nase darauf stoßen, die Handschrift meines Mörders aus meinen eigenen Lebenserfahrungen, aus meinem Herzblut heraus zu entwickeln.
    Endlich hatte ich also die Struktur gefunden, in der alles seinen Platz einnahm, einen Plan, an den ich mich halten konnte. In einem entscheidenden Punkt allerdings ging meine Konzeption über Magdalenas Anregung hinaus: Magdalena hatte mit dem Ihr-Habt-Mich-Zerbrochen-Jetzt-Zerbreche-Ich-Euch-Mörder ein Getriebener vorgeschwebt, dessen Handschrift von den Dämonen seiner Kindheit sprechen sollte, und dessen Taten somit immer etwas Chaotisches anhaften würde, da er sich ja nicht im Griff hatte. Ich aber hatte in meinem Leben zu jener Zeit Chaos genug. Deswegen ließ ich meinen eigenen Erfahrungen einen systematischen Täter entspringen. Mein Mörder war Philosoph, ein philosophischer Mörder. Die Tat ist die Wirkung des Gedankens. Und wo die Vernunft spricht, da haben Dämonen nichts zu suchen. Chaos breitet sich nur aus, wenn diese schweigt.
    Was das im Einzelnen bedeutet, lasse ich meinen Mörder doch besser in seinen eigenen Wort ausführen:
     
In Umkehrung eines Nietzsche Wortes glaube ich daran, den Sinn des Lebens in den Momenten der höchsten geschlechtlichen Ekstase erkennen zu können. Denn in diesen Augenblicken auf der Höhe der sexuellen Erregung schwingt sich auch der Geist eines Menschen zu seiner höchsten Höhe auf, einer Höhe, von der aus er die Essenz seiner Existenz erkennen kann.
Meine Methode ist es nun, diese Momente der höchsten Konzentration von sexueller und geistiger Energie, da sich Körper und Geist in vollkommener Einheit verbinden, herzustellen.
Diese Methode wäre wertlos, wenn die Erkenntnis des Sinnes des Lebens nicht kommunizierbar wäre.

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