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Abschied von Chautauqua

Titel: Abschied von Chautauqua Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stewart O'Nan
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plötzlich, ohne dass man ihnen mit dem Blick folgen konnte, verloren im Spiegel des Himmels. Der Wind lispelte in ihren Ohren, das Wasser bekam eine Gänsehaut.
      Es war schön, das wusste sie, aber es änderte nichts zwischen ihr und Mark. Es änderte gar nichts, weder wer sie war, noch wie sie sich fühlte. Alles lief außerhalb, losgelöst von ihr ab, wie die übrige Welt. Ihr Leben würde unverändert sein, wenn sie nach Hause fuhren, die Schule anfing und sie Liz nur am Wochenende und ihren Vater immer dann sah, wenn er Lust hatte vorbeizukommen. Da würden bloß sie, Justin und ihre Mutter sein, ohne etwas, worauf sie sich freuen konnten.
      Zwei Tage. Sie war nicht realistisch. Und doch hoffte sie weiter, den Pickup zu sehen, würde aufstehen, wenn das Auto wirklich die Straße langgerattert kam, dem Jungen das Gesicht zuwenden, wenn er vorbeifuhr, deutlich sichtbar, würde sich ihm darbieten. Er würde sie sehen, mehr wollte sie gar nicht, kein Winken, keine Worte, nur sie beide, sich ansehend, wissend.
      Die Sonne stieg höher. Ein Mann in Ranger-Uniform kam mit einer Art Brecheisen nach draußen, drehte an einem anderen Teich das Rad und ging wieder rein, ohne Sarah zu beachten. Ein Fisch sprang aus dem Wasser. Sarahs Haar war ganz heiß, und in dem Flimmern löste sich der Highway auf, die Autos Farbkleckse, die Lichtspeere schleuderten. Mit seinem zottigen schwarzen Fell war es Rufus zu warm, er lag hechelnd im Gras. Sie mussten langsam zurück. Aus Gewohnheit wollte sie auf ihre Taschenuhr schauen, doch sie war weg, verloren, an ihrer Gürtelschlaufe hing nichts. Sie wusste, dass sie das als Ausrede benutzen würde. Und letztendlich stimmte es auch: Es war unmöglich zu sagen, wie lange sie gewartet hatte.
     
     
* 4
     
    Justin und Sam mussten die Krockettore rausziehen, damit der Rasen gemäht werden konnte, also gingen die beiden seitlich ums Haus und übten, die Kugeln so fest wie möglich zu schlagen, schmetterten sie gegen Bäume und durch Büsche und wirbelten Matschklumpen auf. Sie spielten Hockey, ließen die Schläger gegeneinander knallen und hörten auf, als die Kugel Justin am Knöchel traf. Sie wirbelten sich gegenseitig auf der Schaukel herum, stiegen stolpernd ab, als wären sie betrunken. Sie bewarfen sich mit Kastanien, bis Sam Tante Arlenes Auto traf. Sie war draußen auf dem Steg und konnte es beim Lärm der Rasenmäher nicht hören. Das Auto hatte keine Beule abgekriegt, aber sie hörten trotzdem auf. Die Männer mähten fertig, fuhren weg, und Sam und Justin stellten die Tore und Pflöcke wieder auf, versuchten, die alten Löcher zu finden.
      Im Schatten war das gemähte Gras nass und klebte an ihren Turnschuhen. Die Kugel ließ sich viel leichter schlagen. Ihre Schläge waren schnurgerade, statt zu springen, und wenn man die gegnerische Kugel anspielte, rollte sie weit weg. Justin war am Gewinnen, und Sam schlug absichtlich an einem Tor vorbei, um Justins Kugel wegzuschlagen.
      «Ja!» Sam verhöhnte ihn, hüpfte herum wie ein Trottel. «Ich bin der Größte!»
      Justin trat zur Seite, während Sam seine orange Kugel neben Justins rote legte. Sam hatte vor, die Kugel zur Veranda zu befördern, damit Justin wieder den ganzen Weg zurücklegen musste, um sie durch das Mitteltor spielen zu können. Sam klemmte seine eigene Kugel unter seinen Turnschuh, versuchte, das Gleichgewicht zu halten, hob den Schläger und schlug dann fest zu. Er streifte seinen Fuß, traf seine Kugel aber so gut, dass die von Justin übers niedrige Gras schoss, direkt auf die Veranda zu. Sie blieb nicht davor liegen, sondern rollte untendrunter und verschwand in dem schwarzen Spalt, ein Hole-in-One.
      Sam lachte und machte den blöden Nelson nach - «Ha ha!»
      «Halt die Klappe. Du musst sie holen.»
      «Ist doch nicht meine Kugel.»
      «Du hast sie aber geschlagen.»
      «Wenn ich sie hole, hast du verloren.»
      Sie gingen beide auf alle viere und schauten nach. Sam streifte mit dem Schlägergriff die Spinnweben weg, und als ihre Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten, sahen sie hinten die kühlen Erdhaufen, hinter denen sich alles Mögliche verbergen konnte - Ratten oder Riesenspinnen oder etwas noch Schlimmeres.
      «Da liegt sie», sagte Sam.
      Die Kugel lag so weit weg, dass man mit dem Schläger nicht rankam. Vielleicht konnten Sarah oder Ella sie später rausholen.
      «Spielen wir Wiffleball», schlug Sam vor, sprang auf, und Justin folgte ihm. Es gefiel

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