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Abschied von Chautauqua

Titel: Abschied von Chautauqua Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stewart O'Nan
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Kälte -, dann zog ihn die Schwimmweste wieder nach oben, und er schnappte nach Luft.
      «Klasse!», rief Sarah. Tante Lisa klatschte lachend in die Hände. Die Bootswand kam ihm zu hoch vor. Sein erster Gedanke war, zur Leiter zurückzuschwimmen, aber jemand hatte sie ins Boot gezogen.
      «Gut gemacht», lobte Onkel Ken. «Halt dich von der Schraube fern, während du rausschwimmst.»
      In der Schwimmweste schwamm er mit steifen Bewegungen und richtete den Blick direkt auf den Schlauch. Das Wasser war stellenweise kälter, dann wieder warm wie Pipi. Er würde nicht an das denken, was unter ihm war, weder an den Mann in dem Auto noch an die aufblickenden Fische, die ihn beobachteten, einen Schatten mit strampelnden Beinen. So was lockte Haie an.
      Je näher er dem Schlauch kam, desto mehr strengte er sich an, und als er da war, hatte er kaum noch genug Kraft, um sich raufzuziehen. Alle beobachteten ihn. Das Gummi war nicht so glatt, wie er gedacht hatte. Es klebte an seinen Knien und Armen, sodass er seinen Platz nicht einnehmen konnte. Auf dem Schlauch fühlte er sich besser, aber das Boot war immer noch ziemlich weit weg. Er packte die Griffe, legte sich flach hin, die Beine gespreizt wie Sam, und gab Tante Lisa das Zeichen. Auch sie streckte den Daumen nach oben. Er war enttäuscht - sie hatte vergessen, ein Foto von ihm zu machen. Er wollte einen Beweis dafür, dass er das hier getan hatte.
      Onkel Ken musste warten, bis ein anderes Boot vorbei war, das ein Mädchen auf Wasserskiern hinter sich herzog, dann brachte er den Motor auf Touren, das Seil straffte sich und riss ihn vorwärts. Er hielt den Kopf hoch, um zu sehen, wo es hinging, und konzentrierte sich darauf, sich festzuhalten. Der Schlauch machte ein hohles, klingelndes Geräusch, während er übers Wasser glitt, wie das Innere eines Basketballs. Onkel Ken fuhr schneller, und durch die Öffnung schoss Wasser, das Justin am Bauch kitzelte, aber er klammerte sich bloß noch fester.
      Er lachte. Es war wirklich ganz einfach - noch einfacher als Schwimmen. Wenn es am Ende bloß eine Möglichkeit gäbe, sich auf dem Schlauch zur Leiter treiben zu lassen und wieder ins Boot zu steigen. Egal, es gefiel ihm, dass er so dahinflog und das Wasser vom Seil aufspritzte, wenn es von einer Welle getroffen wurde. Wieder sprang der Schlauch über eine Welle, Justin hüpfte hoch wie beim Schlittenfahren, seine Beine zappelten wie die von Sam, und er lachte. Seine Mutter hatte Recht. Er konnte kaum glauben, dass er fast das größte Vergnügen verpasst hätte, weil er feige gewesen war.
      Onkel Ken fuhr eine scharfe Kurve, wobei Justin sah, wie das Mädchen auf den Wasserskiern vor ihnen vorbeiglitt. Der Schlauch rutschte seitwärts weg, schwang am Seil nach außen, und Justin konnte das Boot von der Seite sehen. Er dachte, der Schlauch würde zurückschwingen, aber er glitt immer weiter und peitschte ihn über das Kielwasser des anderen Bootes. Er hüpfte einmal, zweimal und flog dann in die Luft.
      Justin spürte, wie sich der Schlauch schräg stellte, und hielt sich fest. Der Schlauch richtete sich auf, überschlug sich, klatschte dann runter, Justins Ohr lief voll Wasser, er ging unter und wurde kopfüber weitergezogen, Wassermassen stürzten auf ihn ein, und seine Finger lösten sich von den Griffen. Er konnte sich nicht mehr festhalten und ließ los, immer noch untergetaucht, ertrinkend, das Stampfen des Motors entfernte sich und löste sich in nichts auf.
      Seine Schwimmweste rettete ihn. Er tauchte auf und sah, wie der Schlauch davonbrauste, wie er in die Luft geschleudert wurde und wieder ins Wasser platschte. Er hustete, Rotz lief ihm aus der Nase, er streifte ihn weg und wischte sich keuchend über die Lippe. Onkel Ken wendete das Boot, und Justin blickte sich nach dem Mädchen um, aus Angst, sie könnte ihn überfahren, aber sie war weit weg, am Ende der Bucht.
      Als seine Füße in kaltes Wasser gerieten, zog Justin die Knie an. Onkel Ken wendete noch in großem Bogen. Es kam Justin vor, als wären sie weit entfernt, darum schwamm er los, von der Schwimmweste behindert. Das Boot vollendete seinen Bogen und kam direkt auf ihn zu. Er hörte auf zu schwimmen, schwenkte die Arme über dem Kopf, damit sie ihn sehen konnten.
      Onkel Ken drosselte das Tempo, steuerte zur Seite, und Tante Lisa hängte die Leiter an die Bordwand.
      «Alles okay?», rief sie.
      «Ja», sagte er. «Kann ich's nochmal

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