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Abschied von Chautauqua

Titel: Abschied von Chautauqua Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stewart O'Nan
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bleiben können.»
      Das hätte er okay gefunden, aber er wusste, dass er das besser nicht sagte.
      «Kommst du mit, Just?», rief Onkel Ken, und seine Mutter stülpte ihm die Schwimmweste über den Kopf und zog ihn dabei an den Haaren.
      «Aua.»
      «Seht. Onkel Ken muss nicht mit euch rausfahren. Er tut das, weil es für alle eine nette Beschäftigung ist, also mach keinen Ärger.»
      «Aber...»
      «Nichts aber. Alle fahren mit. Es wird euch Spaß machen. Und jetzt hör auf, Schwierigkeiten zu machen.» Sie schob ihn zum Rand des Stegs, wo Tante Lisa die Hände ausstreckte und ihn an den Armen packte. Er machte einen Schritt ins Leere, dann berührte sein Fuß den Bootsrand (er sah vor sich, wie er zwischen das Boot und den Steg glitt, sich den Kopf stieß und durch das dunkle Wasser nach unten trieb, wie ihn die Wasserpflanzen umschlangen), er stolperte, prallte gegen Tante Lisa und fiel auf die Sitze, das Gesicht auf dem nach Gummi riechenden Schlauch, sein Kopf zurückgebogen. Er war im Boot, saß aber verkehrtrum, und die Schwimmweste schnürte ihm den Hals ein.
      «Toller Sprung», spottete Sam.
      «Halt die Klappe», fauchte Sarah und verteidigte ihn.
      «Okay», sagte Tante Lisa, «ruhig, ihr beiden.»
      «Viel Spaß», rief seine Mutter und hielt Rufus am Halsband, ihr Buch in der Hand.
      «Haben wir bestimmt», erwiderte Onkel Ken.
      Sie mussten ein Stück rauspaddeln, damit die Bootsschraube sich nicht in den Wasserpflanzen verhedderte. Onkel Ken und Tante Lisa übernahmen jeder eine Seite und tauchten die Paddel platschend ein. Das Wasser glitt direkt neben ihm vorbei. Sam tauchte die Hand ein und zog eine Spur. Justin hatte gesehen, dass hier Leute angelten, und er stellte sich vor, wie die Fische mit weit aufgerissenen Augen unter ihnen herumschwammen. Auf dem Grund steckten alte Flaschen im Schlamm und Schnappschildkröten warteten darauf, ein Kinderbein wie eine Hühnerkeule durchbeißen zu können.
      Onkel Ken gab Ella sein Paddel und setzte sich auf den Führersitz. «Lenkt uns in den Wind », befahl er. Er drehte den Schlüssel, der Motor ratterte und blieb dann stehen. Er versuchte es nochmal - wieder dasselbe. Vier-, fünfmal. «Komm schon», sagte Onkel Ken wütend, und Justin dachte schon, sie müssten vielleicht nicht fahren. Der Gedanke verwandelte sich in einen Wunsch, so wie er sich nach einem Besuch bei seinem Vater wünschte, sein Vater würde zurückkommen, mit ihnen Star Wars Monopoly spielen und singend das Frühstück zubereiten.
      Der Wind trieb sie auf den nächsten Steg zu, und Onkel Ken musste von Ella das Paddel übernehmen und helfen, sie wieder rauszupaddeln. Als er den Motor endlich zum Laufen brachte, schwitzte er und war knallrot im Gesicht. «Das will ich doch meinen», sagte er, als hätte er den Motor besiegt.
      Tante Lisa legte die Paddel weg, sie fuhren mitten auf den See hinaus, der Bug hüpfte auf und ab, und Justin konnte im Wind bloß blinzeln. Neben ihm saß Sam mit übereinander geschlagenen Beinen, die Füße in die Öffnung des Schlauchs gestemmt. Das Boot zog auf dem blauen Wasser eine weiße Linie. Es war so laut, dass sie sich nicht unterhalten konnten, sich bloß in die Sonne zurücklehnten und ihre Haare im Wind wehen ließen. Kalte Tropfen spritzten ins Boot, landeten auf Justins Armen. Er hatte ein komisches Gefühl im Bauch, wie in einem abhebenden Flugzeug, als würde sein Magen in seinem Körper herumrutschen. Als er zum Ufer zurückschaute, dachte er, dass er nicht mal halb so weit schwimmen könnte.
      Tante Lisa hatte eine Wegwerfkamera dabei, mit der sie von allen ein Foto machte. Sie konnten sie nicht verstehen, aber mit fuchtelnden Händen machte sie ihnen klar, dass sie sich zu einem Gruppenfoto zusammendrängen sollten. Justin machte sich Sorgen, dass er darauf ängstlich aussehen könnte, und zeigte ein breites Lächeln.
      Sie fuhren um den Jachthafen herum in eine kleine Bucht, in der niemand angelte, hielten an und schaukelten auf dem Wasser. Onkel Ken ließ den Motor laufen. Er kam nach hinten zwischen die Sitze, klemmte den Schlauch an das Schleppseil und warf es so weit, dass es sich nicht in der Schraube verhedderte. Der Schlauch trieb hinter ihnen auf dem dunklen Wasser. Justin fand, dass er ziemlich weit weg war.
      Man musste sich bloß daran festhalten. Loslassen konnte man, wann immer man wollte.
      Sam war der Einzige, der es als Erster probieren wollte.
      «Wenn du

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