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Abschied von Chautauqua

Titel: Abschied von Chautauqua Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stewart O'Nan
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Margaret gekämpft, ihr die Waffen und die Übung verschafft, die sie später bei Jeff einsetzen würde. Für Emily war es keine Überraschung, dass er es satt hatte, diese Wut noch länger zu erdulden. Gott sei Dank, dass Henry stärker gewesen war.
      Der Dip war kalt, klebte wie Zuckerguss am Deckel des Bechers. Emily schabte ihn mit einem Pfannenwender in eine Schüssel und stellte die Schüssel dann mitten auf die Platte. Durch die roten Paprikaschoten, den Brokkoli und den Blumenkohl sah die Platte ungewollt weihnachtlich aus.
      Sie trug die Platte nach draußen, stellte sie auf den schmiedeeisernen Tisch, zwischen die beiden Aluminiumstühle. Margaretwar draußen auf dem Steg und redete mit den Jungs. Emily sah sich um, vergewisserte sich, ob genug Tische für die Getränke da waren. Sie wollte, dass alles fertig war, damit sie noch zu einer annehmbaren Uhrzeit essen konnten.
      «Servietten», murmelte sie und ging wieder ins Haus.
     
     
* 10
     
    «Lass uns einfach weiterfahren», sagte Lise _ hoffnungsvoll. «Wir haben genug Benzin.»
      Sie wollte Ken zum Lachen bringen, aber er wartete darauf, dass der Fahrer vor ihm abbog. Manchmal war er mit seinen Gedanken ganz woanders - vermutlich bei der Tankstelle oder dem Putt-Putt, dem heldenhaften Augenblick seiner Kindheit. Sie wusste, dass er irgendwann in dieser Woche dort landen und alles ihr überlassen würde.
      «Und was ist mit den Kindern?», fragte er.
      «Kein Problem. Deine Mutter glaubt doch sowieso, dass sie sie besser erziehen kann als wir.»
      «Wo sollen wir hinfahren?»
      «Egal. Wohin willst du?»
      «Nach Island», sagte Ken.
      «Island.»
      «Sehr kahle Landschaft, jede Menge Licht.»
      «Damit du noch mehr arbeiten könntest. Wie romantisch.»
      «Da gibt es heiße Quellen.»
      «Vergiss es, wir fahren zurück. Deine Mutter brennt darauf, mit dir über das Rätsel der Tankstelle zu sprechen.»
      «Sie ist ein bisschen zu fasziniert davon», gab er zu.
      «Ein winziges bisschen», sagte sie und drückte Daumen und Mittelfinger zusammen.
      Emilys Problem ist, dass in ihrem Leben nichts passiert, dachte Lise. Sie konnte sich nicht vorstellen, was Emily den ganzen Tag in dem großen Haus trieb. Da Lise einen großen Teil ihrer Kindheit allein verbracht hatte, wusste sie, wie langsam die Stunden verstreichen konnten und wie schmerzvoll es sein konnte, auf jemanden zu warten, der einen vor seinen eigenen unangenehmen Gedanken rettete. Dieser Jemand war ihre Mutter gewesen - war es immer noch -, was Emilys Kälte noch befremdlicher machte.
      «Ich frag mich, ob sie den anderen Typen gefunden haben», sagte Ken.
      «Du hast doch selbst gesagt, dass er auch nichts anderes gesehen haben kann.» Ihre Stimme klang gelangweilt, beinahe nuschelnd, um ihm zu zeigen, dass sie das Thema satt hatte.
      «Wie fandest du Ella beim Tubing? Ich hätte nicht gedacht, dass sie beim letzten Mal wieder raufkommt.»
      «Sie versucht, Sarah zu beeindrucken.»
      «Meinst du?»
      «Das ist noch gar nichts. Wart erst mal, bis sie richtig in einen Jungen verknallt ist. Ich weiß noch, bei dem einen war es so schlimm, dass ich nichts essen konnte.»
      «Und wer war das? »
      «Er hieß Josh Marcowitz. Er war Schwimmer, und ich kriegte drei Tage lang keinen Bissen runter. Schließlich hat sich meine Mutter hingesetzt und mich gezwungen, eine Schüssel Haferschleim zu essen.»
      «Und dann?»
      «Ich hab alles aufgegessen.»
      «Ich meine, mit dem Jungen.»
      «Nichts. Er hatte eine Freundin. Ich weiß noch, wie ich nach dem Matheunterricht auf ihn gewartet hab, damit ich neben ihm gehen konnte. Ich hab bestimmt drei Kilo abgenommen.»
      «Hat er überhaupt deinen Namen gekannt?»
      «Es war keine besonders große Schule.»
      «Und was ist aus ihm geworden?»
      «Wahrscheinlich ist er Anwalt oder so was. Bist du eifersüchtig?»
      «Natürlich», erwiderte er.
      «Gut», sagte sie, und er lachte darüber und schüttelte den Kopf wie ein Wahnsinniger.
      Die Fahrt war zu kurz, um so tun zu können, als würden sie wirklich wegfahren. Es reichte aus, gemeinsam ein wenig allein zu sein, ihr eigener kurzer Urlaub, und sie legte ihm während der Fahrt die Hand aufs Bein. Zwischen dem Schalten erwiderte er ihre Geste. Sie fuhren an dem verlassenen Laden der Red Brick Farm und dem belebten von Haff Acres vorbei (MITTELPUNKT DES UNIVERSUMS, stand auf dem Banner), wo sie auf dem

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