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Abschied von Chautauqua

Titel: Abschied von Chautauqua Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stewart O'Nan
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zertrümmert hab?»
      «Ja», erwiderte Emily, die ihr nicht folgen konnte.
      «Als ich mich davon erholt hab, war ich in der Reha.»
      «Ich weiß, da war doch dieser Physiotherapeut, den du so gut leiden konntest.»
      «Nicht diese Reha. Ich rede von der anderen Art Reha, für Alkoholiker. Niemand weiß davon. Ich will nicht ins Detail gehen, aber ich hatte das Gefühl - und Jeff auch -, dass ich ein Problem habe, also ging ich in diese Rehaklinik in Pontiac. Weißt du noch, wann ich am Knie operiert wurde?»
      «Ja», sagte Emily. Es musste am Scotch liegen, denn sie konnte mit diesen Neuigkeiten kaum Schritt halten oder daraus schlau werden. Margaret in einer Klinik? Ihr erster Gedanke war, wie Henry darauf reagieren würde.
      «Ich bin operiert worden, aber direkt danach bin ich auch in der Reha gewesen.»
      Emily hielt die Hand hoch, damit Margaret langsamer redete, damit sie aufhörte, sie zu bestürmen. Sie schüttelte den Kopf, um wieder einen klaren Gedanken fassen zu können.
      «Was hat das mit der Scheidung zu tun?»
      «Es hat etwas mit dem Vergleich zu tun.»
      «Aber das spielt doch gar keine Rolle.»
      «Genauso wenig wie die Tatsache, dass Jeff mich betrogen hat. Meine Anwältin sagt, das gleicht sich aus. Sie sagt, wenn ich ihr davon erzählt hätte, wäre es kein Problem gewesen, dann hätten wir noch gewinnen können.»
      «Was denn gewinnen? Was gewinnst du denn bei einer Scheidung?»
      «Anscheinend nichts, während er sich mit seiner kleinen Freundin davonmachen kann.»
      «Tut mir Leid.» Obwohl Emily es geahnt hatte, war ihr nie etwas von einer Freundin zu Ohren gekommen.
      «Weißt du, was er über sie gesagt hat? Er hat gesagt, mit ihr hat man viel Spaß. Ist das nicht toll? Er hat gesagt, ich würde ihn deprimieren. Er hat gesagt, wenn er mich ansieht, würde er sich müde fühlen. Und willst du wissen, was das Schlimmste war? Er hat gesagt, er wäre nur bei mir geblieben, weil ich ihm Leid getan hätte. Nicht wegen den Kindern. Er hat gesagt, er hätte sich darüber Sorgen gemacht, was aus mir wird, wenn er geht, als wäre ich geisteskrank.»
      Emily wollte fragen, ob Margaret mit ihrer Therapeutin darüber gesprochen habe, ob sie noch zur Therapie gehe. Sie wusste, dass die beiden nicht gut miteinander zurechtgekommen waren. Margaret schüttelte den Kopf und blickte zur Verandadecke hinauf.
      «Wir verlieren das Haus. Ich verdiene nicht genug, um die Hypothek abbezahlen zu können, also müssen wir wegziehen. Weißt du, was für ein Gefühl das ist? Es ist schlimm genug, dass sie ihren Vater verlieren - und sie lieben ihn, Stacey und diese ganze Scheiße ist ihnen egal, sie lieben ihn trotzdem. Also bin ich mal wieder der Bösewicht, weil ich kein Geld verdiene. Dieses Jahr verdiene ich dreiundzwanzigtausend Dollar. Das ist ein Witz. Davon kann man in Silver Hills nicht leben, das ist unmöglich, also müssen wir wegziehen. Ich weiß, dass Sarah mir das nie verzeihen wird.»
      «Doch.»
      «Nein, wird sie nicht. Und Justin sagt kaum was. Ich weiß, dass er seinen Vater vermisst, aber er behält es für sich, genau wie ich früher.»
      Nein, dachte Emily, du hast immer allen gesagt, wie du dich fühlst, und dann jegliche Kritik zum Schweigen gebracht. Doch Margaret war ihr gegenüber nur selten so gesprächig, deshalb wusste sie, dass es schlimm stand. Alkoholprobleme, und sie selbst angesäuselt vom Scotch.
      «Ich denke, durch den Vergleich kann ich die Hypothek noch zwei Jahre lang weiterbezahlen, aber dann ist Sarah erst sechzehn und geht noch zwei Jahre zur High School, da fällt es mir schwer, ihr das anzutun. Wahrscheinlich ist es besser, es jetzt zu tun, bevor sie anfängt.»
      «Brauchst du meine Hilfe?», fragte Emily. «Denn ich kann helfen.»
      «Darum geht es nicht. Ich wollte dir bloß erzählen, was vor sich geht. Ich wusste nicht genau, wie du es aufnehmen würdest.»
      Emily wusste, dass es hier - unausgesprochen, aber kaum verhüllt - um ihre jahrelangen Meinungsverschiedenheiten ging, bei denen sie sich gegenseitig vorgeworfen hatten, kaltherzig zu sein, zu stur, um nachzugeben und das wahre Wesen des anderen zu akzeptieren. Sie konnte noch einmal ihre Unschuld beteuern, aber das würde nur zu einer weiteren Auseinandersetzung führen. Im Grunde ihres Herzens musste Margaret doch wissen, dass all das nicht Emilys Schuld war; dass sie, wie jede Mutter, für sie stets das Beste gewollt hatte, doch,

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