Abschied von Chautauqua
gesehen, das nicht an seinem Platz war? Sie waren alles dreimal durchgegangen, bevor sie es aufschrieben, und während Ken die Aussage unterschrieb, hatten sie seinen Führerschein fotokopiert und das Bild vergrößert, damit das Staatssiegel zu erkennen war.
«Was ist nach deren Meinung passiert?»
«Das verraten sie ihm doch nicht», warf Meg ein.
«Ich vermute», sagte Ken und merkte, dass die Kinder aufgehört hatten zu kauen, um besser zuhören zu können, «dass entweder der Kassierer die Kasse geplündert hat und es wie einen Raubüberfall aussehen ließ oder dass jemand den Laden überfallen und den Kassierer echt in Schrecken versetzt hat.»
«Wir müssen uns morgen das Post-Journal besorgen», sagte seine Mutter. «So was bringen die doch, oder?»
«Es dürfte bei den Polizeiberichten stehen», sagte Arlene.
«Das gilt vielleicht für Jamestown», sagte Meg. «Hier geht's aber um Mayville.»
«Ich glaube kaum, dass sich der Mayville Sentinelnoch mit solchen Dingen befasst», widersprach seine Mutter. «Das ist jetzt eher ein Reiseführer.»
«Kann ich aufstehen?», fragte Justin und zeigte Meg seinen Teller - nicht leer, aber besser abgegessen als der von Sam.
Die Mädchen aßen langsam, außerdem hatte Sarah drei Maiskolben und balancierte den Teller auf ihren zusammengepressten Knien. Ihre Grübchen erinnerten Ken an Meg in jenem Alter. Wie Meg, wie schon seine Mutter war sie die Schönheit in der Familie, dieselbe gerade Nase und dasselbe scharf geschnittene Kinn wie seine Mutter, nur weicher, nicht so streng, und Ken musste das Gefühl unterdrücken, ihr Gesicht als Kunstwerk zu betrachten, das sich veränderte, während er an seinen Scheinwerfern rumfummelte.
Alle halfen, das Geschirr abzuräumen, stauten sich an der Fliegentür. Lise übernahm das Kommando am Spülbecken, und er half ihr, in der Hoffnung, sie beschwichtigen zu können. Meg und Arlene überließen ihnen das Geschirr und gingen zum Rauchen nach draußen. Sie wedelten die Mücken weg, beobachteten, wie das Licht über dem See schwächer wurde. Er trocknete die großen Sachen ab und suchte den Himmel nach irgendwelchen Anzeichen für Regen ab.
«Heißt es nicht, roter Himmel am Abend?»
«Das dachte ich auch», pflichtete Lise ihm bei. «Aber ich hab auch gedacht, die Kinder würden das Geschirr übernehmen, also ...»
«Morgen», versprach er.
«Ja, ja.» Es war ihr wirklich egal.
Als sie fertig waren, war es schon ziemlich dunkel, der Himmel violett, der Abendstern knapp über dem Horizont. Seine Mutter hatte auf der Veranda eine Zitronellakerze angezündet.
«Für alle, die Nachtisch haben möchten, gibt es Kuchen», verkündete sie, doch nur die Jungs wollten welchen.
«Vielleicht später», sagte Meg.
Die Erwachsenen tranken Kaffee. Die Kinder blieben im Haus, die Jungs im Wohnzimmer, die Mädchen oben. Auf der Veranda flackerte die Kerze, und unter dem Dach zuckten die Schatten. Fledermäuse flatterten zwischen den Bäumen hindurch, Glühwürmchen stiegen aus den Büschen auf. Ein Boot fuhr mit eingeschalteten Fahrtlichtern vorbei. Danach hörten sie, wie das Wasser über die Steine spülte.
«Deshalb komme ich her», sagte seine Mutter, und niemand widersprach. Sie stellte ihre Tasse ab. «Ich glaube, jetzt ist der richtige Zeitpunkt. Ich möchte mit euch allen über das Haus sprechen.» Sie hielt theatralisch inne, und er spürte, wie Lise neben ihm ganz starr wurde. «Natürlich seid ihr nicht verpflichtet, etwas zu nehmen, und um ehrlich zu sein, das meiste ist alter Plunder. Ich bin ziemlich rührselig, aber es hat keinen Sinn, etwas zu nehmen, wenn man es nicht benutzt. Ihr sollt nicht denken, dass es weggeworfen wird, wenn ihr es nicht nehmt. Für nächste Woche habe ich die Leute von der Wohlfahrt herbestellt, damit alles, was wir nicht haben wollen, letztlich ein Heim findet.
Also, ein paar von den Sachen gehören mir, zum Beispiel der Klapptisch, und die will ich natürlich behalten - ihr bekommt sie später -, doch das meiste könnt ihr haben. Einiges würden bestimmt mehrere von euch gern nehmen. Deshalb wäre es wohl am besten, wenn jeder von euch eine Liste der Sachen aufstellt, die er am liebsten hätte, in der Reihenfolge der Bedeutung, die sie für euch haben.»
Während sie sprach, dachte Ken an die Golfschläger seines Vaters (obwohl sie für ihn zu klein waren) und an die verbogene 7UP-Flasche auf dem
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