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Abschied von der Küchenpsychologie

Abschied von der Küchenpsychologie

Titel: Abschied von der Küchenpsychologie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Peter Nolting
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vorgestellten Grundaspekte eignen sich hierfür als «Suchbereiche», und die nachfolgende Tafel enthält einige diagnostische Fragen, die sich auf zahlreiche Beispiele übertragen lassen. Der wichtigste Punkt sei noch einmal in Erinnerung gebracht: Die aktuellen Prozesse – das Verhalten und die inneren Prozesse «dahinter» – werden von Aspekten der Person
und
des Kontextes bestimmt.

    Man beginnt am besten mit
beobachtbaren
Aspekten und nicht mit solchen, bei denen sich nur Vermutungen anstellen lassen. Beobachtbar sind das Verhalten und einige Kontextfaktoren:
    Konkretes Verhalten von X:
Wie sieht das zu erklärende Verhalten genau aus? Was tut Person X? Was sagt sie? Das sollte man möglichst konkret beschreiben; z.B. «Max macht gezielt Sachen kaputt» statt «Max verhält sich aggressiv».
Kontext I:
Situationsfaktoren.
Bei welchen Anlässen oder Gelegenheiten, bei welchen Anforderungen, in welchen Umgebungen, zu welchen Zeitpunkten etc. tritt das Verhalten auf? Und: Wann und wo tritt es
nicht
auf? (Dies eröffnet manchmal Perspektiven für eine Änderung.)
Kontext  II :
Interpersonale
Bezüge. Gegenüber welchen Personen tritt das kritische Verhalten auf und gegenüber welchen nicht? Zusammen mit wem tritt es auf (z.B. in einer Clique)? Die sprachlichen und nichtsprachlichen Interaktionen der Beteiligten lassen sich direkt beobachten, während die Kommunikationsprozesse in den Köpfen, also z.B. Missverständnisse, für Außenstehende allenfalls zu erschließen sind (= innere Prozesse). Hilfreich ist es fast immer, wenn man auch über die interpersonalen Beziehungen, z.B. Hierarchien oder Freundschaften, etwas weiß.
    Überwiegend auf Vermutungen bzw. subjektive Einschätzungen angewiesen ist man gewöhnlich bei folgenden Suchbereichen:
    Personfaktoren:
Die Einschätzung von Eigenschaften, Kompetenzen, Vorlieben etc. ergibt sich meist aufgrund wiederholter Beobachtungen. Gut ist es, wenn diese aus unterschiedlichen Kontexten stammen und nicht immer aus demselben (z.B. dem Arbeitsplatz). Aussagen über das Persontypische bleiben dennoch häufig unsicher.
Das gilt auch für die
Entwicklungsfaktoren
: Je nach Einzelfall ist es sehr unterschiedlich, wie viel man hierüber wissen kann – und wie viel man überhaupt wissen muss.
Innere Prozesse:
Die Wahrnehmungen, Gedanken, Gefühle und Motivationen sind die unmittelbare «Kraft» hinter dem Verhalten und insofern eigentlich die interessanteste Erklärungsebene. Als Außenstehender kann man aber oft nur erahnen, was sich in einem Menschen abspielt, und zwar indem man aus der Art des Verhaltens, der Kontextfaktoren und der Person-Einschätzung seine Schlüsse zieht. Mehr weiß man natürlich, wenn es um das eigene Innenleben hinter dem eigenen Verhalten geht. Aber auch hier hat die Selbsterkenntnis ihre Grenzen.
    Abgesehen von der Empfehlung, bei der Diagnose mit dem Verhalten und beobachtbaren Kontextaspekten zu beginnen, gibt es keine feste Reihenfolge in der Analyse. Natürlich spielt auch eine Rolle, in welchen Bereichen man leicht erkunden kann und in welchen die Antworten offen bleiben müssen. In jedem Fall wird man aber mit einer halbwegs systematischen Analyse eher Ansatzpunkte für Veränderungen finden als ohne sie.
    Beispiel: Konzentrationsschwierigkeiten
    Konzentrationsschwierigkeiten sind ein Allerweltssymptom, das mit vielen «eigentlichen» Problemen zu tun haben kann: mit äußeren Ablenkungen ebenso wie mit psychischen Störungen, mit Übererregung ebenso wie mit Langeweile. Ob man nun selber das Problem hat oder z.B. ein Schulkind – es ist wichtig, die Faktoren einzugrenzen.
    Schauen wir zunächst auf das V
erhalten
. Zeigen sich die Konzentrationsprobleme beispielsweise in körperlicher Unruhe? In sprunghaftem Aktivitätswechsel? In vorschnellen Reaktionen? In Tagträumerei? In vielen Flüchtigkeitsfehlern? Im «Vergessen» von Erledigungen? Oder worin?
    Situativer Kontext:
Tritt das Problem nur bei bestimmten Anforderungen auf oder durchgängig, z.B. bei Hobbys ebenso wie bei der Arbeit, bei Schulfach A ebenso wie bei Schulfach B? Tritt es gleich zu Beginn auf oder erst nach einer Weile? Sind äußere Ablenkungen ein typischer Faktor; wenn ja, welche? Spielt auch der
interpersonale
Kontext eine Rolle? Ist die Konzentration z.B. in der Schulklasse gestört und ebenso bei der selbständigen Erledigung der Hausaufgaben? Bei Hausaufgaben mit der Mutter ebenso wie mit dem Vater? Gibt es Personen, die das Problem gar nicht beobachten?

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