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Abschied von der Küchenpsychologie

Abschied von der Küchenpsychologie

Titel: Abschied von der Küchenpsychologie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Peter Nolting
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Verhalten wahr usw. Auch die Gedanken, Gefühle und Motivationen sind irgendwie auf die andere Person bezogen (s. Tafel).

    Das interpersonale Geschehen wird gewöhnlich unter den Stichworten Interaktion und Kommunikation behandelt. Sie gehören eng zusammen, haben aber doch unterschiedliche Akzente. Die
Interaktion
, genauer: die soziale Interaktion, meint das
Verhalten zueinander
: Eine ältere Person besteigt den Bus, eine andere Person steht auf und überlasst ihr den Sitzplatz, worauf die ältere Person freundlich nickt. Oder: Während der Lehrer zur Tafel blickt, schneidet ein Schüler Grimassen, worauf ein Mitschüler lacht, worauf der Lehrer in ihre Richtung schaut, worauf der Schüler wieder «ernst» nach vorne blickt usw.
    All dies ist sichtbares Verhalten, wie man es mit der Kamera aufnehmen könnte. Auch ohne Ton erkennt man: Die Verhaltensweisen von A und von B hängen miteinander zusammen, und zuweilen folgen sie dabei bestimmten Regeln, z.B. welchen räumlichen Abstand man einhält oder wie lange ein Blickkontakt zwischen fremden Personen dauert (Fahrstuhlsituation!).
    Nicht selten verlaufen Interaktionen
kreisförmig
. Bei einer gewalttätigen Eskalation wäre dies ein Teufelskreis, bei wechselseitigen Hilfeleistungen ein «Engelskreis». In einem Kreisprozess ist jedes Verhalten von A und von B zugleich eine Aktion und eine Reaktion. Im Falle von Konflikten passiert es aber leicht, dass A sein eigenes Verhalten nur als Reaktion auf unangemessenes Verhalten von B empfindet und B genau umgekehrt – divergierende Sichtweisen, die eine Konfliktlösung behindern.
    Der Begriff der
Kommunikation
meint die Übermittlung von
Nachrichten
oder Botschaften innerhalb des Interaktionsprozesses. Zur Kommunikation gehört daher nicht nur das Verhalten zueinander, sondern vor allem das Mitteilen und Verstehen. Wenn A den Mittelfinger reckt und B daraufhin die Zunge rausstreckt, so ist dies eine Verhaltens-Interaktion, aber einen «Sinn» ergibt die Abfolge nur, wenn man versteht, was die beiden Gesten
bedeuten
.
    Als Kommunizierende sind Menschen also Sender und Empfänger von Botschaften. Dazu setzt eine Person etwas Inneres, nämlich die gemeinte Botschaft, in äußere Zeichen um, und die empfangende Person entschlüsselt diese Zeichen und macht daraus wieder etwas Inneres: die verstandene Botschaft.
    Gemeinte Botschaft → äußere Zeichen → verstandene Botschaft
    Die Zeichen, mit denen man kommuniziert, sind die mündliche und schriftliche Sprache, Bilder, nonverbales Ausdrucksverhalten wie Mimik, Körperhaltung und Gestik, im Prinzip aber auch jedes andere sichtbare Handeln, z.B. den Raum verlassen, etwas schenken.
    Beim Kommunizieren sind alle psychischen Prozesse beteiligt, also Wahrnehmungen, Gedanken, Emotionen, Motivationen und sichtbares Verhalten, das ja die Zeichen bildet. Aber anders als in Alleinsituationen sind die Prozesse in diesem Fall auf eine andere Person bezogen.
    Ein Kommunikationsvorgang gilt als «gelungen», wenn das Verstandene mit dem Gemeinten übereinstimmt; andernfalls liegt eine Kommunikationsstörung, ein Missverständnis vor. Wenn A sagt: «Bring mir mein Buch demnächst zurück», denkt A vielleicht an zwei Wochen, B hingegen an zwei Monate. Oder: A macht B in helfender Absicht auf einen Fehler aufmerksam, B empfindet dies aber als persönliche Kritik. Auf jeden Fall gilt: Nach der
empfangenen
Botschaft richten sich unsere Gefühle und unser Verhalten – egal, wie sie «wirklich» gemeint war. Leider sind Missverständnisse kein seltenes Phänomen; Kommunikation ist ein sehr störungsanfälliges Geschehen. (Zu möglichen Störfaktoren und Abhilfen siehe Kapitel  10.1 , S.  225 ff.)
    Während Interaktion und Kommunikation ein aktuelles Geschehen sind, meint der Begriff der
Beziehung
, genauer: der sozialen Beziehung, eine mehr oder minder dauerhafte Art des Zueinanders. Beziehungen haben eine Vorgeschichte, zumindest eine kurze. Im Übrigen unterscheiden sich Beziehungen nach Kriterien wie eng oder oberflächlich, persönlich oder formal (z.B. am Arbeitsplatz) und Qualitäten wie «freundschaftlich», «vertrauensvoll», «feindselig» etc. Die Art der Beziehung schlägt sich in der konkreten Interaktion und Kommunikation nieder. Ein Verhalten, das gegenüber einem Freund «passt», passt vielleicht nicht gegenüber dem Chef.
    Zur Beziehung gehört auch, dass jeder Einzelne eine
Einstellung
zum anderen entwickelt. Das bedeutet: Man hat ein «Bild» vom anderen, eine

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