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Abschied von Eden

Titel: Abschied von Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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trug Handschuhe, aber keinen Schleier. Seine Haare waren pechschwarz.
    Decker wischte sich die Augen. Sein Nacken brannte von den Bienenstichen. Trotz der Hitze trug er ein Jackett. Hollander ebenfalls. Gott sei Dank für die langen Ärmel. Er bemerkte die dicken Quaddeln an Hollanders Nacken und Händen. »Alles okay, Mike?«
    »Yeah.« Hollander zuckte vor Schmerz zusammen. »Ich werd’s überleben. Haben sie dich schlimm erwischt?«
    »Im Nacken.«
    »Wer war denn unser Retter? Pappy Darcy persönlich?«
    »Vermutlich.« Decker beobachtete, wie der alte Mann die Bienen wieder in die Stöcke lenkte. Im Gegensatz zu Byron Howard ging ihm die Arbeit rasch und scheinbar mühelos von der Hand. Er kommandierte die alte Dame herum, so wie er sie gerade brauchte. Die Frau hatte sich erneut verwandelt. Statt eines besessenen Geistes spielte sie jetzt perfekt die Rolle der braven Ehefrau, die die Befehle ihres Mannes mit sklavischem Gehorsam befolgte.
    Der alte Mann dirigierte die Bienen auf holzgerahmte Drahtgeflechte, die voller Waben waren. Sobald die Insekten an ihrem Futter klebten, schob er die Rahmen einen nach dem anderen in die Holzkisten. Eine halbe Stunde lang arbeitete er ohne Unterbrechung. In eine Holzkiste gingen sechs Rahmen. Es waren genug Bienen da, um vier Stöcke wieder zu füllen.
    Als er schließlich fertig war, wischte er sich die Hosenbeine ab, sah kurz zu Decker und starrte dann auf die Erde. In den Augen des alten Mannes hatte Kapitulation gelegen, ein Blick, der besagte, daß ihm nichts mehr etwas anhaben konnte. Er legte einen Arm um Granny Darcys Schultern und führte sie zum Haus. Dann, fast als ob es ihm erst nachträglich eingefallen wäre, winkte er Decker und Hollander, ihm zu folgen.

29
    Niemand sagte ein Wort, bevor sie im Haus waren. Drinnen roch es penetrant nach Ammoniak und Seifenlauge. Die Böden waren gewischt und gebohnert worden, das gelb-rot-geblümte Sofa und die dazu passenden Gardinen waren gereinigt. Katie und Earl saßen auf einem runden handgewebten Teppich auf dem Boden und spielten mit Bauklötzen. Earl baute gerade einen hohen Turm, an dem Katie offenbar viel Spaß hatte. Eine offene Müslischachtel lag auf der Seite, der Inhalt war verschüttet. Ameisen hatten eine Straße gebildet und krabbelten über die braunen zuckrigen Kügelchen. Katie blickte auf, als sie ihre Großeltern hereinkommen sah, und lächelte sogar Decker an. Doch Earl wurde ganz starr. Erst als Pappy D seinem Sohn versicherte, daß der Polizist ihn nicht mitnehmen wollte, entspannte er sich und wandte seine Aufmerksamkeit wieder den Bauklötzen zu.
    »Umsmeißen?« fragte Katie.
    »Nein, Katie, noch nicht«, antwortete Earl in ernstem Ton. Vorsichtig legte er ein weiteres Klötzchen auf den Turm. »Jetzt kannst du ihn umschmeißen.«
    »Umsmeißen?«
    »Ja.« Earl wandte sich kichernd an Hollander. »Sie schmeißt sie gerne um.«
    Der alte Mann sagte zu der alten Frau: »Geh mit den beiden Kleinen ins Nebenzimmer, Granny.«
    »Ich will hierbleiben, Pappy«, sagte Earl.
    Der alte Mann zerzauste dem kleinen Mann die Haare. »Du kannst in ein, zwei Minuten wiederkommen, mein Sohn.«
    Earl rührte sich nicht.
    »Nun geh schon. Laß es mich nicht zweimal sagen, Earl.«
    Granny Darcy führte die beiden »Kinder« hinaus. Pappy Darcy bedeutete Decker und Hollander, auf dem Sofa Platz zu nehmen. Er selbst blieb stehen und starrte aus dem Fenster. Eine Weile herrschte Schweigen. Schließlich sagte er: »Sie ist nicht ganz richtig im Kopf. Ich möchte mich entschuldigen … für das, was draußen passiert ist.«
    »Seit wann verhält sie sich so?« fragte Decker. »Seit Lukes Tod?«
    »Schon vorher. Es fing an, als Earl geboren wurde, und wurde schlimmer, nachdem Luke geheiratet hatte. Seit Luke tot ist …«
    Pappy Darcy wandte sich ihnen zu. Sein Gesicht wirkte müde, seine Augen waren leuchtend blau, aber von Traurigkeit überschattet. Seine Wangen waren eingefallen und schlaff. Über seinem Adamsapfel hing eine Art Kehllappen wie bei einem Truthahn. Er ließ sie einen Augenblick allein und kam dann mit zwei Servietten voller Eis wieder. Hollander legte sich eine auf die Hand, Decker die andere auf seinen Nacken.
    »Diese Geschichte mit dem Babymachen«, sagte Pappy. »Als sie erfuhr, daß … daß Lindas Leib mit dem Samen von anderen Männern gefüllt wurde, drehte sie völlig durch. Sie glaubte aus tiefstem Herzen, daß das, was Linda tat, böse war. Sie glaubte, Linda wär’ der Teufel.«
    »Aber Luke

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