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Abschied Von Freistatt

Titel: Abschied Von Freistatt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Asprin
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leise. »Was zur Hölle ist los mit dir?«
    Träume, nichts weiter.
    »Ich bringe sie um!« knirschte Crit.
    Strat faßte Crit heftig am Ärmel. Daß er zuallererst an die Gefahr dachte, in die Crit sich dadurch begeben würde, zeigte vielleicht, wie weit es gekommen war. Er selbst zählte nicht, es war ihm egal; aber Crit, dachte er, Crit hatte nichts damit zu tun. Crit, der so viele Coups und Anschläge und Schlachten überlebt hatte, würde nicht die geringste Chance gegen sie haben. »Crit«, sagte Strat. »Ich gehe zum Palast, verdammt. Ich werde dort sein; hörst du, ich werde dort sein!«
    Crit schwieg. Das machte ihm angst und erregte seine Aufmerksamkeit, wie verdammt wenig anderes es könnte.
    »Ich gehe hin«, versicherte ihm Strat. »Ich werde den verdammten Dienst übernehmen. Crit, es ist zu Ende, hörst du? Ich bin fertig mit ihr, ich kehre nicht zu ihr zurück, ich verspreche es dir!«
    Crit sagte immer noch nichts.
    Das machte Strat noch mehr angst, als irgendwelche Drohungen Crits es vermocht hätten.
    Nacht, mehr als Nacht, in diesen Tagen schleppender Geschäfte und für die Jahreszeit unüblichen Wetters, wenn selbst die Schenken, ja sogar in Freistatt, ihre letzten Gäste verabschiedeten und die Besoffenen hinauswarf - und die Schankburschen und -maiden sich auf den Heimweg machten, manche zu zweit, manche nicht.
    Ein Frau schrie in einer engen Gasse nahe dem Wilden Einhorn. Es war ein erschrockener Aufschrei, der abrupt verstummte, dem jedoch ein kurzer Schmerzensschrei folgte. Die Schankmaid des Einhorns wußte, wohin sie mit Fuß und Ellbogen zielen mußte. Aber der Mann war kräftig und benebelt von Krrf. Jemand fiel, dann folgte ein Schlittern - ein leichter Körper prallte gegen eine Steinwand und sackte im Schmutz davor zusammen.
    Dem Frauenschänder gefiel das so gut, daß er die Frau am Haar packte und mit dem Fuß trat - das brauchte er in letzter Zeit, zusätzlich zum Krrf, um in Stimmung zu kommen.
    Aber in dem Augenblick zwischen dem Tritt und dem Aufprall vernahm der Unhold Schritte auf dem staubigen
    Kopfsteinpflaster, leichte, fast schleichende Schritte hinter sich.
    Er hörte sein bisheriges Opfer zur Seite durch den Abfall kriechen, um ihm zu entkommen, aber diese vermummte, unbeschreiblich elegante Frau interessierte ihn mehr.
    Interessierte ihn so sehr, daß er wahrhaftig nicht mit dem plötzlichen Krachen eines Ziegelsteins auf seinem Hinterkopf gerechnet hatte.
    Ischade blickte über die Leiche hinweg auf die blutige, keuchende Schankmaid - während noch ein finsteres Verlangen sie erfüllte, das nun, durch die ungebetene Hilfe, keine Erfüllung mehr finden würde.
    »Danke«, sagte Ischade ironisch. Sie schlang den Umhang der Sinnlichkeit wegen fester um sich und erzitterte unter der Erregung. »Wohnst du in dieser Gasse? Nein? Ich würde mir an deiner Stelle eine Kammer auf der Einhornstraße suchen. Es ist nicht gut, zu dieser Stunde allein nach Haus zu gehen.«
    »Wer seid Ihr?« fragte die Schankmaid. Es fiel ihr schwer zu glauben, daß eine Dame in Samt und Seide ihren nächtlichen Heimweg kannte. Vielleicht erschreckte es sie. Vielleicht befürchtete sie, der Ratte entgangen, dafür aber geradewegs in den sich ringelnden Leib der Kobra gelaufen zu sein.
    Aber: »Geh heim«, riet ihr Ischade. »Verweil nicht hier. Was bedeutet schon ein Toter mehr - in Freistatt?«
    Die Schankmaid holte tief Atem und blickte Ischade noch einen Moment lang an, als könnte der Fluch auch sie treffen.
    Der Fluch war nie wählerisch. Das war nur Ischades persönlicher Geschmack - und sie empfand lediglich Enttäuschung und wachsenden Ärger allein schon darüber, daß es die junge Frau überhaupt gab, und über ihren Mut - in einer Welt, wo Hilfe rar war und sich niemand um etwas scherte. Vielleicht sah sie Ischade als das, was sie war. Aber das taten wenige. Wenige, die von ihr hörten, verstanden. Die Leute hielten Ausschau nach Vampiren.
    »Geh!« flüsterte Ischade, und die Schankmaid drehte sich um und rannte hinkend zum Gassenende.
    Ischade folgte ihr - hoffnungsvoll -, denn es mochte zu einem neuerlichen Überfall durch menschliche Raubtiere kommen, weil verwundete Beute immer den Räuber lockte. Sie sah, wie die junge Frau sich eine baufällige Stiege hochschleppte, wie sie die Tür schloß, und schließlich fiel gedämpftes Licht durch die Spalten in einem Fensterladen. Der jungen Frau mußte es also gelungen sein, eine Lampe anzuzünden.
    Sie erinnerte sich solcher Bedürfnisse.

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