Abschlussfahrt
lange und schmerzhafte Dusche. Ich schaue mich um. Bingo. Da hat jemand sein Duschgel liegen lassen, genau das, was ich jetzt am nötigsten brauche. Ich drehe eine der Duschen an, schlüpfe aus meinen Klamotten und stelle mich drunter. Oh ja, das tut gut. Ich lasse das Wasser erst mal eine ganze Weile einfach nur so auf mich herabprasseln und genieße die Erfrischung. Mein Kopf dankt es mir, das Hämmern wird allmählich schwächer. Dann folgt der unangenehme Teil. Ich missbrauche mein T-Shirt als Waschlappen und schrubbe, was das Zeug hält. Zuerst mein Gesicht und die Zähne, danach widme ich mich der empfindlichsten Zone. Das Ganze wiederhole ich sieben- oder achtmal, bis es sich so anfühlt, als hätte ich an den Problemzonen überhaupt keine Haut mehr. Keine Ahnung, wie lang ich unter der Dusche gestanden habe, bis ich das Wasser abdrehe und mich in Ermangelung eines Handtuchs klatschnass und gespannt meinem Spiegelbild stelle. Gott sei Dank, meine Zähne sind wieder weiß! Der Rest sieht auch okay aus, stark gerötet, aber nicht mehr edding-rot. Kein Penis mehr zu sehen, sehr gut. Und sein armer, geschundener, dreidimensionaler Blutsverwandter? Von dem werde ich wohl erst mal ein paar Tage die Finger lassen, bis er sich erholt hat.
Ich drücke den Knopf des Heißluft-Handabtrockners neben dem Waschbecken, knie mich darunter und trockne meine Haare, die sich zum Glück wieder weich und flauschig anfühlen. Möchte echt zu gerne wissen, was die mir da reingemacht haben. Aber das werden sie mir mit Sicherheit noch genau erzählen. Natürlich nur, wenn ich sie nicht vorher umgebracht habe.
Zurück im Zimmer taste ich mich im Dunkeln bis zu meinem Bett, klettere so leise wie möglich nach oben und lege mich wieder hin. Der Rest schläft immer noch tief und fest, keiner hat meinen kleinen Ausflug bemerkt. Perfekt. Die werden Augen machen, wenn sie nachher aufwachen und mich völlig sauber und unbeschadet vorfinden. Das wird ein Spaß, auf die dummen Gesichter freue ich mich jetzt schon. Mal sehen, vielleicht bringe ich sie dann ja doch nicht um. Außer Marlon, der ist definitiv dran. Aber jetzt versuche ich erst noch mal eine Runde zu pennen, die Rückfahrt wird anstrengend genug. Aber ohne Alkohol! Das schwöre ich! Nie mehr! Das ist mein absoluter Ernst! Die Risiken und vor allem die farblichen Nebenwirkungen sind mir einfach zu gefährlich.
Keine Ahnung, wie spät es ist, als ich wieder aufwache. Irgendjemand knipst das Licht an. Ich höre Yvonne fiepen. Okay, die Mädels spielen ein letztes Mal Weckdienst. Ich bin sofort hellwach, bleibe aber regungslos mit komplett über den Kopf gezogener Decke liegen. Um mich herum quietschen und knarren die Etagenbetten, die Jungs stehen nach und nach auf.
»Pssssst!«, höre ich Marlon leise zischen. »Nicht so laut! Kommt her!«
Ich höre, wie sich langsam alle um mein Bett herum versammeln. Jemand greift raschelnd nach dem rechten oberen Zipfel meiner Bettdecke.
»Warte!«, zischt Marlon wieder. »Die Kamera!«
»Wofür denn die Kamera?«, piepst Yvonne.
»Wirst du gleich sehen«, kichert Lars direkt neben meinem Kopf. Aha. Das ist also derjenige mit der Hand an der Bettdecke.
»So, jetzt«, zischt Marlon wieder. »Auf drei. Eins … zwei … drei!«
Die Bettdecke fliegt weg, ich hebe langsam verschlafen meinen Kopf, es blitzt.
»Was’n hier los?«, murmele ich. »Habt ihr nichts Besseres zu tun, als armen Geburtstagskindern den Schlaf zu rauben?«
»Hallo, Geburtstagskind«, flötet Nele und wirft mir einen Kuss zu.
Neben ihr steht Yvonne. »Guten Morgen, Jonas.«
»Und was war da jetzt so spannend dran?«, fragt Henny die Jungs, die mich anstarren, als wäre ich gerade von den Toten auferstanden.
Genau auf diese dummen Gesichter hatte ich gehofft, sehr geil.
»Ja … aber …«, stammelt Lars, »wir … das hab ich doch nicht geträumt, oder? Wir haben ihn doch …«
»Ja, haben wir«, sagt Diego fassungslos. »Ganz sicher.«
»Was habt ihr?«, frage ich unschuldig.
»Du weißt ganz genau, was«, erwidert Marlon und zwinkert den Jungs zu. »Er war irgendwann heute Nacht duschen.«
»Duschen? Ich? Mitten in der Nacht?«, sage ich, muss aber im selben Moment lachen. »Ihr miesen Schweine. Wer solche Freunde hat, braucht keine Feinde.«
»Wer einschläft, hat verloren«, sagt Marlon. »Tu nicht so, als hättest du das nicht gewusst. Außerdem solltest du uns dankbar sein. Wenn wir nicht wären, wärst du auf dem Boden aufgewacht.«
»Genau«,
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