Abseitsfalle. Kadir Bülbüls zweiter Fall
konnte.
»Aha,
sechs zu eins zur Halbzeit ging also auch an Ihnen nicht spurlos vorbei.«
»Warum
müssen die Bütter unsere Jungs denn so abziehen? Wir wissen doch alle, dass sie
die bessere Mannschaft sind! Kann man da nicht ein bisschen Mitleid haben und
ein wenig schummeln, um den anderen auch mal gewinnen zu lassen?«
»Sie
verkennen den Ernst der Lage, Fräulein Seda!« Schmalfuß drehte sich um und
schüttelte den Kopf. »Das wäre ja gerade so, als ob man beim Kartenspielen
schummeln würde, nur weil der Mitspieler ein jämmerlich trauriges Gesicht macht!«
»Naja.«
Seda zuckte die Achseln. »Meine ich doch.«
»Was
meinen Sie? Sie wollen andeuten, Sie hätten mich gestern beim Bauernskat…?«
»Kadir,
Ihr nerviges Handy klingelt schon wieder!«, lenkte Seda hastig ab.
»Mist!«
Kadir sah auf das Display und runzelte die Stirn. »Der Stadionsprecher sollte
durchsagen, dass alle auf dem Platz mal kurz stehenbleiben sollen, und wir für
einen Moment vollkommene Ruhe brauchen. Big Boss höchstpersönlich.«
»Der
erwischt auch immer den passenden Augenblick, ich…«
Erstaunt
sahen Seda und Schmalfuß zu, wie Kadir aufsprang und sein Telefon mit beiden
Händen ans Ohr drückte. Sie konnten nicht hören, was er sagte, aber sie sahen,
dass Kadir, der Ollis Anrufe üblicherweise mit Clownerien und Augenrollen
begleitete, vollkommen aus dem Konzept gebracht war und irgendeine Antwort stammelte.
Kadir steckte sein Handy mit zitternden Fingern in die Hemdtasche und ließ sich
auf den Sitz fallen. Seine Lippen waren so weiß, als wäre er zwei Stunden im
Meer geschwommen.
Schmalfuß
sah sich um. Rocco Erdmann saß immer noch, Arme entnervt gekreuzt, die Beine
lang ausgestreckt, auf der Reservebank, und Schaf Willem mähte einen
Ordnungshüter an, der ihn von der Seitenlinie vertreiben wollte. Kadirs Schützlingen
ging es gut.
Seda
legte Kadir eine Hand auf den Arm.
»Um
Himmels Willen, Kadir, sagen Sie uns was passiert ist!«
»Ich muss sofort los. Ich hab
nicht genau verstanden, was Olli gesagt hat, er ist völlig durcheinander. Aber
eines ist sicher: Hakan Hunsfos ist tot. Und wie es aussieht ist er ermordet
worden.«
Als
Kadir in den Flur einbog, sah er als erstes die Hilfspolizisten Levent Kirik
und Taylan Dogulu, die breitbeinig, die Hände an den Schlagstöcken, neben Hakan
Hunsfos‘ Zimmertür standen und den Anschein machten, als warteten sie nur auf
die passende Gelegenheit sich irgendjemanden vorzuknöpfen. Kadir kannte das
Spiel, dass die beiden so taten, als würden sie ihn nicht kennen um ihn am
Betreten des Tatorts zu hindern, zu Genüge. Er seufzte und verlangsamte seinen
Schritt, doch als Kirik und Dogulu ihn erkannten, kamen sie polternd auf ihn
zugerannt, nahmen ihn in ihre Mitte und schoben ihn hastig Richtung Zimmer. Verwirrt
sah Kadir von einem zum anderen, aber ihre Mienen ließen keine Rückschlüsse zu,
weshalb sie ihn heute so hätschelten. Die Anweisungen des komiser Dalga
waren dieses Mal wohl anderslautend und ziemlich eindeutig gewesen, anders
konnte Kadir es sich nicht erklären.
Kadir
betrat das Zimmer und sah Olli Reinecke, der mit hängenden Schultern auf einem
Stuhl kauerte und den Kopf bei seinem Eintreten nicht hob. Kommissar Refik
Dalga stand am Fußende des Bettes und empfing Kadir mit einem Gesichtsausdruck,
den Kadir noch nie an ihm gesehen hatte. Obgleich seine Uniform wie immer
tadellos stramm saß, wirkte Dalga, als ob er darin versinken würde oder
vielmehr, dachte Kadir, als ob er sich darin verstecken wollte. Stumm winkte er
Kadir zu sich heran.
Auf
dem Bett lag eine Gestalt auf dem Bauch, Arme und Beine von sich gestreckt, die
Füße über dem Bettrand. Kadir ließ seine Blicke über die Gestalt gleiten, erst
einmal, dann zweimal, dann wieder, solange unfähig innezuhalten bis sein
Verstand ihm versichert hatte, dass dort tatsächlich ein Mensch lag. Unsicher blinzelte
Kadir zur Deckenlampe, als sei sie es, die ihm dies Trugbild vorgaukelte. Dann
sah er genauer hin, doch es dauerte noch eine Weile, bis er Hakan Hunsfos
erkannte.
»Was…
was ist das?«, stammelte Kadir und streckte eine Hand aus, als wollte er Hakan
berühren. Dalga trat rasch auf ihn zu und hielt ihn zurück.
»Lassen
Sie, Bülbül, wir warten bis Selim Sever von der Spurensicherung da ist. Vorher
fassen wir besser so wenig wie möglich an. Der da…« Dalga deutete mit dem Kinn
auf Olli Reinecke, der wie in Trance nichts zu hören schien. »Der da ist beim
Anblick der Leiche
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