Abseitsfalle. Kadir Bülbüls zweiter Fall
mächtig!
»Foul!«,
schrie Schmalfuß und sprang auf. »Heilige Schifferscheiße, das sieht doch ein
Blinder, was der Kerl gemacht hat! Sperr deine Klüsen auf, Schiri! Nur gelb?
Nur gelb! Ich glaub, ich breche!«
Seda
starrte Schmalfuß an. Nicht zu fassen, dachte sie, nicht zu fassen. So kenne ich
mein feinsinniges Schmalfüßchen gar nicht!
»Oh,
da kommt Kadir endlich!«
Nazmi
deutete auf seinen Sohn, der sich zwischen den Leuten zu ihnen durchboxte. Seda
erkannte schon von weitem an seiner angespannten Miene, dass etwas nicht in
Ordnung war.
»Ich
muss gleich wieder weg«, schnaufte er statt einer Begrüßung und ließ sich neben
Seda auf den Sitz, den sie ihm mit großer Mühe freigehalten hatte, plumpsen.
»Hallo, baba , geht es dir gut?«, erinnerte er sich gleich darauf seiner
Manieren. Nazmi Bübül nickte und begrüßte seinen Sohn kurz, bevor er sich
wieder dem Spiel zuwandte.
»Danke,
mir geht’s auch gut!«, antwortete Seda süffisant.
»Was
ist mit meiner Mutter?«
Kadir
deutete auf Latife, die sich immer noch die Ohren zuhielt, neben ihr Schmalfuß,
der eine Faust in die Luft reckte und schüttelte.
»Ist
ihr zu laut!«, schrie Seda, denn das erste Tor für den Dereköy Spor Kulübü war
gefallen und das Stadion bebte.
»Fußball
hat sie in einem empfindlichen Stadium ihres Lebens etwas traumatisiert. Ihr
Sohn hinkte seinerzeit schwer hinter ihren Erwartungen zurück«, schrie Kadir.
»Nicht zu fassen! Tor für uns nach nur zehn Minuten! Ich glaub’s nicht!«
Seda
lächelte.
»Was
gibt’s da zu feixen?«
»Sie
haben „uns“ gesagt. Tor für uns, für Dereköy. Das hätten Sie vor einem Jahr
noch nicht getan«, brüllte sie in Kadirs Ohr.
»Keine
Zeit für Sentimentalitäten, Seda!« Kadir wandte sich errötend ab. Sie hatte
Recht. Vor einem Jahr hätte er das nicht gesagt.
Es
wurde wieder leiser auf den Tribünen.
»Sehen
Sie da unten Rocco Erdmann?«
»Nein,
das ist so ein buntes Durcheinander auf dem Platz, ich…«
»Doch
nicht auf dem Platz! Da gegenüber auf der Reservebank!«
»Ach
ja, jetzt wo Sie es sagen! Der spielt ja gar nicht!«
Kadir
starrte Seda an.
»Wie?
Sie haben nicht gemerkt, dass Bütte ohne seine beiden Stürmer spielt?«
»Rocco
Erdmann ist ein Stürmer? Woher soll ich wissen, wo und wann so ein Stürmer
spielt?«
»Ich
denke, Sie schauen Frauenfußball!«
»Ich
hab nur angegeben. Und ich wollte Ihr Machogetue abschmettern. Aber wieso
spielt die Mannschaft denn nun ganz ohne Stürmer, wenn sie schon mal zwei
dabeihaben? Wer ist denn der zweite Stürmer? Cem Yildiz kann’s nicht sein, den
habe ich schon erkannt.«
»Aha?«
Kadir zog die Augenbrauchen hoch. » Den haben Sie also erkannt,
interessant.«
Herbert
Schmalfuß, der sich erschöpft mit seinem bestickten Taschentuch den Nacken
wischte, spürte eine Bewegung hinter sich und wandte sich um. Seda zupfte an
seinem Hemdkragen und deutete auf Kadir.
»Er
will mir nicht sagen, wer der zweite Stürmer ist, der heute nicht spielt.«
»Aber,
liebes Fräulein Seda! Hakan Hunsfos ist nicht dabei. Ehrlich gesagt verstehe
ich die Strategie von Poppo auch nicht, es scheint mir alles nicht recht
durchdacht. Oder man hat den Gegner unterschätzt. Wieso sitzt Rocco auf der
Bank? Will der Trainer seine Stürmer schonen?«
Kadir
schüttelte den Kopf.
»Mehrfaches
nein. Nein, es ist keine neue Strategie, die beiden nicht antreten zu lassen,
nein, man unterschätzt den Gegner nicht, und nein, Poppo will Hakan und Rocco
nicht schonen. Hakan ist heute Morgen in der Dusche ausgerutscht und hat sich
den Fuß verstaucht. Erst sah es nicht so schlimm aus, Poppo glaubte, dass es
mit ein bisschen Eis und Hochlegen getan wäre, aber der Fuß ist im Laufe des
Morgens auf doppelte Größe angeschwollen. Freundschaftsspiel und Training kann
der sich erst mal abschminken.«
»So
ein Pech!«, rief Schmalfuß.
»Ja,
so ein Pech. Und dann komme ich hier an und erfahre von Poppo, dass die Sachen
von Rocco verschwunden sind. Alles: Trikot, Wechseltrikot, Hose, Unterhose, und
vor allem die drei Paar Schuhe, die extra für ihn angefertigt sind.«
»Ist
nicht Ihr Ernst!« Seda und Schmalfuß blickten sich an.
»Doch,
leider. Und das Zeug ist ausgerechnet hier, auf meinem Territorium,
weggekommen. Ein Überfall auf den Ausrüstungstransporter wäre mir lieber
gewesen. Aber nein, der Dieb hat sich, weiß der Himmel wie, in die
Umkleidekabine geschlichen und sich Roccos Sachen geschnappt.«
»Nur
Roccos
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