Abseitsfalle. Kadir Bülbüls zweiter Fall
fest
in seinen starren Fäusten.
»So eine Schla…«, murmelte
Grambrod fast tonlos und starrte auf sein Spiegelei, als hätte er in seinem
Leben noch nie so etwas Trauriges gesehen.
»So
eine Schlange!«
Poppo
schlug mit der Faust auf den Tisch, dass die vor ihm aufgebauten Mikrofone
vibrierten.
»Du
machst den Fehler, dass du dem Boten die Schuld gibst. Es war immerhin Hakan,
der diese Sachen zum Besten gegeben hat. Die Reporterin hat sie nur in ihrem
Artikel wiedergegeben.«
Piet
van de Boldt rieb sich die Augen und seufzte. Vor noch nicht allzu langer Zeit,
dachte er, habe ich eine schlaflose Nacht noch weggesteckt wie nix. Das ist
vorbei, endgültig.
»Meine
Mama hat mir eingebleut nicht schlecht von den Toten zu sprechen, deshalb muss
der Bote dran glauben. Elendes Klatschweib!«
»Es
ist trotzdem Hakan, der der Nestbeschmutzer ist. Diese dumme Journalistin ist
nur das Sprachrohr. Sieht aus, als hätte sie Material für mehr als zwanzig
Schlagzeilen. Zumindest deutet sie es an.«
Piet
drehte sich um und betrachtete mit ratloser Miene die Wand mit den
Sponsorenlogos, als könnte die ihm verraten, warum Hakan Hunsfos solche
Abscheulichkeiten über seine Mannschaft verbreitet hatte. Was hatte er nur
bezweckt? Was wollte er erreichen?
»Du
hast ihn immer in Schutz genommen, ich hab noch deine Worte im Ohr! Wie gut
sich der Wikinger doch mit allen versteht, wie prächtig er sich einfügt! Poppo,
du wirst ihn dir schon zurechtbiegen! Eine Viper, das ist er, wir haben eine
Viper an unserer Brust genährt. Und jetzt hat sie uns ihre Fangzähne ins
Fleisch geschlagen!«
Poppo
hielt es nicht länger auf seinem Platz. Unruhig wanderte er durch die
Stuhlreihen, stellte sich vor, wie sich das in einen Presseraum umfunktionierte
Konferenzzimmer mit Menschen füllte, mit neugierigen Reportern aller wichtigen
nationalen und internationalen Sender und Zeitungen. Stapeln würden sie sich,
alle Blicke nach vorne gerichtet, auf ihn und Piet, auf den eigens
eingeflogenen Pressesprecher des Vereins und die zwei anderen Offiziellen, die
als stabilisierende Staffage gedacht waren. Wie eine Phalanx wollten sie
wirken, unerschütterlich, stabil, eine verschworene Einheit, eine Familie, die
es nicht nötig hatte, auf die Anwürfe des – leider nicht mehr unter ihnen
weilenden – Norwegers einzugehen.
Kein
Kommentar.
Nein,
kein Kommentar.
Darüber
liegen uns keine Informationen vor.
Immer
noch kein Kommentar, tut uns leid.
Als
wäre die Pressekonferenz einen Tag nach dem Mord an Izwill Hundsfott nicht
schon Herausforderung genug, dachte Poppo, aber nun muss noch so eine
verleumderische Tusse daherkommen und Öl ins Feuer gießen!
»Und
wir können nichts gegen diese Dame und weitere Veröffentlichungen tun?«
»Nein,
leider.« Piet schüttelte den Kopf. »Sie zitiert nur, was sie aufgenommen hat.
Sie selbst verleumdet uns mit keinem Wort, und in der Passage, in der sie
andeutet, dass der Täter aus unseren Reihen kommen könnte, tut sie es so
ausweichend, dass ihr nichts vorzuwerfen ist. Reinster investigativer
Journalismus. Sie bleibt völlig im Rahmen ihrer beruflichen Integrität, sie
geht nur den Fragen nach, die Hakan aufgeworfen hat. Ich finde auch, dass es
ein verleumderischer Verriss ist, aber Frau Ratzki hält sich geschickt hinter
Hakans breitem Rücken verborgen.«
»Hat
unser Pressefuzzi die saubere Lady schon erreicht?«
Piet
schüttelte erneut den Kopf.
»Nein,
sie ist auf Tauchstation gegangen, und ihre Redaktion behauptet, dass sie den
nächsten Artikel noch nicht gemailt hat. Hör um Himmels Willen auf, so auf und
ab zu tigern, du machst mich noch nervöser, als ich schon bin.«
Poppo
blieb am anderen Ende des Raumes ruckartig stehen und drehte sich langsam um.
» Das macht dich nervös? Ist das dein Ernst? Ich sage dir, was mich nervös
macht! Es ist noch keine 24 Stunden her, dass man Izwill Hundsfott tot auf
seinem Bett gefunden hat, angemalt wie einen mutierten Marienkäfer. Dann
verlangt man von jedem von uns Auskunft, wo wir wann bis mittags gewesen sind,
und auch wenn dies nur – wir kennen den Spruch - Routine war und sehr diskret
vonstattenging, Piet, so muss ich doch sagen, dass ich mich fühlte, als ob man
mich im nächsten Moment aufs Schafott schleifen wollte. Als nächstes lese ich
noch vor meinem ersten Kaffee heute Morgen, dass Izwills Stimme aus dem Grabe,
oder vielmehr aus so einem Kühlkastendings in der Gerichtsmedizin erschallt,
eine hohnlachende Stimme, die uns diffamiert
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