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Abseitsfalle. Kadir Bülbüls zweiter Fall

Abseitsfalle. Kadir Bülbüls zweiter Fall

Titel: Abseitsfalle. Kadir Bülbüls zweiter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louise Fu , Asmin Deniz
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er mit
den Gedanken ganz woanders war, plötzlich auf seinem nachmittäglichen
Strandspaziergang über den Weg gelaufen. Schmalfuß schmunzelte immer noch bei
der Erinnerung an den gelockten Rotschopf, der plötzlich gegen seine Brust rammte
und erschrocken hochfuhr. Beide waren mit gesenkten Köpfen am Meer entlang
spaziert, Herbert Schmalfuß in seiner üblichen Denkerpose, und Gesa auf der
Suche nach Muscheln und bizarr geformten Glasscherben, die das Meer blank poliert
hatte. Zu seinem Erstaunen hatte Frau Wohlschlegel über den frontalen
Zusammenstoß herzlich gelacht, und Schmalfuß erkannte die Gunst der Stunde und
lud sie zu einer „gemeinschaftlichen Promenade frontseits der Brandungslinie“
ein.
    »Die
menschliche Natur«, griff Gesa den Faden auf, »ist nicht mein Metier und liegt
auch nicht in meinem Interesse. Ich halte es mit den Dingen, die die
pflanzliche und mineralische Welt bieten.«
    Sie
bückte sich und zog ein schwarzes Etwas aus einem Stück zerfetztem Fischernetz.
Prüfend befingerte sie es, hob es gegen das Licht und schmiss es schließlich
ins Wasser zurück.
    »Am
liebsten bin ich abends oder frühmorgens alleine in meiner Gärtnerei. Wenn noch
kein Mensch da ist, weder Kunden noch Angestellte.«
    »Faszinierend.
Sie sind Eigentümerin eines solch wundervollen Hauses?«
    »Ja,
es ist ein elend großer Betrieb, und manchmal wünschte ich, ich hätte nur einen
winzigen Blumenladen in einem idyllischen fachwerkbestandenen Ort. Aber dann
fällt mir wieder ein, wie sehr ich mich in einem solchen Ort langweilen würde
und freue mich wieder an meiner Gärtnerei.«
    »Und
Sie sind ganz alleine mit der Führung dieser Unternehmung betraut?«, fragte
Schmalfuß in aller Unschuld, doch er merkte sofort, dass er einen Fehler
gemacht hatte, denn Gesa beugte sich hektisch nach vorne und zog ihre
Kniestrümpfe hoch.
    »Meine
Beine sind noch tadellos, das heißt aber nicht, dass ich sie öffentlich zur
Schau stelle«, fuhr sie in verändertem Tonfall fort und schritt kräftig aus.
Die Muscheln und Scherben in den aufgenähten Zebrataschen ihres Safarianzugs
klirrten empört.
    »Oh,
Frau Wohlschlegel, ein ungeheures Missverständnis, ich bitte Sie!« Schmalfuß
eilte hinter Gesa her und fuhr beschwörend fort: »Keinesfalls wollte ich
andeuten… keinesfalls war es meine Absicht, Ihnen zu nahe zu treten und nach
dem Verbleib beziehungsweise Vorhandensein eines Herrn Gemahls… entschuldigen
Sie das tollpatschige Auftreten eines Junggesellen, der zu wenig mit weiblichen
Konversationsformen in Berührung gekommen ist!«
    Dass
er auch etliche Jahre in Hamburg bei der Sitte gearbeitet und dort wesentliche
Grundbegriffe weiblicher Konversationskunst gelernt hatte, verschwieg Schmalfuß
und machte sich eine Gedankennotiz, diesen Hintergrund auch in Zukunft
unerwähnt zu lassen.
    Gesa
Wohlschlegel, nach dieser Rede offensichtlich von der Lauterkeit der
Schmalfußschen Absichten überzeugt und gnädig gewillt zu glauben, dass der
Ex-Kommissar ihr weder heimlich auf die Beine noch auf ihren heimischen Besitz
geschielt hatte, nickte bedächtig. Mit einer Geste bedeutete sie Schmalfuß,
sich ihr wieder zur Seite zu gesellen, und die beiden setzten ihren Spaziergang
einmütig fort.
    »Die
Gärtnerei ist ein Erbe meines Vaters. Mein Ex-Mann hat bei unserer Scheidung
versucht, mir ein großes Stück vom Kuchen wegzunehmen, aber nicht mit mir, oh
nein! Seit dem Tage bin ich… nun ja, etwas empfindlich, wenn die Sprache auf
Ehemänner, seien sie auch nur vermutet, kommt.«
    »Verständlich,
ganz und gar natürlich. Gierige Ex-Ehemänner, schlimme Sache, furchtbare Kreaturen«,
murmelte Schmalfuß und lotste Gesa weiter von der Brandung weg, da Algen und
Tang ihren Weg zu behindern begannen.
    »Ab
hier geht das Geschmodder los, mir fehlt es an Hintergrundwissen, welche
Strömung hierfür verantwortlich zeichnet. Das zieht sich bis vorne an die
Klippen. Wollen wir umkehren?«
    »Ach
nein, lassen Sie uns einfach noch ein Stück vom Wasser weggehen. Im Sand ist es
zwar beschwerlicher zu laufen, und ich finde weniger Treibgut, aber meine
Taschen sind ohnehin schon voll.«
    Gesa
klopfte auf ihre prallen Zebrataschen. Zufrieden hatte Schmalfuß registriert,
dass sie hinsichtlich seiner Person das vertrauliche Du nicht benutzte.
Feinfühlig, dachte Schmalfuß, sehr feinfühlig.
    »Ich
möchte noch durch so viele Länder ziehen und Steine und Muscheln sammeln! Nun,
solange ich so eingebunden bin, müssen diese Träume warten.

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