Abseitsfalle. Kadir Bülbüls zweiter Fall
grummelte er.
»Warum
hast du das nicht gleich gesagt? Du siehst ja aus wie ne Leiche… nein, so war
es nicht gemeint. Marcel, ruf mal den Doc und dann…«
Die
Tür zum Umkleideraum wurde schwungvoll aufgerissen und donnerte gegen die Wand.
Drei uniformierte Polizisten standen reglos im Eingang, und Addi Haxler entfuhr
ein entsetztes Wimmern. Jetzt schon? So schnell?
Poppo
erkannte in dem untersetzten Schnauzbartträger mit dem finsteren Blick den
Kommissar, der Hakans Fall untersuchte, und er erstarrte. Erleichtert
registrierte er in der nächsten Sekunde, dass sich noch ein vierter Mann hinter
der Gruppe befand, der sich nun energisch an dem Kommissar vorbeidrängelte und
auf Poppo zuschritt.
»Hey,
guten Tag! Wen schleppen Sie uns denn da an? Ist der Kommissar auf einmal ein
Fan von uns?«, versuchte Poppo die ernste Miene von Kadir Bülbül aufzuhellen.
Es gelang ihm nicht.
Noch
ehe Kadir etwas sagen konnte, bellte der Kommissar einige Worte oder Befehle
auf Türkisch, und die beiden ihn flankierenden Polizisten setzten sich in
Bewegung.
»Es
tut mir leid«, flüsterte Kadir Poppo zu und trat zu Patrick, der ihm mit
offenem Mund verwirrt entgegensah.
»Patrick
Schleinitz, bitte begleiten Sie uns aufs Revier. Sie stehen unter dem
dringenden Tatverdacht Eva Ratzki ermordet zu haben.«
Die
beiden Polizisten fassten Patrick am Arm, der sich wie eine willenlose
Gliederpuppe hochziehen ließ. Die ToTos, die bisher reglos zugesehen hatten,
stemmten sich von der Wand und wollten eingreifen, doch Poppo hob die Hand und schüttelte
den Kopf.
»Was
soll das? Sind Sie verrückt geworden? Wer ist tot? Diese Reporterin? Was hat
Patrick damit zu tun?«
Kadir
drehte sich um und sah in Poppos zornrotes Gesicht.
»Man
hat ihn gesehen. Mit der Ratzki. Gestern Nachmittag an der Strandpromenade. Er
war weder zu übersehen noch zu überhören, denn er hat sie angeschrien und
schließlich auch geschlagen.«
Patrick
erwachte zu Leben und rief über die Schulter zurück:
»Nur
eine Ohrfeige, eine ganz kleine! Ich schlage keine Frauen, niemals! Ich war
betrunken, hoffnungslos betrunken, t‘schuldigung, Trainer!«
»Wieso?«,
stammelte Poppo und verschluckte sich. »Seit wann ist diese Frau tot?«
»Sie
ist irgendwann im Laufe des gestrigen Nachmittags ermordet worden. Man hat sie
ins Meer geworfen und am späten Abend wurde ihre Leiche angespült. Der Mörder
scheint keine Kenntnis von den Strömungsverhältnissen hier an der Küste zu
haben… hätte er sie auf der Höhe von Kumkapi ins Wasser geschmissen, wäre sie
aufs offene Meer getrieben und vielleicht erst Monate später irgendwo bei Side
aufgetaucht. Wenn überhaupt.«
Kadir
rieb sich die Stirn. Wieso hatte er immer das Gefühl sich vor Poppo
rechtfertigen zu müssen? Was hatte der Mann an sich, dass man immer sein
Wohlwollen wünschte und um sein Verständnis rang?
»Wieso
kam davon heute Morgen nichts in den Nachrichten?«
»Wir
haben mit der Identifizierung etwas länger gebraucht.«
»Und
wieso muss einer meiner Jungs etwas damit zu tun haben, nur weil er mit ihr
gestritten hat? Wir waren alle sauer auf diese Dame, und wäre ich ihr begegnet,
wäre es nicht nur bei einem kleinen Klaps auf die Wange geblieben! Das heißt
doch nicht, dass Patrick sie ermordet hat! Vielleicht ist sie einfach nur leichtfertig
aufs Meer hinaus geschwommen und hat es nicht mehr zurückgeschafft? «
»Sie
ist nicht ertrunken. Sie wurde erstickt und ist dann ins Wasser geschmissen
worden. Außerdem waren drei Rippen und das Nasenbein gebrochen… da war jemand
mächtig wütend. Und außerdem vielleicht auch noch betrunken?«
Poppo
wollte etwas erwidern, ließ es dann aber bleiben. Stattdessen sah er sich in
der Kabine um. Alle sahen ihn und Kadir an, als sei ein Scheinwerfer auf sie
gerichtet. Jetzt gab es nur ein Stichwort.
»Wir
fahren ins Hotel zurück. Das Spiel ist aus.«
Hier
würde keine Schaf-Willem-Geschichte reichen. Besonders bei mir nicht, dachte
Poppo und ließ sich schwer neben Addi Haxler fallen. Zum ersten Mal in seinem
Leben fühlte er sich wie ein alter, erschöpfter Mann, der keine Kraft mehr
hatte, den Müllbeutel eine Treppe hinunter aus der Wohnung zu bringen.
Wir
sind verhext, dachte Addi und spürte, wie ihm erneut der Schweiß ausbrach. Wir
sind alle miteinander verhext.
Kapitel 11
- Übel gefoult -
»Ist
das nicht ulkig?« Saskia Haverkorn saß am Beckenrand des Swimmingpools und
plantschte mit den Füßen im Wasser. »Zu Hause in Pfungstadt
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